Geplanter riesiger Solarpark löst Existenzängste aus
Tief beunruhigt zeigen sich Anlieger in der Lichtenau über das Vorhaben, dort einen rund 34 Hektar großen Solarpark zu errichten. Sie fürchten Schäden am Drainagesystem, das für Landwirte und Bewohner dort von existenzieller Bedeutung sei.
Seit rund 80 Jahren besteht das Drainagesystem in der Lichtenau, jener großflächigen landwirtschaftlichen Siedlung nördlich der Staatsstraße zwischen Weilheim und Wessobrunn. Und laut Wasser- und Bodenverband Lichtenau ist dieses System schlichtweg die Bewirtschaftungs- und Existenzgrundlage für die dortigen Landwirte und Bewohner – insbesondere bei Starkregenfällen, wie sie sich in jüngerer Zeit häufen. Die Drainage laufe durch sämtliche Grundstücke der Lichtenau, auch die Häuser seien mit Rohren umlegt, die bei Niederschlägen für kontinuierliche Entwässerung sorgen. „Sonst würden diese bei starkem Regen absaufen“, erklärt Vorstandsmitglied Fridolin Specker.
„Das System ist alt, aber es funktioniert“, betont Monika Winterholler, die Vorsitzende des Wasser- und Bodenverbandes. Denn die Drainagen seien „so sauber gelegt, wie man es heute wahrscheinlich gar nicht mehr hinbekommen würde“, ergänzt Vorstandskollege Andreas Jungwirth, „und sie werden von uns Landwirten fortlaufend gepflegt, gereinigt und repariert“. Die drei Vertreter des Verbandes, dem alle knapp 50 Grundstückseigentümer in der Lichtenau angehören, sind sich deshalb sicher: „Das hebt die nächsten 100 Jahre noch.“
Es geht um die bis dato größte Freiflächen-PV-Anlage im Landkreis
Alarmiert ist der Vorstand jedoch von den riesigen Solarpark-Plänen in der Siedlung: Bekanntlich will die Volllast GmbH auf gut 34 Hektar Grünland zwischen Reichenberg- und Sudetenstraße die bis dato größte Freiflächen-PV-Anlage im Landkreis errichten. Zwei, drei Hektar Solarfeld, das wäre „kein Problem“, sagt Specker. Aber die geplante Größenordnung gefährde das Drainagesystem. Auch durch die auserkorenen Grundstücke laufen Sammlerleitungen. Und diese, so die Befürchtung, könnten durch die massiven Fundamente, die es für die Solarmodule insbesondere bei der geforderten „Agri-PV“ braucht (also einer höheren Aufständerung, unter der landwirtschaftliche Nutzung möglich ist), beschädigt werden. In der Folge funktioniere womöglich das gesamte System nicht mehr.
Es gebe keine digitale Kartierung der Drainage, monierte indes die Volllast GmbH (wir berichteten). Doch eine solche könne und müsse der Investor mittels Geoscreening erstellen lassen, kontert der Wasser- und Bodenverband. Da die Flächen rein landwirtschaftlich genutzt wurden, sei das bislang nicht nötig gewesen, und seitens des Verbandes sei es auch nicht finanzierbar.
Kritik am Vorgehen des Investors
Keinesfalls ausreichend ist in den Augen der Verbandsvertreter hingegen das vorliegende Bodengutachten eines Ingenieurbüros, für das nur das Oberflächenwasser und nicht die Drainagen betrachtet wurden. Auch seien die Grundstückseigentümer und der Wasser- und Bodenverband dabei gar nicht einbezogen worden, kritisiert Jungwirth.
Insgesamt bemängeln die Vorstandsmitglieder das Vorgehen und die Kommunikation seitens des Investors. Dieser habe „mitgeteilt, dass man bauen wolle“, aber mit den Anliegern nie wirklich gesprochen. Informationen bekomme man „nur häppchenweise“. Und der Termin für die Besichtigung einer schon bestehenden Volllast-Anlage in Schongau sei dem Verband so kurzfristig mitgeteilt worden, dass schlichtweg keiner kommen konnte. „Wir wollen einfach, dass offen miteinander geredet wird“, fordert Winterholler.
Hoffnungen setzt der Verband diesbezüglich in ein Treffen aller Beteiligten und Betroffenen, das die Stadt Weilheim für Mitte September anberaumt hat. Erst danach wird der Stadtrat entscheiden, ob er das für das Solarprojekt nötige Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans einleitet.
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Weder der Wasser- und Bodenverband noch die Anlieger seien grundsätzlich gegen PV-Freiflächenanlagen, betonen Winterholler, Specker und Jungwirth im Gespräch mit der Heimatzeitung. Doch die Dimension dieses Projekts sei zu groß und sorge vor Ort für Existenzängste.
Wunsch nach kleineren Anlagen
Bei den auserkorenen Feldern – darunter auch „Ackerflächen, die in dieser Region spärlich gesät sind“ – könne man keineswegs von „schwachem Grünland“ sprechen. „Toll wäre, PV-Anlagen nicht auf landwirtschaftlichen Grundstücken, sondern auf wirklich minderwertigen Flächen wie Hanglagen oder ehemaligen Kiesgruben zu errichten“, sagt Jungwirth.
Die drei Vorstandsmitglieder wünschen sich „kleinere Anlagen, die sich auf die komplette Weilheimer Flur entlang der Stromtrasse zum Einspeiseort in Raisting verteilen“. Dann wäre auch die Akzeptanz der Anlieger größer. Zudem gebe es in der Lichtenau „noch ausreichend große Hallen- und Stalldächer, die ebenfalls für die Stromerzeugung genutzt werden könnten, aber aufgrund personeller Engpässe beim Netzbetreiber zum Teil seit Jahren auf eine Zusage warten“.