Journalisten, die Politik machen wollen, haben mindestens zwei Möglichkeiten: Sie gehen zu einem privaten Medium oder zu einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. Dabei gibt es einen entscheidenden Unterschied: Die privaten Medien sind darauf angewiesen, genügend zahlende Abnehmer – Leser, Zuhörer, Zuschauer – zu gewinnen.
Wer nicht zahlt, wird bestraft – und wer Kritik übt, gleich verdächtigt
Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) ist das ganz anders: Den müssen alle Haushalte über den „Rundfunkbeitrag" finanzieren, ob sie die ÖRR-Sendungen anschauen und anhören oder nicht. Wer den monatlichen Beitrag von zurzeit 18,36 Euro nicht pünktlich überweist, den bestraft der ÖRR mit saftigen Zusatzgebühren.
Hartnäckige Beitragsverweigerer schickte der ÖRR sogar schon ins Gefängnis. Lohnpfändungen oder ein Besuch des Gerichtsvollziehers gehören ebenfalls zum Instrumentenkasten des Beitragsservice (früher: GEZ). Der Rundfunkbeitrag ist gesetzlich verankert. Er muss gezahlt werden, ebenso wie andere Abgaben und Steuern. Die Begriffe „Zwangsbeitrag“ oder „Zwangsabgabe“ klingen nicht ausgesprochen freundlich, treffen die Sache aber.
In den öffentlich-rechtlichen Anstalten zeigt man sich dagegen sensibel. „Zwangsabgabe“ oder „Zwangsbeitrag“ hört man dort nicht gern. Allen, die diesen Begriff verwenden, werden unlautere Motive unterstellt. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ist deshalb in die Schusslinie des ARD-Journalisten Georg Restle geraten. Hatte Weimer doch gewagt, den ÖRR als „politisch links geneigt“ zu charakterisieren.
Außerdem hatte Weimer kritisiert, dass „viele Millionen Deutsche zwar Zwangsbeiträge zahlen müssen, aber das Gefühl haben, dort nicht vertreten zu werden. Das sollte sich ändern“. Das rief Restle auf den Plan, der als Moderator von „Monitor“ offenbar über genügend Zeit verfügt, fast täglich die Menschheit mit seinen Kommentaren auf „X“ zu beglücken.
„Zwangsbeitrag“ als Tabuwort – und warum das kein Zufall ist
Restles Einlassungen auf der Plattform X „links geneigt“ zu charakterisieren, würde ihm freilich nicht gerecht. Da passt der Begriff „linksgrüne Agitprop“ besser. Besagter ÖRR-Angestellter Restle hat nun bekundet, Weimer wäre als Kulturstaatsminister „untragbar“. Begründung: Zwangsbeitrag wäre der „zentrale Kampfbegriff“ jener, die den ÖRR abschaffen wollten.
Nun ist Abgabe in der Finanzwissenschaft der übliche Oberbegriff für Steuern, öffentliche Beiträge und Gebühren. „Zwang“ muss man da nicht eigens hinzusetzen. Denn Vater Staat lässt beim Geldeintreiben nicht mit sich spaßen. Gleichwohl stören sich die Verteidiger des ÖRR mit seiner linksgrünen Ausrichtung an dem Wort „Zwang“. Wer es gebraucht, weist jedoch nur darauf hin, dass niemand den Rundfunkbeitrag freiwillig entrichtet.
Man muss sich nur einmal vorstellen, die Programme von ARD und ZDF würden alle hinter einer Bezahlschranke verschwinden. Wer sie sehen und hören will, müsste dann 18,36 Euro im Monat bezahlen. Die Verteidiger – und Profiteure – des teuersten Rundfunksystems in Europa wissen sehr wohl, dass auf freiwilliger Basis nie und nimmer Jahr für Jahr 8,7 Milliarden Euro (Stand: 2024) zusammenkämen.
ARD-Mann Restle erklärt Kritik am ÖRR zur „rechten Kampagne“
Natürlich fände auch ein privatwirtschaftlich agierender, politisch einseitiger ÖRR sein zahlendes Publikum. Aber aus dem reichlich sprudelnden Beitragsstrom würde wohl eher ein Bächlein. Müssten Restle und die anderen politischen Aktivisten beim ÖRR sich am Markt behaupten, wäre es aus mit dem schönen ÖRR-Leben. Dann würden die üppigen Gehälter gekürzt, Intendanten nicht mehr höher bezahlt als Ministerpräsidenten.
Zudem wären die üppigen Pensionszusagen nicht mehr zu finanzieren. Spötter sprechen vom ÖRR ohnehin als Pensionsfonds mit angeschlossener Rundfunkabteilung. Restle wurde wegen seiner Attacke teilweise heftig kritisiert. Folglich wurde aus der seiner Meinung nach unziemlichen Wortwahl eine „ultrarechte Kampagne“. Seinen Kritikern warf er zudem vor, sich „offensichtlich nicht im Griff“ zu haben.
Das erinnert an das Verhalten von autoritären Herrschern. Die stufen ihre Gegner gern als geisteskrank ein, um sie aus dem Verkehr ziehen zu können. Der ARD-Angestellte Restle muss sich jedoch keine Sorgen um Gehalt und Pensionszusagen machen. Nicht einmal der angeblich „untragbare“ Weimer will den ÖRR abschaffen. Er will „nur“ ein nicht so eindeutig „links geneigtes“ Programm.
Genau das wollen die selbst ernannten Volkserzieher beim ÖRR nicht. Sie fühlen sich ihren Kritikern haushoch überlegen, weil sie sich schlicht und ergreifend für die besseren Menschen halten – politisch immer auf der „richtigen“ Seite. Ein Kulturstaatsminister, der sich vor ÖRR-Moderatoren nicht verbeugt, ist da natürlich „untragbar“. Doch über die Abberufung eines Kabinettsmitglieds entscheidet kein Restle – selbst wenn er sich dazu berufen fühlt.
Falls Restle partout nicht verstehen will, warum der ÖRR zunehmend in die Kritik geraten ist, sollte er die Homepage des Beitragsservice zu Rate ziehen. Dort ist zu lesen, der Beitrag trage dazu bei, „Vielfalt und Qualität“ des ÖRR zu gewährleisten. Vielfalt und der ÖRR – da muss selbst Restle wohl laut lachen.