Was wir von Norwegen und Co. lernen können - Vier nordische Länder machen vor, wie unsere Wirtschaft aussehen könnte

Weniger beachtet wird, dass diese Länder auch bei der Förderung von Unternehmen von Weltrang hervorragend abschneiden. Sie haben nur 0,3 % der Weltbevölkerung und erwirtschaften etwa 1 % des globalen BIP, bringen aber viele Unternehmensgiganten hervor, von IKEA, dem größten Möbelhändler der Welt, über Lego, den größten Spielzeughersteller, bis hin zu Novo Nordisk, dem wertvollsten Unternehmen Europas.

Der Rest Europas könnte von ihnen lernen. Die Politiker in Brüssel sind ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, die Wirtschaft anzukurbeln und weitere Unternehmensgiganten zu fördern. Die nordischen Länder bieten einen verlockenden Einblick in das, was die europäische Wirtschaft sein könnte.

Internationaler Wettbewerb

Ihr unternehmerischer Erfolg ist beeindruckend. Unsere Analyse zeigt, dass die großen nordischen Unternehmen im Vergleich zu ihren internationalen Konkurrenten in der gleichen Branche in der Regel viel rentabler sind und gleichzeitig ein ähnliches Umsatzwachstum aufweisen. 

Sie sind auch weniger verschuldet und investieren mehr in Forschung und Entwicklung. Kein Wunder, dass die Unternehmen aus allen vier großen nordischen Ländern in den letzten zehn Jahren im Durchschnitt höhere Aktionärsrenditen erwirtschaftet haben als die europäischen Unternehmen insgesamt.

Eine Lehre aus all dem ist, offen zu bleiben. Die nordischen Unternehmen haben sich dank ihrer internationalen Ausrichtung gut entwickelt. Die Firmenchefs in Dänemark und Schweden sind stolz darauf, dass nur ein kleiner Teil ihres Gesamtumsatzes auf ihren Heimatmärkten erzielt wird. 

Bei den zehn wertvollsten nordischen Unternehmen liegt dieser Anteil bei nur 2 %, verglichen mit 12 % bei großen Firmen im übrigen Europa und 46 % bei denen in Amerika. Dies ist zum Teil auf die kleinen Inlandsmärkte zurückzuführen. 

Es liegt aber auch an ihrer Offenheit für den Handel. Nordische Unternehmen neigen dazu, ins Ausland zu gehen, wenn sie noch jung sind. Der internationale Wettbewerb trägt dazu bei, Geschäftsmodelle zu verfeinern und Produkte zu perfektionieren.

Ein Grund mehr für europäische Politiker, sich für die Ratifizierung eines Abkommens einzusetzen, das im Dezember mit dem Mercosur, einem großen lateinamerikanischen Handelsblock, geschlossen wurde.

Eine weitere Lehre liegt im Finanzbereich. Seit Jahrzehnten strebt die EU eine Kapitalmarktunion an, in der Hoffnung, dass größere Geldmengen die Wirtschaft ankurbeln können. Das Ziel ist vernünftig (auch wenn reichlich vorhandenes Kapital allein noch keine gut geführten Unternehmen garantiert). 

Die Erfahrungen Dänemarks und Schwedens, die einige der tiefsten Kapitalmärkte in Europa haben, zeigen jedoch, dass die Länder selbst viel tun können.

Kluge Reformen und ein funktionierendes Rentensystem

Kluge Reformen in diesen Ländern haben dazu beigetragen, dass die Ersparnisse der Haushalte genutzt werden. Dank der gut konzipierten Rentensysteme der beiden Länder machen sie etwa ein Drittel des gesamten Rentenvermögens in der EU aus, von dem ein Teil in lokale börsennotierte Unternehmen investiert wird. 

In Schweden haben Investment-Sparkonten (die einfach zu handhaben sind und niedrig besteuert werden) eine boomende Szene von Privatanlegern hervorgebracht. Infolgedessen hat sich das Land zu einem Hotspot für Börsengänge entwickelt. In den letzten zehn Jahren gab es dort mehr Börsengänge als in Frankreich, Deutschland, Spanien und den Niederlanden zusammen.

Offenheit für neue Technologien

Auch die Offenheit gegenüber neuen Technologien ist wichtig. Skandinavische Unternehmen stehen regelmäßig an der Spitze der europäischen Ranglisten für die Einführung neuer Technologien, sei es für Unternehmenssoftware, Cloud Computing oder künstliche Intelligenz. 

Öffentliche Investitionen in grundlegende Infrastrukturen wie 5G-Netze sind hilfreich. Das Gleiche gilt für den Fokus auf digitale Kompetenz in der Bildung. Auch die nordischen Regierungen selbst sind stark digitalisiert, was den Bürokratieaufwand für Unternehmen verringert. 

Dänemark belegt seit Jahren den ersten Platz im E-Government-Index der UN. Eine Mehrwertsteuernummer zu erhalten, kann dort einen Tag dauern, in Frankreich dagegen Monate.

Auch der Norden hat seine Schattenseiten

Die nordische Unternehmenslandschaft hat jedoch auch ihre Schönheitsfehler. Northvolt, ein hoch gehandelter schwedischer Batteriehersteller, ging in Konkurs, weil er sich zu sehr verausgabte. Nokia war einst der König der Mobiltelefone, bis es vom iPhone verdrängt wurde. 

Und weitere Unternehmen könnten enttäuschen, da das Leben in Nordeuropa nicht mehr so idyllisch aussieht. Bandengewalt ist in Schweden ein Problem, und in der gesamten Region gewinnen rechtsextreme Politiker an Boden. 

Hinzu kommt, dass sich das weltumspannende Modell der nordischen Unternehmen mit der düsteren neuen wirtschaftlichen Realität steigender Handelsschranken auseinandersetzen muss.

Trotz alledem zeigen die nordischen Länder, dass sie ein unternehmensfreundliches Umfeld mit starken Sicherheitsnetzen in Einklang bringen können. Viele Politiker in Europa sind auf den Versuch fixiert, die Wunder der amerikanischen Wirtschaft zu kopieren. Aber in mancher Hinsicht haben sie ein besseres Modell vor der eigenen Haustür, dem sie nacheifern können.