Nach Aus für Gautinger Projekt: Was wird jetzt aus der Windkraft im Kreis Starnberg?
Das an einem Veto der Deutschen Flugsicherung gescheiterte Windkraftprojekt in Gauting schreckt den halben Landkreis auf. Bürgermeister und Anlagenbauer sorgen sich nun noch mehr um ihre eigenen Vorhaben.
Seefelds Bürgermeister Klaus Kögel hat die Windkraft-Entwicklungen in Gauting aufmerksam verfolgt, schließlich plant seine Gemeinde interkommunal im Grenzgebiet mit Starnberg und Andechs einen Windpark mit eventuell sieben Anlagen. Das Projekt steht noch ganz am Anfang, trotzdem sagt Kögel: „Das ist eine maximal ärgerliche Situation für Gauting und maximal alarmierend für uns.“ Wie berichtet, sind die Gautinger Pläne für acht Windräder bei Buchendorf und Königswiesen an einer negativen Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung (DFS) gescheitert. Der Ingenieur Robert Sing hatte sich wegen des wirtschaftlichen Risikos zurückgezogen, einen sechsstelligen Betrag habe er ohnehin schon in die Planung gesteckt, sagte er. In seiner ersten Reaktion darauf erklärte der Seefelder Kögel: „Wir müssen schauen, dass der Herr Beermann jetzt nicht auch noch die Lust verliert.“
Peter Beermann ist Co-Geschäftsführer einer Energiesysteme-Firma aus München. Sie arbeitet nicht nur mit Seefeld, Andechs und Starnberg zusammen, sondern plant auch drei Windräder im Bereich Etterschlag für die Gemeinde Wörthsee. Ursprünglich waren es mal fünf – bis die Deutsche Flugsicherung, wie in Gauting, überraschend dazwischengrätschte. Schon 2022 habe seine Firma ein Gutachten der DFS bezüglich der Verträglichkeit der Windenergieanlagen mit dem Flughafen Oberpfaffenhofen erstellen lassen, erklärt Beermann dem Merkur. „Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die fünf Windenergieanlagen den Betrieb des Flugplatzes nicht stören und somit aus Sicht der DFS genehmigungsfähig sind.“
Erst positive Stellungnahme von Flugsicherung, dann negative
Wegen der positiven Stellungnahme seien das Projekt weiterverfolgt und kostenintensive Gutachten zu Artenschutz, Naturschutz, Schall, Schatten und mehr beauftragt worden. „Umso überraschter waren wir, als wir im Genehmigungsverfahren 2024 eine ablehnende Stellungnahme für zwei der fünf Windenergieanlagen erhalten haben“, sagt Beermann. Das Genehmigungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Immerhin kann der Windkraft-Fachmann den Seefelder Bürgermeister etwas beruhigen: Die luftfahrttechnischen Aspekte würden beim interkommunalen Projekt mit Starnberg und Andechs im Vorfeld geprüft. „Bisher deutet hier nichts auf einen Konflikt hin.“ Bisher, wohlgemerkt.
Laut Beermann hätte schon 2012, also vor zwölf Jahren, mehr Klarheit herrschen können. Damals legte der Landkreis Konzentrationsflächen für Windkraft fest, und auch damals sei die zivile Luftfahrt schon am Verfahren beteiligt worden, so Beermann. „Es wäre wünschenswert, wenn die beteiligten Stellen bereits bei der Ausweisung von Konzentrationszonen negative Stellungnahmen abgeben würden, damit erst gar nicht Flächen für Windenergieanlagen ausgewiesen werden, die faktisch nicht bebaubar sind.“
Windkraft: Spannung in Gilching wegen Prüfantrag
Eine gewisse Spannung dürfte auch in Gilching, Alling, Schöngeising und Fürstenfeldbruck bei dem Thema herrschen. Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck planen drei Windräder in Kooperation mit den drei Gemeinden auf Gilchinger Flur. Die Sichtflugstrecken, die den Ausbau in Gauting und (teilweise) Wörthsee verhindern, „betreffen uns erst mal nicht“, schreibt Stadtwerke-Sprecherin Monika Lidmila auf Anfrage. „Diese verlaufen weit ab von Gilching.“ „Nach derzeitigem Wissensstand“ sei mit „keinen Problemen durch Oberpfaffenhofen“ zu rechnen. Allerdings lassen die Stadtwerke mögliche Luftfahrt-Hindernisse derzeit in einem Vorbescheidsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz prüfen. Lidmila: „Der Prüfantrag wurde von uns bereits im Juni gestellt, wir erwarten in Kürze eine Antwort dazu.“
Der Starnberger Merkur wartet unterdessen noch auf eine Antwort der Deutschen Flugsicherung zu den möglichen Standorten im Landkreis – und zu Bereichen, die das Unternehmen, das im Auftrag des Bundes arbeitet, definitiv für die Windkraft ausschließt.
Landrat Freys Forderung und Hilfe von Behörden
Landrat Stefan Frey fordert bei der Windkraft vom Freistaat eine „echte, zentrale, politisch-ministerielle Hilfe vor Ort“. So formulierte er es in einem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder (wir berichteten). Fragen, die bei jedem Vorhabensträger immer wieder auftauchen, müssten koordiniert werden – „damit nicht jeder einzelne von Pontius zu Pilatus rennt und sein eigenes Glück versuchen muss“, so Frey im Gespräch mit dem Merkur. „Es geht darum, politischen Druck auf bestimmte Behörden aufzubauen, dass sie sich bewegen. Von offizieller Stelle zu offizieller Stelle.“ Der für die Ausweisung von Windkraft-Vorranggebieten zuständige Regionale Planungsverband München habe so eine Stelle seinen Informationen nach nicht vorgesehen, sagt Frey. Einen „Windkümmerer“ gibt es beim Bayerischen Wirtschaftsministerium schon, jener Peter Beermann, der unter anderem Windräder für Wörthsee, Starnberg, Seefeld und Andechs plant (siehe Haupttext).
Gefragt danach, ob die Forderungen des Landrats in sein Aufgabengebiet fallen, verweist Beermann an die Pressestelle des Ministeriums. Dort ist man sich bewusst, dass die Belange der zivilen und militärischen Luftfahrt häufig Konflikte mit geplanten Windenergieprojekten erzeugen. Das Ministerium habe sich „dieser Thematik bereits seit Längerem intensiv angenommen. Wir unterstützen Projektierer zum Beispiel mit der aktualisierten Gebietskulisse Wind im Energie-Atlas Bayern, in der auch Höhenbeschränkungen aufgrund der militärischen Luftfahrt einsehbar sind“, schreibt Sprecherin Dr. Aneta Ufert. Zudem gebe es „Koordinatoren Windenergie und Militär“ an den Bezirksregierungen, „die Planer und Kommunen beraten“. Jene stellten auch weitere vertrauliche Karten zu militärischen Beschränkungen zur Verfügung.
Was die zivile Luftfahrt angeht, gelte es, sich ans Luftamt Südbayern zu wenden. Auch diese würden Projektierer und Kommunen beim Vorgehen zum Prüfen der luftverkehrsrechtlichen Aspekte unterstützen. Dann verweist Ufert noch auf die „Themenplattform Windenergie“, auf der sich alle Verwaltungsvorschriften und sonstigen Hinweise zur Planung, Genehmigung und Errichtung von Windenergieanlagen und auch die aktuellen luftverkehrsrechtlichen Hinweise finden würden.