Bauernverband ist alarmiert: Rinderbestand im Landkreis erreicht Tiefstand

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Die Zahl der Milchkühe (hier in Hergolding) nimmt im Landkreis Ebersberg ab. © Stefan Rossmann

Seit Jahren schrumpft im Landkreis Ebersberg die Zahl der Rinder. Nun hat der Bestand einen neuen Tiefstand erreicht. Die Gründe dafür sind vielseitig, weiß Karolina Sigl, Glonner Ortsbäuerin.

Landkreis – Ob in Ställen oder auf der Weide: Deutschlandweit gibt es immer weniger Rinder. Bereits seit einigen Jahren nimmt die Zahl von Milchkühen, Masttieren, Zuchtbullen und Kälbern kontinuierlich ab. Laut der Regionaldatenbank Genesis hat der Bestand nun einen neuen Tiefstand erreicht: 10,836 Millionen Tiere meldeten Landwirte vom Alpenrand bis an die Ostseeküste im vergangenen Jahr. Das sind rund 161 000 Rinder weniger als noch 2022. Auch im Landkreis Ebersberg sind die Zahlen rückläufig.

„Es ist besorgniserregend“: Glonner Ortsbäuerin sorgt sich um Zukunft der Landwirtschaft

Alarmierend, findet die Entwicklung der Ebersberger Kreisverband des Bayerischen Bauernverbands. „Es ist besorgniserregend“, sagt Karoline Sigl. Als Glonner Ortsbäuerin bekommt sie den Wandel in der Landwirtschaft hautnah zu spüren. „Allein in unserer Gemeinde haben in den letzten Jahren vier oder fünf Landwirte mit der Tierhaltung aufgehört“, beklagt sie.

Das spiegelt sich in den Zahlen wider: Im Landkreis Ebersberg werden aktuell 35 353 Rinder gehalten. Das sind 570 Tiere weniger als noch vor einem Jahr. Darunter befinden sind rund 14 800 Milchkühe. Sie machen mit fast 42 Prozent den größten Sektor aus.

Landwirte finden keinen Hofnachfolger - Nachwuchs schlägt andere Berufswege ein

Das war mal anders: Im Jahr 2009 lebten im Ebersberger Land noch über 41 000 Rinder in Ställen und auf Weiden. Bundesweit lag die Zahl bei fast 13 Millionen. Knapp zehn Jahre später, im Jahr 2018, vermerkt die Regionaldatenbank Genesis im Landkreis noch einen Bestand von 38 265 Rindern, davon 16 272 Milchkühe. 2020 meldeten die Landwirte 36 744 Rinder (15 410 Milchkühe), zum Stichtag 2022 waren es nur noch 35 923 Rinder, davon 15 057 Milchkühe – ein Rückgang von fast 14 Prozent.

Karolina Sigl, Glonner Ortsbäuerin, steht der Entwicklung kritisch gegenüber.
Karolina Sigl, Glonner Ortsbäuerin, steht der Entwicklung kritisch gegenüber. © Jürgen Rossmann

Gründe für die sinkende Zahl an Rindern gibt es genügend, erklärt Karolina Sigl. „Der Hauptgrund ist wohl aber, dass viele Landwirte keinen Hofnachfolger haben“, weiß die Glonner Ortsbäuerin. Für junge Menschen sei die Arbeit mit Tieren heute nicht mehr so attraktiv wie früher. „Man steht unter viel größerem Druck und man muss natürlich jeden Tag in den Stall – auch am Wochenende“, sagt Sigl. Dass der Nachwuchs lieber andere Berufswege einschlägt, könne sie verstehen.

Ortsbäuerin bemängelt fehlende Akzeptanz für klassische Anbindehaltung

Hinzu komme, dass in der Gesellschaft das Verständnis für die herkömmliche Landwirtschaft abnehme. Gerade im Landkreis Ebersberg setzen viele kleine Betriebe noch auf Anbindehaltung in ihren Ställen. „Die Akzeptanz für die Art der Haltung ist quasi nicht vorhanden“, bemängelt Sigl. „Für viele ist die Viehwirtschaft aus Kostengründen aber anders nicht machbar.“ Die Folge: Landwirte müssten sich für ihre Tierhaltung rechtfertigen. „Das wollen viele nicht mehr und hören lieber auf“, sagt Sigl.

Aber auch der Wandel in der Ernährung wirkt sich zunehmend auf die bäuerliche Landwirtschaft aus. Immer mehr Menschen verzichten auf tierische Produkte, wie Fleisch und Milch. Dementsprechend sinkt auch die Nachfrage. Niedrige Preise auf regionale Produkte befeuern die Entwicklung zusätzlich. „Wenn der Verbraucher bereit wäre, mehr zu zahlen, könnten sich viele Landwirte einen Stallumbau leisten und weitermachen“, sagt Sigl.

Trend zu alternativen Nahrungsmitteln lässt Rinderbestand weiter schrumpfen

Doch aktuell befeure der Trend zu alternativen Nahrungsmittel eher die Entwicklung, von der Tierhaltung wegzugehen. „Es lohnt sich fast nicht mehr. Viele schwenken deshalb auf Ackerwirtschaft um“, erklärt die Ortsbäuerin.

Das hat Konsequenzen, warnt Sigl: Je weniger Viehzucht und Milchviehbetriebe es gebe, desto schwieriger könne die Kulturlandschaft erhalten bleiben und regionale Produkte vermarktet werden. „Es ist ein Rattenschwanz“, erklärt die Ortsbäuerin und seufzt.

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