Gefängnis-Rekruten schildern Grausamkeiten bei „Wagner“ – jetzt kämpfen sie für die Ukraine

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Zwei ehemalige russische Gefangene berichten über die Rekrutierungsmaßnahmen Putins. Die Gefangenen sollten als Kanonenfutter im Ukraine-Krieg dienen.

Kiew – Die Geschichte zweier Gefängnis-Rekruten zeigt die Brutalität der berüchtigten Wagner-Gruppe. Die russischen Gefangenen Wladislaw und Michail entschieden sich gegen die Gefängnisstrafe und für die Söldnergruppe, um im Ukraine-Krieg zu kämpfen. Sie ergaben sich dem ukrainischen Militär und kämpfen nun auf ukrainischer Seite.

Putins Taktik, um den Anschein zu wahren: Russische Gefangene als Kanonenfutter

Dass Russland Gefangene als Kriegsfutter im Ukraine-Krieg benutzt werden, ist nichts Neues. Das Ausmaß der russischen Gefangenen an der Front ist trotzdem enorm. In einer Exklusivrecherche der New York Times heißt es, dass die aktuelle Gefängnisrekrutierung seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr so groß war. Für Präsident Wladimir Putin kommt das gelegen. Solang er die Verluste der Front mit Gefangenen kompensieren kann, verzögert sich eine zweite Mobilisierungsrunde der breiten russischen Bevölkerung. Während Gefangene wie Wladislaw und Michail an die Front geschickt werden, kann Putin den Anschein von Normalität in den Großstädten wahren.

Zwei Gefangene berichten, wie Prigoschin sie für den Ukraine-Krieg rekrutierte

Wladislaw saß wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis, Michail wegen Betrugs. Sie beide wurden vom berüchtigten, mittlerweile verstorbenen Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin rekrutiert, als dieser nach neuen Söldner für seine Truppe suchte. Die beiden berichten über ihre Erfahrungen in einem Interview des Senders Radio Free Europe. Wladislaw erzählt: „Prigoschin und seine Wachen kamen per Helikopter zu unserem Gefängnis. Wir waren umgeben von drei Reihen Spezialeinheiten, als er ankam.“

Ein Kämpfer trägt das Abzeichen des „Russischen Freiwilligen-Korps“ am Ärmel. (Archivbild)
Ein Kämpfer trägt das Abzeichen des „Russischen Freiwilligen-Korps“ am Ärmel. (Archivbild) © IMAGO/Madiyevskyy Vyacheslav/Ukrinform

Die Gefangenen wurden draußen versammelt und der Wagner-Chef sprach zu den Insassen. Er wollte vor allem die Häftlinge mit langen Gefängnisstrafen für schwere Straftaten rekrutieren, so Michail. Versprochen wurde ihnen die Freiheit und ein Neuanfang. Wenn sie sechs Monate an der Front dienen, wäre ihre Haftstrafe abgegolten und ihr Vorstrafenregister gelöscht. Was sie nicht wussten: Die wenigsten in den Gefangenen-Einheiten überleben.

Brutalität der Wagnertruppe im Ukraine-Krieg: „Wenn du aufgibst, stirbst du“

Michail trat der Einheit „Storm Z“ bei. Die Gefangenen sollten die feindlichen Truppen auskundschaften und feststellen, wie die ukrainische Armee auf einen Angriff reagiert, berichtet der Russe. Nach erstem Kontakt kehrten die Söldner zurück und informierten die russische Armee über die ukrainische Taktik zur Verteidigung. Von einer Truppe aus 20 Mann kamen oftmals nur fünf zurück. Beide dachten, als sie von ukrainischen Truppen gefangen genommen wurden, sie wären dem Tode geweiht. Das Wagner-Motto lautete: „Wenn du aufgibst, stirbst du“, so Wladislaw.

Jetzt kämpfen die ehemaligen Wagnersöldner auf Seiten der Ukraine im russischen Freiwilligenkorps. Der russische Freiwilligenkorps ist eine Einheit an russischen Kämpfern, der die ukrainische Armee unterstützt. Gegründet wurde der Korps im August 2022, wie Reuters berichtet.

Putin ist seinen Kritikern gegenüber unerbittlich

Die Brutalität Putins zeigt sich nicht nur im Fall der Gefängnissöldner, die als Kanonenfutter dienen. Kritikern und solchen, die Putin die Stirn bieten, ergeht es schlecht. Prigoschin zum Beispiel, ehemaliger Anführer der Wagnersöldner, starb im Juni 2023 bei einem Flugzeugabsturz, nachdem er Putin immer wieder heftig kritisiert hatte und in einem Aufstand schließlich mit seinen Söldnern gen Moskau marschiert war.

Auch Kremlkritiker Alexej Nawalnyj ist laut ersten russischen Berichten am Freitag (16. Februar) in Haft verstorben. Nawalnyj war jahrelang Putins schärfster Kritiker und Kontrahent. Im Jahr 2020 überlebte Nawalnyj nur knapp einen Giftanschlag. Der 47-Jährige wurde zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt. Laut ersten Berichten brach er bei einem Gefängnisspaziergang zusammen und starb.

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