Bei Mehrheit der Deutschen geht die Angst vor Bodentruppen für die Ukraine um

Die von US-Präsident Donald Trump gestartete Friedensinitiative für die Ukraine, zu der auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) in der vergangenen Woche Gespräche geführt hat, hat eine Debatte über mögliche Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land losgetreten. 

Um im Fall einer Friedenslösung einen erneuten Angriff verhindern zu können, benötigt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von seinen Verbündeten Unterstützungszusagen.

Als Optionen werden derzeit unter anderem europäische Bodentruppen in der Ukraine und eine Beistandsklausel wie in Artikel 5 des Nato-Vertrags diskutiert. Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat im Auftrag von FOCUS online erhoben, wie die Deutschen zu diesen Sicherheitsgarantien stehen.

Sorge vor Kriegsbeteiligung durch Bodentruppen im Osten besonders hoch

Die Umfrage zeigt, dass fast zwei Drittel der Befragten sich sorgen, dass Deutschland Kriegspartei werden könnte, wenn die Bundeswehr für eine Friedensmission Soldaten in die Ukraine schicken würde. Besonders viel Angst bereiten mögliche Bodentruppen den Ostdeutschen. 

72 Prozent von ihnen geben an, sich zu sorgen, während es unter den Westdeutschen nur 60 Prozent sind. Auch bei den Geschlechtern gibt es einen Unterschied: 71 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer haben Angst vor einer Kriegsbeteiligung durch Bodentruppen.

Unterscheidet man nach der Wahlabsicht der Befragten, ergibt sich ein mittlerweile gewohntes Muster bei Befragungen zum Ukraine-Krieg: Ein sehr großer Teil der AfD- und BSW-Anhänger verspürt Angst. 

Etwas weniger, aber immer noch mehrheitlich, empfinden die Anhänger von Linker, SPD und Union solche Sorgen. Nur bei potenziellen Grünen- und FDP-Wählern ergibt sich ein ausgeglicheneres Bild.

Die Entsendung deutscher Soldaten zur Friedenssicherung in die Ukraine wäre für die Bundeswehr eine Herausforderung. Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat in der vergangenen Woche sogar davon gesprochen, dass das Deutschland "voraussichtlich überfordern" würde. Experten vermuten, dass es für eine glaubhafte Abschreckung Russlands rund 150.000 westliche Soldaten brauchen würde.

Junge Menschen wollen keinen Wehrdienst zur Friedenssicherung

Bereits jetzt plant Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), einen freiwilligen Wehrdienst einzuführen. Unklar ist, ob das ausreicht, die Kapazitäten der Bundeswehr signifikant zu erhöhen. 

Bei der Frage, ob für die Entsendung von Bodentruppen zur Friedenssicherung ein allgemeiner Wehrdienst wie früher eingeführt werden sollte, sind die Deutschen gespaltener Meinung. 43 Prozent befürworten das, 47 Prozent lehnen es ab.

Besonders die potenziell Betroffenen sind skeptisch: Während nur 17 Prozent der 18- bis 29-Jährigen einer Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht zustimmen, ist es bei Menschen mit 65 und mehr Jahren die Hälfte. Etwas höher ist die Zustimmung auch, wenn im Haushalt der Befragten keine Kinder leben, dort sind es 46 Prozent im Vergleich zu 33 Prozent bei Haushalten mit Kindern.

Zwei Drittel der Anhänger von CDU und CSU sprechen sich für eine Wiedereinführung des allgemeinen Wehrdiensts zur Friedenssicherung aus. Bei den potenziellen Wählern von SPD und Grünen ist eine knappe Mehrheit dafür. Bei allen anderen Parteien überwiegt die Ablehnung, am stärksten beim BSW.

Ohnehin ist die Entsendung von Bodentruppen derzeit unwahrscheinlich, weil Russland das als Bedingung für Frieden ablehnt. In Deutschland hat CSU-Chef Markus Söder diese Art der Sicherheitsgarantie im ARD-"Sommerinterview" abgeräumt: "Jede Lösung, egal wie, mit Russland wird definitiv keine Nato-Soldaten vorsehen."

Beistandsverpflichtung spaltet die Deutschen

Eine Alternative könnte sein, der Ukraine zu garantieren, dass im Fall eines erneuten Angriffes die Verbündeten zu militärischem Beistand verpflichtet sind. Dann wären westliche Soldaten nicht dauerhaft dort stationiert, sondern würden im Angriffsfall gegebenenfalls verlegt werden. Dieses Vorgehen, das so bereits für Nato-Staaten gilt, ist bei den Deutschen umstritten. 45 Prozent wären dafür, genauso viele dagegen.

Allerdings gibt es einen großen regionalen Unterschied: In Ostdeutschland lehnt eine Mehrheit von 55 Prozent Beistandsverpflichtungen für die Ukraine ab. In Westdeutschland ist fast die Hälfte dafür. Tendenziell sprechen sich die älteren Befragten eher dafür aus, während die jüngeren diese Sicherheitsgarantie mehrheitlich ablehnen.

Bei der Unterscheidung nach Wahlabsicht zeigt sich, dass 82 Prozent der Grünen-Anhänger diesem Modell am meisten zustimmen. Auch die potenziellen Wähler der Union, der SPD und sogar der Linken sind mehrheitlich dafür. Bei den Anhängern von AfD und BSW gibt es hingegen starke Ablehnung.

Merz’ Auftritt bei Trump wird eher positiv bewertet

Kanzler Merz, der mit anderen europäischen Staats- und Regierungschefs mit US-Präsident Trump über Sicherheitsgarantien gesprochen hat, erhält für sein Vorgehen Zuspruch. Seinen Auftritt beim Besuch in Washington bewerten 44 Prozent positiv, 32 Prozent sehen ihn hingegen negativ. 

Mehrheitlich zufrieden mit dem Auftreten gegenüber Trump sind die Anhänger der Union, der FDP und knapp auch der SPD. Bei den Grünen bewerten immerhin fast die Hälfte Merz’ Vorgehen als positiv, viele sind aber unentschlossen. Eher negativ fällt die Bewertung bei den Anhängern der Linken, von AfD und BSW aus.