Vor US-Wahl: „Proud Boys“ drohen mit Gewaltausbruch – Unabhängig von Trumps Ergebnis

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

In der Hauptstadt werden die Amtssitze von Harris und Biden besonders geschützt. In Swing States wollen Rechtsextreme vor Wahllokalen aufmarschieren.

Washington D.C. – Einst stürmten sie am 6. Januar 2021 das Kapitol, um die Lüge des Ex-Präsidenten Donald Trump von der angeblich „gestohlenen“ US-Wahl 2020 mit Gewalt durchzusetzen. Nun scheint sich die rechtsextreme Miliz „Proud Boys“ erneut auf einen Gewaltausbruch nach der Präsidentschaftswahl am Dienstag (5. November) vorzubereiten, wie die Tageszeitung Wall Street Journal berichtete. Insbesondere für den Fall eines Wahlsieges der demokratischen Vizepräsidentin Kamala Harris gegen Trump werden Aufstände der extremen Rechten befürchtet. In der Hauptstadt Washington D.C. rüstet man sich, aber sieht keine akute Gefahr.

Daily Protests In Portland Continue Into Third Mont
Die Proud Boys bei einer Demonstration in Portland. Schwer bewaffnet. (Archivbild) © NATHAN HOWARD/AFP

Politisches Washington D.C. vor US-Wahl abgeschottet: Keine konkrete Bedrohung für Harris und Biden

Das Weiße Haus, der Regierungssitz des amtierenden Präsidenten Joe Biden, der Amtssitz von Vizepräsidentin Harris sowie das Kapitol, der Sitz beider Parlamentskammern, Repräsentantenhaus und Senat, wurden am Sonntag weiträumig abgeschottet. Der Tageszeitung Washington Post zufolge gebe es aber keine konkreten Drohungen für gezielte Angriffe auf die zentralen Institutionen der US-Demokratie.

Es bestehe „keine Notwendigkeit“ alarmiert zu sein, sagte Washington D.C.s Polizeichef demnach. Im Bundesstaat Washington an der Westküste mobilisierte der demokratische Gouverneur hingegen die Nationalgarde, um auf Unruhen nach der US-Wahl vorbereitet zu sein. Auch die Wahlparty Trumps in Florida wird besonders gesichert.

Harris und Trump in Umfragen vor US-Wahl gleichauf – „Proud Boys“ wollen vor Wahllokalen aufmarschieren

In wahlentscheidenden Bundesstaaten, den zwischen Demokraten und Republikanern schwankenden Swing States, fand das Wall Street Journal eine zunehmende Aktivität der „Proud Boys“. Mitglieder der 2016 gegründeten Miliz nahmen am Sturm aufs Kapitol teil. Ihr ehemaliger Anführer wurde 2023 wegen seiner Beteiligung am Sturm aufs Kapitol zu 22 Jahren Haft verurteilt.

Damals wie heute glaubten die Anhänger und Mitglieder der „Proud Boys“ an Trumps Lüge von der „gestohlenen Wahl“. In North Carolina kündigte die Miliz, dem Bericht zufolge, an, sich in der Nähe von Wahllokalen zu postieren. In Arizona sei ein Bild eines Waffenlagers mit dem Verweis, dass man „auf den November vorbereitet“ sei. Zuletzt marschierten Mitglieder der Miliz vermehrt bewaffnet bei Trump-Veranstaltungen auf.

In North Carolina lagen Trump und Harris in Umfragen am Montag (3. November) vor der US-Wahl weniger einen Prozentpunkt auseinander. Das Ergebnis der US-Wahl war wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse in den Swing States nicht absehbar. Beobachter auf demokratischer Seite befürchteten, dass wichtige Wählerinnen und Wähler aus Angst vor Gewaltausbrüchen nicht zur Abstimmung schreiten würden.

US-Wahl: Rechtsextreme wollen „illegale Wähler erschießen“ – Demokraten werden zur Zielscheibe

Die Denkfabrik Global Projekt Against Hate and Extremism dokumentierte zuletzt eine Verdreifachung der Gewaltaufrufe mit Bezug zu Verschwörungserzählungen über angeblichen Wahlbetrug bei der US-Wahl. Die Organisation zitierte Posts aus dem Dunstkreis rechtsextremer Milizen, die vom „unausweichlichen Bürgerkrieg“ schwadronierten, und dazu aufriefen, angeblich „illegale Wähler“ zu „erschießen“. Vertreter der Republikaner behaupteten zuletzt immer wieder, ohne jegliche sachliche Grundlage, dass die Demokraten illegale Einwanderer zum Wählen ins Land holen würden, um sich so Mehrheiten zu verschaffen.

TV-Duell vor US-Wahl: Trump hetzt mit Verschwörungserzählung gegen Harris

Verschwörungserzählungen wie diese docken an die für den modernen Rechtsextremismus zentrale Verschwörungserzählungen vom „großen Bevölkerungsaustausch“ an. Diese rassistische und antisemitische Erzählung besagt, nicht näher benannte „globalistische“ Eliten würden die weißen Mehrheitsbevölkerungen westlicher Staaten gegen Migranten aus Staaten des globalen Südens „austauschen“. Diese Verschwörungserzählung ist ideologischer Dreh- und Angelpunkt moderner Rechtsextremer auf beiden Seiten des Atlantiks. Sie trieb weltweit rechtsextreme Terroristen an. Vor der US-Wahl, etwa im TV-Duell gegen Harris, verbreitete Trump immer wieder Elemente dieser Erzählung.

Expertin warnt vor Einschüchterung von Wählern und Angriffen rechtsextremer Milizen bei US-Wahl

Innerhalb der sogenannten Miliz-Bewegung in den USA seien die knallharten Rechtsextremen, wie die „Proud Boys“, „Oath Keepers“ oder „Three Percenters“ zwar eine Minderheit, aber keinesfalls eine Ungefährliche, betonte Amy Cooter im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Soziologin ist Forschungsdirektorin des Zentrums für Terrorismus- und Extremismusforschung am Middlebury Institute für internationale Studien in Monterey.

Während die Mehrheit der Milizen sich wohl eher als „defensiv“ ausgerichtete sehe, das bedeute diese Gruppen würden sich nur im Falle von „Tyrannei“ der Regierung wehren wollen. Gefährlich werde es allerdings, sollten Extremisten diese „herbeireden“. Cooter warne ausdrücklich vor Angriffen auf und Einschüchterung von Wählern und Wahlhelfern, sowie demokratischer Politiker, vor und nach der US-Wahl.

Im Sinne Trumps: „Proud Boys“ wollen nach US-Wahl mit „Deportationen“ beginnen

Sollte Trump die US-Wahl gewinnen, bestehe zudem die Gefahr, dass er aus den Milizen eine Privatarmee formt, warnte Cooter. Trump hat immer wieder die Verfolgung politischer Gegner angekündigt. Im Sommer gewährte ihm der Oberste Gerichtshof sogar Immunität im Falle schwerster Straftaten, die er in offizieller Funktion begehen würde. 2020 signalisierte Trump den „Proud Boys“, sie sollten „abwarten und sich bereithalten“.

Sollte Trump bei der US-Wahl gewinnen, wollten einige Mitglieder Miliz sofort mit „Deportationen“ von Migranten beginnen, zitierte das Wall Street Journal. Cooter betonte, die Miliz sei durch die Strafverfolgung nach dem Sturm auf das Kapitol geschwächt. (kb)

Auch interessant

Kommentare