Landkreis knackt heuer die 100-Millionen-Schuldenmarke
Es wird ernst. Der Entwurf des Landkreis-Haushalts für das laufende Jahr ist fertig und soll in dieser Woche im Kreisausschuss eingebracht werden. Inklusive Rekord-Kreisumlage und einer immensen Neuverschuldung.
Landkreis – „Der Kreistag hat im September des vergangenen Jahres weitreichende Beschlüsse zur Rettung der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH gefasst – diese gilt es jetzt mit allen Konsequenzen umzusetzen“, so Kreiskämmerer Norbert Merk im Rahmen des Pressegesprächs zum Kreishaushalt 2024.
Die „Konsequenzen“ sind dramatisch. Allein 27 Millionen Euro aus dem Kreishaushalt sollen heuer an die Krankenhaus GmbH fließen. 12 Millionen Euro als der „übliche“ Zuschuss, um die bestehenden Verluste auszugleichen. Dazu noch einmal 3 Millionen Euro für dringend notwendige Investitionen. Und weitere 12 Millionen Euro für die „Transformationskosten“. Dahinter verbirgt sich vor allem der Sozialplan, der nötig wurde, weil die GmbH kurz vor Weihnachten rund 200 Mitarbeitern gekündigt hatte.
Schuldenstand am Jahresende bei 101 Millionen Euro
Diese immensen Summen kann der Landkreis nicht aus den laufenden Einnahmen bestreiten. Deswegen ist für 2024 eine Neuverschuldung von 28 Millionen Euro vorgesehen. Fünf Millionen Euro sollen getilgt werden, dennoch wird der Schuldenstand Ende des Jahres bei rund 101 Millionen Euro liegen.
Mit Sorge betrachten viele Kreisräte, dass der Landkreis mittlerweile keine Kredite mit Zinssätzen nahe null Prozent mehr abschließen kann. Für die neuen Darlehen werden Zinsen zwischen 3,75 und 4 Prozent fällig, so der stellvertretende Kreiskämmerer Matthias Brugger im Pressegespräch.
Im vergangenen Jahr hatte die Regierung von Oberbayern einen Brandbrief an das Landratsamt geschickt, der im Kreistag öffentlich verlesen werden musste. Darin kritisierte sie scharf die – damals noch deutlich geringeren – Zuschüsse an die Krankenhaus GmbH.
Regierung duldet, dass Abfindungen kreditfinanziert werden
Dennoch duldet sie nach Merks Aussagen das immense Finanzpaket, das für die Rettung der Krankenhaus GmbH geschnürt wurde. Und drückt beim aktuellen Haushalt gleich mehrfach alle Augen zu. Normalerweise dürfen Landkreise nur für Investitionen Kredite aufnehmen – etwa zum Bau oder für die Sanierung von Schulen. Doch mit Duldung der Regierung von Oberbayern dürfen auch die Kosten für den Sozialplan der Krankenhaus GmbH als „strukturell-organisatorische Investitionen“ deklariert und somit kreditfinanziert werden. Das sorgt bei genauer Betrachtung natürlich auch dafür, dass das Versprechen der Geschäftsführung der Krankenhaus GmbH, dass der Landkreis nach Abschluss der Transformation jährlich nur noch 8 Millionen Euro zuschießen soll, nicht zu halten ist. Tatsächlich sollen ab 2026 jährlich noch einmal 3 Millionen Euro für Investitionen sowie die Kreditraten für den Sozialplan dazukommen. Macht unterm Strich wahrscheinlich einen dauerhaften Zuschuss von mindestens 12 Millionen Euro, Jahr für Jahr.
Die Regierung kündigte auch an, den zweiten Kniff zu dulden, den die Verantwortlichen anwenden mussten, um aufgrund des politischen Drucks mehrerer Bürgermeister, die im Kreistag sitzen, die Kreisumlage heuer bei 55 Prozent zu belassen, obwohl eigentlich mindestens 56 Prozent nötig wären.
Buchungstricks, um genehmigungsfähigen Haushalt zu bekommen
Wie berichtet, fordert der Landkreis Fördermittel des Landes in Höhe von 2,5 Millionen Euro, die er der Krankenhaus GmbH vorgestreckt hatte zurück. Denn zwischenzeitlich hatte der Freistaat der Krankenhaus GmbH das Geld überwiesen. Der Landkreis verbucht die Rückforderung als Einnahme und gleicht damit den Verwaltungshaushalt aus. Weil die insolvenzbedrohte GmbH dadurch allerdings in ernsthafte Liquiditätsengpässe geraten würde, nimmt der Landkreis im Gegenzug einen Kredit über 2,5 Millionen Euro auf und überweist der GmbH das Geld wieder zurück.
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Thomas Lippmann, der Geschäftsführer der Krankenhaus GmbH, wird die Haushaltsdebatte in Kreisausschuss und Kreistag sehr nervös verfolgen. Findet sich keine Mehrheit für den Haushalt, hat man vorsorglich für Mai schon einen weiteren Termin für den Haushaltsbeschluss reserviert. Stimmen die Kreisräte auch dann nicht zu, müsste Lippmann umgehend die Insolvenz der Krankenhaus GmbH beantragen.
Die Kreisräte stehen also de facto in der Pflicht, dem Beschluss zur Krankenhaus-Rettung Taten folgen zu lassen. Allerdings war bereits im Dezember, als die Eckwerte des Kreishaushalts an die neuen Realitäten nach dem Rettungsbeschluss angepasst werden sollten, zu beobachten, dass etliche Kreisräte, die für die Rettung gestimmt hatten, der Landrätin in Sachen Haushalt die Gefolgschaft verweigerten. Die Debatte morgen im Kreisausschuss dürfte also spannend werden.