Israel könnte Hamas-Tunnel offenbar fluten – zögert aber noch

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Das Tunnelsystem der Hamas im Gazastreifen erschwert die israelische Operation. Einem Bericht zufolge könnten der Armee Wassermassen weiterhelfen.

Washington – In weite Teile des Gazastreifens ist Israel bei seinem Feldzug als Reaktion auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober bereits eingedrungen. Mittlerweile haben sich die Kämpfe im Zuge des Israel-Kriegs in den Süden des Küstenstreifens verlagert. Doch Jerusalems Streitkräfte stehen auch vor einem erheblichen Problem: dem weit verzweigten Tunnelsystem, in das sich die Kämpfer der radikalislamischen Palästinenserorganisation jederzeit zurückziehen können.

Israel-Krieg: Werden die Hamas-Tunnel mit Meerwasser geflutet?

Offenbar denkt die israelische Armee bereits über einen mächtigen Verbündeten nach, wenn es darum geht, die unterirdischen Wege unbrauchbar zu machen. Wie das Wall Street Journal berichtet (Artikel hinter einer Bezahlschranke), könnte über große Pumpen jede Menge Meerwasser in die Tunnel geleitet werden, um diese zu fluten. Damit würde wohl alles Leben dort unten ausgelöscht, das allermeiste Equipment zerstört.

Allerdings besteht natürlich die Gefahr, dass die Hamas auch einige der vor zwei Monaten verschleppten Geiseln im Tunnelsystem gefangen hält und quasi als menschliche Schutzschilde einsetzt. 137 von ihnen befinden sich nach jüngsten Angaben der israelischen Streitkräfte noch immer in der Gewalt der Hamas. Auch das könnten ein Grund sein, warum Israel zögert.

Zwei Soldaten in einem schmalen Gang
Blick ins Tunnelsystem: Israelische Soldaten zeigen Reportern, was sie unter der Erde des Gazastreifens entdeckt haben. © Victor R. Caivano/AP/dpa

Israel und die Hamas-Tunnel: Fünf Pumpen könnten für Flutung des Systems sorgen

Der Bericht stützt sich auf Aussagen von Beamten der US-Regierung, denen zufolge nicht bekannt ist, ob die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Flutung befehlen wird. Weder sei eine endgültige Entscheidung dafür getroffen noch ein solcher Plan ausgeschlossen worden, heißt es.

Das aufgebaute System soll mindestens fünf Pumpen beinhalten, die Wasser aus dem Mittelmeer entnehmen und Tausende von Kubikmetern davon pro Stunde in die Tunnel leiten können. Damit wären diese unterirdischen Wege binnen weniger Wochen überflutet. Die Montage der Pumpen hätten die israelischen Streitkräfte Mitte November nördlich des Flüchtlingslagers Al-Shati abgeschlossen.

Als möglicher Hinderungsgrund könnte laut den US-Beamten auch gelten, dass der Einsatz dieser Meerwasserpumpen die Wasserversorgung des Gazastreifens bedrohen würde. Den dort lebenden Menschen fehlt es schon jetzt an fast allem.

Israelische Armee im Gazastreifen: Angeblich rund 500 Tunnel zerstört

Anfang November habe Israel die USA darüber informiert, dass die Pumpen eine Option seien. Damit sei eine Diskussion gestartet worden, in der die Durchführbarkeit und die Auswirkungen auf die Umwelt gegen den militärischen Wert der Tunnel-Zerstörung abgewogen wurden.

Seit Beginn des Angriffs im Gazastreifen will die israelische Armee mehr als 800 Tunnelschächte ausfindig gemacht haben. Davon wurden nach Militärangeben von Sonntag rund 500 zerstört. Demnach hätten einige der Tunnel strategische Einrichtungen der Hamas unterirdisch miteinander verbunden. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Zwei Soldaten stehen in einem Tunnel
Schwer bewaffnet auf fremdem Terrain: Auch dieses Bild soll zwei israelische Soldaten in den Tunneln der Hamas zeigen. © Ahikam SERI / AFP

Tunnel der Hamas: Laut Militärexperten befinden sich darin auch Raketen-Abschussrampen

Das Tunnelnetz soll Dutzende Kilometer umfassen. Einige Wege würden Dutzende Meter unter die Erde reichen und somit israelischen Luftangriffen standhalten können. Sie sind teilweise betoniert oder mit Strom versorgt. Manche seien auch groß genug für Fahrzeuge, im Schnitt sollen die Tunnel aber zwei Meter in der Höhe und einen Meter in der Breite messen.

In diesen unterirdischen Gängen, die auch unter dem Al-Schifa-Krankenhaus verlaufen sollen, befinden sich nach Angaben von Militärexperten auch Kommando-, Kontroll- und Kommunikationsräume, Vorratskammern und Abschussrampen für Raketen. Demnach ginge von dem Tunnelsystem also durchaus auch eine direkte Gefahr für Israel aus. Und Jerusalem denkt anscheinend darüber nach, den Wasser-Befehl zu geben. (mg, mit dpa)

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