Mangs Kanzler-Runde
Der Verein Heimatgeschichte Inning hat dem fünfmaligen Motorradweltmeister Toni Mang eine Überraschung bereitet: Zum 75. Geburtstag hat er dem Inninger Ehrenbürger eine Sonderedition der Geschichtsblätter gewidmet.
Inning - Es gibt nur drei Straßen, die in Inning nicht nach Fischen, Planeten oder Flurnamen benannt sind. Der Toni-Mang-Ring gehört dazu, und der Name Toni Mang gehört als einziger einem Inninger. Aus Anlass seines 75. Geburtstages, den Mang an diesem Sonntag feiert, hat der Verein Heimatgeschichte Inning dem fünfmaligen Motorradweltmeister als Überraschung eine Sonderausgabe seiner Geschichtsblätter gewidmet, auch wenn Mang schon lange im Nachbarlandkreis Fürstenfeldbruck wohnt. Vorsitzende Jutta Göbber und ihr Stellvertreter Franz Meier haben sich mit Mangs Freunden von früher unterhalten und Geschichten gesammelt, die bislang noch nicht geschrieben wurden – aus der Kindheit und den Anfängen mit dem Motorsport.
Eine Geschichte allerdings findet sich darin nicht, die erzählte Mang am Donnerstagabend den begeisterten Besuchern der Präsentation höchstselbst: als er 1989 mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl als Sozius eine Runde auf dem Hockenheimring drehte. Mang nannte es lachend einen „Elefantentransport“.
Toni Mang ist 1,65 Meter groß, Kohl maß knapp zwei Meter und hatte locker das Doppelte an Körpergewicht im Vergleich zu Mang. Zur Motorrad-WM war Mang damals – schon nicht mehr aktiv – gebeten worden, vor dem Rennen eine Runde mit der Startflagge zu drehen. „Dann drückten mir zwei Journalisten das Mikrofon in die Hand.“ Sie hatten abgemacht, dass er den Kanzler fragen sollte, mit ihm eine Runde zu drehen. „Ich habe schon vorher eine Woche nicht geschlafen“, erzählte Mang.
Immer wieder habe er sich ausgemalt, wie er den Kanzler überhaupt mitfahren lassen könnte, ohne dass das Motorrad hochgeht. Eine BMW K1, die ihm dafür zur Verfügung gestellt wurde, machte es nicht besser. „Das ist kein Motorrad, das ist ein Schiff.“ Für den „Elefantentransport“ war dies zwar von Vorteil, aber Mang kam gerade so mit den Zehenspitzen zum Boden und brauchte zwei Helfer, die ihm beim Starten und Anhalten festhielten.
Vor 100 000 Zuschauern habe er all seinen Mut zusammengenommen und den Kanzler schließlich gefragt. Die Menge grölte, Kohl konnte nicht nein sagen. Mang wollte gleich am Tor nach der Startgerade rechts raus. Es war geschlossen. Auch die kurze Runde war versperrt. Also musste er den kompletten Kurs fahren, 6,8 Kilometer damals, teilweise durch einen Wald. Das Waldstück war für Zuschauer nicht einsehbar und auch für den Sicherheitsdienst des Kanzlers nicht, „der schier ausgerastet ist“. Mang selbst schwitzte Blut und Wasser, fuhr nicht schneller als 70 km/h. „Wäre ich schneller gefahren, wäre die Maschine hochgegangen.“ Im Ziel steuerte der Weltmeister direkt auf die beiden Helfer zu und wurde von aufgeregten Sicherheitsleuten kaum durchgelassen, sodass er am Ende samt Kanzler fast doch noch gestürzt wäre. Es ging gerade noch gut.

Mangs Ehefrau Renate kennt die Geschichte in- und auswendig. „Ich höre sie immer wieder gerne“, sagte sie dem Starnberger Merkur. Sie begleitete ihren Mann am Donnerstag genauso wie sein „Kollege“ Jörg Werner (64), früher Instrukteur bei den Fahrertrainings, die Mang nach seinem Karriereende gegeben hatte. Heute drehen die beiden noch immer gerne ihre Runden. „Aber nur auf der Rennstrecke“, so Mang – das nächste Mal in zwei Wochen auf dem Misano World Circuit Marco Simoncelli in Italien
Zusammen mit Sepp Schlögl aus Inning hatte der gelernte Werkzeugmacher Mang als Jugendlicher schon viel geschraubt. Beide arbeiteten beim damaligen 250-ccm-Weltmeister Dieter Braun als Rennmechaniker. Seinen ersten Rennsieg feierte Mang auf einem Motorrad, das er zusammen mit Schlögl und Alfons Zender gebaut hatte. Es folgten fünf Weltmeistertitel in der 250-ccm- und der heute nicht mehr existierenden 350-ccm-Klasse. Toni Mang war der letzte Fahrer, der in dieser Klasse Weltmeister wurde. 1981 wurde er Deutschlands Sportler des Jahres, erhielt das silberne Lorbeerblatt, die höchste Sportauszeichnung in Deutschland. Nach einem schweren Sturz bei einem Rennen in Rijeka beendete er seine Karriere 1988 im Alter von 39 Jahren.
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Beim Gewinn der ersten Doppel-Weltmeisterschaft 1981 stand Inning Kopf. Die Zeltfeste seiner WM-Feiern sind den Inningern noch gut in Erinnerung. Mang wurde zum Ehrenbürger ernannt. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war er so bekannt, dass er kein ruhiges Plätzchen mehr in der Ammerseegemeinde fand. Mang zog in die Gemeinde Türkenfeld, wo er bis heute lebt.
„Mehrheitlich bist du noch Inninger“, sagte Jutta Göbber angesichts der Jahre, die er in Inning gewohnt hat. Sie hat auch insofern recht, als Mang bis heute täglich in Inning ist – bei seinem Freund Sepp Metz im Gewerbepark oder im Bierstüberl in Stegen, wo er sich mit anderen Freunden aus alten Zeiten trifft, die nun alle zur Buchpräsentation gekommen waren. Der Schützensaal im Silberfasan war voll. Darunter auch die Zündapp-Freunde Ammersee um Tom Metz, deren Ehrenmitglied Mang ist.
Das Büchlein „Das mach ich auch, Erinnerungen zum 75. Geburtstag von Toni Mang“ fand großen Absatz. Wer auch ein Exemplar möchte, kann dies für mindestens fünf Euro Spenden im Gemeindearchiv, im Café Huttner oder bei „Nenei“ erwerben.