Drei Bayern-Abgeordnete der AfD als „Beobachter“ bei Russland-Wahl – „Schande für Freistaat“

  1. Startseite
  2. Politik

KommentareDrucken

Die Russland-Wahl naht – und der Kreml will offenbar die AfD dabeihaben: Drei bayerische Landtagsabgeordnete folgen dem Ruf.

München – Wenn sich Wladimir Putin am Wochenende erneut zum russischen Präsidenten küren lassen will, werden drei bayerische AfD-Landtagsabgeordnete als „Wahlbeobachter“ vor Ort sein. Im Gegensatz zu den Vertretern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Die schwäbischen AfD-Politiker Andreas Jurca und Ulrich Singer und die in Russland geborene Fränkin Elena Roon wurden nach eigenen Angaben vom Bürgerrat eingeladen. Sie sind offenbar schon abgereist. Die indirekte Schützenhilfe bei der weithin als unfrei erachteten Russland-Wahl erzürnt nicht nur die CSU – sogar die AfD-Spitze in Bayern und Berlin scheint alles andere als amüsiert. „Die Fraktion lehnt diese Reise ausdrücklich ab“, teilte AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner mit. 

AfD-Mann verteidigt Reise zur Russland-Wahl: „Von Parteilinie unterstützter Dialog“

Er und seine beiden Parteifreunde seien als „specialists on electoral procedures“ eingeladen worden, erläuterte Jurca der dpa. Aufgabe sei es, die Organisation und den Ablauf der Wahlen in der Russischen Föderation zu bewerten. Unter anderem gehe es um Themen wie: Sind die Wahllokale barrierefrei erreichbar, stehen Leseschablonen für Blinde in den Wahllokalen zur Verfügung, tragen Bürger oder lokale Wahlbeobachter Beschwerden an sie heran.

„Jedoch liegt der primäre Zweck unserer Reise darin, die von der Parteilinie unterstützten Forderungen nach einem diplomatischen Dialog umzusetzen“, erklärte Jurca. Das Programm des Bürgerrats laufe vom 13. bis zum 19. März. Organisiert worden sei die Reise von der einladenden Seite. „Wir haben uns entschlossen, die Kosten selbst zu tragen, gerade um Vorwürfen einer Befangenheit keinen Raum zu bieten“, betonte der AfD-Politiker.

Der AfD-Abgeordnete Andreas Jurca. (Archivbild)
Der AfD-Abgeordnete Andreas Jurca. (Archivbild) © Stefan Puchner/dpa/picture-alliance

Laut Ebner-Steiner sind Fraktion und Bundesvorstand über die Reise informiert worden. „Anlass der Reise ist die Wahlbeobachtung während der russischen Präsidentschaftswahl. Es handelt sich um Einladungen, die an drei einzelne Abgeordnete persönlich gerichtet waren“, hieß es. Jurca, Singer und Roon seien „nicht als Repräsentanten der Fraktion“ gereist. Aus der Bundesgeschäftsstelle der AfD hieß es, der Bundesvorstand habe den Abgeordneten empfohlen, die Reise nicht anzutreten. Ob weitere AfD-Politiker eingeladen wurden, sei zunächst nicht bekannt gewesen. 

AfD-„Wahlbeobachter“ in Russland: Fraktionschefin rügt „Einmischung in Fragen anderer Staaten“

Jurca verteidigte den Russland-Trip. Auch wenn die Präsidentschaftswahlen und der Krieg in der Ukraine „rein formal nichts miteinander zu tun“ hätten, so sei der Krieg doch ein omnipräsentes Thema. „Und wir, als bayerische Volksvertreter, haben eine moralische Pflicht gegenüber unseren Bürgern, dass wir uns auf allen Ebenen für den Frieden einsetzen.“ Die Teilnahme sende „ein Signal der Bereitschaft zum politischen Dialog, wenn auch der außendiplomatische Stellenwert der Reise nicht überschätzt werden sollte“.

Innenpolitisch könnte der Plan jedoch durchaus Wellen schlagen – wie auch AfD-intern. Ebner-Steiner betonte, die Vertretungspriorität in sämtlichen außenpolitischen Fragen komme dem Bundesvorstand zu. „Er ist insofern das allein vertretungsberechtigte Gremium in diesen Fragen.“ Die Präsidentschaftswahl sei eine innenpolitische Angelegenheit Russlands und habe „nichts mit diplomatischen Beziehungen zur Beendigung des Krieges zu tun“.

Politische Linie der AfD sei, „dass sich Deutschland nicht in innenpolitische Fragen anderer Staaten einmischt“. Bayerische Abgeordnete sollten sich um Probleme und Sorgen bayerischer Bürger kümmern. „Hierfür sind sie durch das bayerische Volk mandatiert.“

AfD-Leute reisen zu Putins Russland-Wahl: CSU sieht „Schande für den Freistaat“

Gerhard Mangott, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität Innsbruck, sagte dem BR, bei der Einladung der Bürgerkammer gehe es um staatliches Interesse. „Das soll nach innen und nach außen signalisieren: Auch westliche Politiker bescheinigen uns, dass alles richtig abgelaufen ist.“. Das glaubt Jurca nach eigenen Worten nicht. „Es ist eine Standardaufgabe des Bürgerrats, ausländische ‚Demokratieexperten‘ zu den Wahlen einzuladen.“

CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek urteilte deutlich: „Die bayerischen AfD-Abgeordneten sind und bleiben die fünfte Kolonne Moskaus. Sie versuchen die antidemokratische Wahl Putins zu decken und den Völkerrechtsbrecher zu unterstützen. Sie sind eine Schande für den Freistaat.“

Der AfD werden immer wieder russlandfreundliche Positionen vorgeworfen – nicht ohne Anlass: Im Bundestag trommelte die Partei etwa wiederholt für Gaskäufe bei Putins Russland. „Ich halte fest, die AfD ist nicht nur eine rechtspopulistische Partei, sondern auch eine Partei Russland“, konterte Kanzler Olaf Scholz (SPD) schon im Juli 2022 bei einer Regierungsbefragung. (dpa/fn)

Auch interessant

Kommentare