Wegen AfD: Starnberger Stadtrat will neues Plakatrecht
Die Stadt Starnberg will ihre Plakatierungsverordnung ändern. Das betrifft vor allem Wahlwerbung, aber auch die Möglichkeiten von städtischen Einrichtungen wie dem Museum Starnberger See, auf sich aufmerksam zu machen.
Starnberg - Als sich der Starnberger Stadtrat kürzlich mit der städtischen Plakatierungsverordnung beschäftigte, lagen dem gleich zwei Anträge aus Reihen der Mitglieder zugrunde. FDP-Stadträtin Anke Henniger wollte es städtischen Einrichtungen wie der Musikschule, dem Seebad und dem Museum Starnberger See einfacher machen, im Stadtgebiet auf sich aufmerksam zu machen. Einen ganz anderen Ansatz verfolgten die Grünen mit Unterstützung von Henniger und den CSU-Stadträten Rudolf Zirngibl und Thomas Beigel. Sie störten sich daran, wie die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Europawahlkampf die Plakatierungsverordnung zu ihren Gunsten ausgelegt hätten, und forderten eine entsprechende Reaktion. Darüber hinaus wollten sie erreichen, „Veranstaltungen von extremistischen und/oder verfassungsfeindlichen Gruppierungen“ von städtischer Seite „zu verbieten oder wenigstens zu verhindern“.
Die Plakatierungsverordnung der Stadt habe das eindeutige Ziel, wildes Plakatieren zu verhindern, begründete Grünen-Fraktionschef Dr. Franz Sengl den Vorstoß. „Durch eine etwas schwammige Formulierung wird für Wahlwerbung eine Ausnahme gemacht, indem das Plakatieren außerhalb der dafür vorgesehenen Tafeln, insbesondere an beweglichen Wahlplakatständern oder an privaten Gartenzäunen, zugelassen wird.“ Im Gegensatz zu den demokratischen Parteien hätten AfD und BSW davon Gebrauch gemacht, Laternen in der Innenstadt mit ihren Plakaten versehen und sogar Infostände von CSU und Grünen mit ihren Plakaten „geschmückt“.
Sengl kritisierte in dem Zusammenhang eine Antwort von Bürgermeister Patrick Janik, wonach die Plakatierungsverordnung dieses Vorgehen erlaube. Ähnlich habe die Stadt auch die Vermietung der Schlossberghalle an die AfD begründet. „Die AfD ist nicht verboten, und unsere Plakatierungsverordnung hat ein juristisches Schlupfloch, aber es bleibt der Eindruck, dass unsere Verwaltung bemüht ist, Gründe zu suchen, warum das Vorgehen von AfD und BSW erlaubt sein könnte, und nicht nach Gründen, warum und wie man dieses Vorgehen verbieten oder wenigstens behindern könnte“, erklärte Sengl und brachte ins Spiel, wenigstens vier Wochen vor einem Wahltermin keine kommunalen Räumlichkeiten mehr zur Verfügung zu stellen. Heuer hatte die AfD am 24. Mai und damit gut zwei Wochen vor der Europawahl eine Großveranstaltung mit ihrem Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla in der Schlossberghalle terminiert.
Die Neutralitätspflicht der Stadtverwaltung im Wahlkampf ist ein hohes Gut
„Die Neutralitätspflicht der Stadtverwaltung im Wahlkampf ist ein hohes Gut“, erwiderte Janik in der Sitzung. Was die Vermietung der Schlossberghalle betreffe, so gelte für politische Parteien: „Alle oder keine.“ Seine Meinung sei klar, sagte der Bürgermeister: „Ich bin für alle, auch wenn es mal wehtut.“ Für eine Vier-Wochen-Frist gebe es zudem keine Rechtsgrundlage, schrieb Ordnungsamtsleiterin Kathrin Spielbauer in der Beschlussvorlage.
Darin schilderte sie auch die aktuelle Situation, was die Plakatierung betrifft. Grundsätzlich sei es möglich, das Anbringen von Wahlplakaten auf gesonderte, von der Stadt bereitgestellte Anschlagflächen zu beschränken. Starnberg verfüge derzeit über 23 Plakattafeln – zehn kleine mit acht Feldern und 13 große mit zwölf Feldern. Problem: Bei der Europawahl seien so viele Parteien angetreten, dass dieser Platz nicht ausgereicht habe. „Auf den großen Plakattafeln mussten bereits die Felder zehn bis zwölf doppelt vergeben werden, sodass sich die Wahlvorschlagsträger hier wochenweise abwechseln mussten“, erklärte Spielbauer. Zwar gebe es seit Januar 2020 einen Beschluss des Stadtrats, neue Plakattafeln mit jeweils 16 Feldern anzuschaffen. Dessen Umsetzung sei jedoch in den Haushaltsberatungen aufgrund der Kosten von rund 50 000 Euro Jahr für Jahr verschoben worden.
Neue Verordnung mit einer Gegenstimme beauftragt
Deswegen könne auch das wilde Plakatieren vor den Wahlen nicht generell verboten werden. Zulässig sei es derzeit unter anderem an Bäumen, Masten, Straßenschildern, Mauern, Zäunen und elektrischen Verteilerkästen, erklärte Spielbauer. Sie schlug vor, im kommenden Jahr die größeren Plakattafeln anzuschaffen und in diesem Zug das wilde Plakatieren mit einer Ausnahme zu verbieten: Das Anbringen von Wahlwerbung an privaten Gartenzäunen soll auch weiterhin gestattet sein. Bei einer Gegenstimme von Dr. Charlotte Meyer-Bülow (CSU) beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, einen entsprechenden Entwurf für eine neue Plakatierungsverordnung auszuarbeiten und im Herbst 2024 zur Beratung vorzulegen.
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Diese soll dann auch dem Antrag von FDP-Stadträtin Henniger bezüglich der städtischen Einrichtungen Rechnung tragen. „Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind Werbung und Marketing wichtig und existenziell“, begründete sie ihren Antrag. „Das Museum Starnberger See könnte zum Beispiel mit finanzieller Unterstützung des Fördervereins Fahnen mit Hinweis auf die Einrichtung oder auf Sonderausstellungen an Laternen entlang der Bahnhofstraße vom Seebahnhof bis zum Museum aufhängen, um noch größere Aufmerksamkeit zu generieren.“