Führung durch Sortenerhaltungsgarten in Benediktbeuern – Viele seltene Äpfel und Birnen

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Zahlreiche Interessierte waren in den Sortenerhaltungsgarten gekommen. Eva Bichler erklärte das Projekt und zeigte, welche Produkte sich aus den Früchten herstellen lassen. © Melina Staar

Es ist ein wahrer Schatz, der in Benediktbeuern heranwächst. Bald könnte die Arbeit erste Früchte tragen. Am Freitagnachmittag gab es die erste Gelegenheit, an einer Führung durch den Sortenerhaltungsgarten im Ortsteil Häusern teilzunehmen.

Benediktbeuern – Wie berichtet wurden dort im vergangenen Oktober knapp 70 Apfel- und Birnbäume eingesetzt. „Es freut mich, dass die ersten Blätter rausschauen“, sagte Franz Steger von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt. Die Obstbaum-Arche soll neben dem Schutz vergessener Obstbaum-Arten auch Heimat für bis zu 5000 weiteren Tier- und Pflanzenarten sein und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen in Form von Führungen und Schulungen.

Entdeckungsreise im Sortenerhaltungsgarten Benediktbeuern: Ein Paradies für Obstvielfalt

Seit dem Beginn des Projekts „Apfel – Birne – Berge“ 2014 sei es „ein Wettlauf mit der Zeit“ gewesen, sagte Projektleiterin Eva Bichler. Bei der Erfassung der Sorten, die durch Mithilfe vieler Bürger unter anderem in Privatgärten vonstatten ging, habe sich herausgestellt, dass es viele Sorten gebe, die keiner mehr kenne. „Aber das Gute ist: Sie sind noch da.“ Die Sorten werden und wurden genetisch untersucht und in einer Datenbank erfasst – und verglichen, ob man sie vielleicht doch irgendwo schon kennt. „Wir fokussieren uns auf die Unbekannten, Vergessenen, die vielleicht noch keinen Namen hatten“, so Bichler. Die Einschätzung der Sorten werde sich verändern, wenn vergleichbare Früchte da seien, sagte Pomologe Georg Loferer.

In Benediktbeuern wachsen die Jungbäume der seltenen Sorten nun neben dem Altbaum-Bestand. Ab Juli werden dort auch zehn bis zwölf alpine Steinschafe weiden, damit das Gras nicht zu hoch wird. Die Beweidung sei eine schonende Art, die Wiese zu pflegen, sagte Schafzüchterin Verena Hausmann aus Seeshaupt. „Solange die Schafe genügend zu fressen finden, lassen sie die Bäume in Ruhe“, so Hausmann. Außerdem werden die Bäume mit einem besonderen Schutzzaun versehen. „Am Ende wird man mit einer wunderbaren Magerwiese belohnt, die sehr lebendig ist“, schwärmte Hausmann.

Die einzelnen Sorten im Garten erklärte Pomologe Georg Loferer (li.).
Die einzelnen Sorten im Garten erklärte Pomologe Georg Loferer (li.). © Melina Staar

Im Sortenerhaltungsgarten ist bereits viel passiert. Das Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK), das sich um die Pflege kümmert, engagierte einen Experten, der sich den Altbäumen widmete. „Viele Bäume waren total vermistelt“, sagte Andreas Drexler vom ZUK. Das könne für die jungen Bäume zum Problem werden.

In Benediktbeuern konzentriert man sich auf die heimischen Sorten

Für die Jungbäume ist Hermann Merten zuständig. Seit über 30 Jahren ist er im Bereich Obstbaumschnitt tätig. „Apfelbäume können bis zu 200 Jahre alt werden, Birnbäume deutlich älter“, erklärte er. „Es ist klar, dass man diese Bäume hier für die nächste und übernächste Generation gepflanzt hat.“ Man solle den Bäumen also mit Respekt und Achtung begegnen. Bei dem Schnitt der Bäume achte er darauf, dass sie mehr in die Breite als in die Höhe wachsen. Daher seien die Abstände sehr groß gewählt worden. „Unser Ziel ist es, ihnen die nötige Vitalität zu geben.“ Dazu müssen sie unter anderem vor Schädlingen wie der Wühlmaus geschützt werden, was durch einen speziellen Korb in der Erde geschieht.

Welche Sorten künftig dort zu finden sein werden, erklärte Pomologe Loferer. In Benediktbeuern habe man sich auf solche konzentriert, die im Tölzer Landkreis vorkommen – daneben aber einige weitere. Darunter sind etwa Frauenbirnen, die sich gut zum Schnapsbrennen eigenen und ihren Namen daher haben, dass sie an Mariä Himmelfahrt reif werden. Besonders sei auch der „Russenapfel“. Dieser wurde aus dem Zweiten Weltkrieg mitgebracht und hat sich schließlich verbreitet. Ein 150 Jahre alter Apfelbaum aus Valley war der älteste im Projekt erfasste. „Der ist ganz vital und trägt super.“ Seine Früchte, „Fromms Goldrenette“, werden nun ebenfalls in Benediktbeuern wachsen. „Himbsels Rambur“, der perfekt an das lokale Klima angepasst sei, wurde in Bichl durch Zufall gefunden. Als „Schmankerl“ bezeichnete Loferer den „Limonienapfel“ aus Berchtesgaden, die „Kugelbirne“ aus Kochel sowie zwei Bäume der „Blutbirne“, die mit rotem Fruchtfleisch überrascht. Jede Sorte hat ihre eigene Verwendung: Als Schnaps, Saft oder Essfrucht.

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Das Projekt ist auf mehrere Jahre angelegt, im Januar wäre es zu Ende gewesen. Eine Verlängerung wurde aber beantragt, so Bichler. Im Laufe der Zeit wird noch viel Forschungsarbeit betrieben werden. Die Wiederverbreitung der Sorten werde dauern, sagte Bichler. „Wir wollen aber die Möglichkeit anbieten, dass jeder, der möchte, so eine Sorte in seinem Garten haben kann.“ Bis dahin gebe es viel Arbeit, unter anderem ist im Herbst eine weitere Pflanzaktion geplant. Um diese auf mehrere Schultern zu verteilen, wolle man einen Helferkreis gründen, sagte Annika Dollinger, Fachberaterin am Landratsamt. Wer Interesse habe, sich zu beteiligen, könne sich bei ihr oder bei Elisabeth Obermüller melden.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter apfel-birne-berge.de

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