EU-Regeln - Auch Friedrich Merz wird Klimakanzler – ob er will oder nicht

Deutschland hat gewählt: Schwarz-Rot übernimmt, mit Friedrich Merz als Kanzler in spe. Doch wer glaubte, die Klimawende sei damit abgewählt, der irrt. Zwar hat die Union im Wahlkampf gegen „Habecks Heizgesetz“ und „hässliche Windräder“ gewettert, doch an den Klimazielen kommt auch Schwarz-Rot nicht vorbei. Ob er will oder nicht – Friedrich Merz wird ein Klimakanzler sein müssen.

Der Grund: Schwarz-Rot kann Deutschlands Klimaschutzgesetze und die EU-Klimaregeln nicht einfach ignorieren. Selbst in ihren Wahlprogrammen haben sich Union und SPD zum Klimaziel 2045 und zum Pariser Abkommen bekannt. Die Vorgaben sind klar: Bis 2030 muss Deutschland seine Treibhausgasemissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 senken, bis 2045 klimaneutral sein. Das minimiert den Spielraum, um bei der Klimapolitik auf die Bremse zu treten. 

Zwar lässt sich gewiss die ein oder andere Tonne Treibhausgas-Einsparung in die 2030er Jahre schieben oder ein paar Schräubchen am Heizungsgesetz drehen. Doch die wichtigsten Klima-Spielregeln gelten in der EU für alle Mitgliedsländer. Das wird sonst nämlich noch teuer. 

Alle gemeinsam, sonst drohen Milliardenstrafen

In Brüssel herrscht im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets das Prinzip des „Effort Sharing“. Die EU-Klimaziele werden auf die Mitgliedstaaten verteilt, und für bestimmte Sektoren gibt es verbindliche Einsparvorgaben. Verfehlt ein Land – etwa Deutschland – die erlaubten Emissionen in Bereichen wie Verkehr oder Gebäude, muss es teure Emissionszertifikate von anderen EU-Staaten kaufen. Gelingt es Schwarz-Rot also nicht, die Emissionen in diesen Problemsektoren bis zum Ende des Jahrzehnts spürbar zu senken, drohen Milliardenstrafzahlungen an die EU.

Der CO2-Hammer am Horizont

Ganz abgesehen von den drohenden Strafzahlungen an die EU wird der Preis für CO2-Emissionen auch in Deutschland in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen. Das Stichwort lautet: EU-Emissionsrechtehandel. 

Bisher bestimmt die Bundesregierung, wie hoch der CO2-Preis in Deutschland ist, der zum Beispiel auf die Benzinpreise aufgeschlagen wird - derzeit liegt er bei 55 Euro pro Tonne. Ab dem 1. Januar 2027 geht der national organisierte Emissionshandel allerdings in den europäischen Handel (ETS II) über. Was klingt wie eine bürokratische Formalie, hat potenziell weitreichende Konsequenzen. Denn: Während der deutsche CO2-Preis gesetzlich vorgegeben ist, bestimmt im europäischen System ausschließlich der Markt den Preis.

Experten gehen daher davon aus, dass der CO2-Preis ab 2027 bei 200 bis 300 Euro liegen könnte. Das würde den Benzinpreis von heute auf morgen um 38 Cent bis zu einem Euro pro Liter verteuern. Völlig egal, ob das sogenannte „Verbrenner-Aus“ ab 2035 wieder abgeschafft wird oder nicht. 

Heizgesetz einfach abschaffen? 

Auch das ungeliebte Heizgesetz könnte die Union nicht einfach abschaffen. Die EU hat mehrere Richtlinien, die dafür sorgen, dass Deutschland ein Heizgesetz braucht, sei es die Gebäuderichtlinie zur Energieeffizienz, die Ökodesign-Richtlinie für Heizungen oder die Erneuerbare-Energien-Richtlinie für Gebäude. Am Ende ist der Spruch „Wärmegesetz abschaffen“ nicht mehr als ein Spruch. Das weiß auch Friedrich Merz. Die erste Fassung des Gebäudeenergiegesetzes wurde Ende 2019 verabschiedet - damals noch von der Großen Koalition aus Union und SPD. Das Gesetz setzte diverse europäische Richtlinien in deutsches Recht um. 

Schwarz-Rot kommt also nicht drumherum: Im Verkehrs- und Gebäudesektor ist dringend Nachbesserung angesagt. Mehr Elektroautos müssen auf die Straßen, die Bahn muss günstiger und zuverlässiger werden. Doch das reicht nicht – es braucht eine klimaneutrale Wärmeplanung und die Förderung klimafreundlicher Heizsysteme. Und natürlich darf der soziale Ausgleich nicht fehlen: Das Klimageld wird entscheidend sein, um die Bevölkerung bei der Transformation mitzunehmen – und den Zorn der Bürger zu vermeiden.

Es gibt kein Zurück

Die Zeit der Ampel ist vorbei. Schwarz-Rot steht schon in den Startlöchern - aber auch die neue Koalition wird die gleichen Klimaziele verfolgen müssen wie ein Robert Habeck. Nur die Umsetzung dürfte anders aussehen.

Die Vorgaben aus Brüssel und das nationale Klimaschutzgesetz setzen klare Rahmenbedingungen. Rückschritte können zu Strafzahlungen führen - und dann wird es richtig teuer. Es gibt kein Zurück. Das weiß auch Klima-Kanzler Friedrich Merz.