Vor US-Wahl 2024: Mehrere Gründe sprechen für Trump-Sieg – doch Harris kann Ergebnis drehen
Bei der US-Wahl 2024 zählt jede Stimme, vor allem in den Swing States. Trumps Trumpf ist die Unterstützung junger Männer. Doch auch bei einer anderen Wählergruppe kann er punkten.
Washington – Das Rennen ums Weiße Haus bleibt knapp: Umfragen zur US-Wahl zeigen die Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten, Kamala Harris, und den Republikaner Donald Trump gleichauf. Wegen der Besonderheit des US-amerikanischen Wahlsystems garantiert eine nationale Stimmmehrheit nicht automatisch den Wahlsieg. Die Swing States entscheiden die US-Wahl.
Swing States bei US-Wahl im Fokus: Wie entscheiden sich Michigan, Pennsylvania und Wisconsin?
Trump gelang es 2016, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin für sich zu entscheiden. Zum ersten Mal seit den 1980er-Jahren wählten die eigentlich demokratischen Staaten einen Republikaner ins Weiße Haus. US-Präsident Joe Biden holte die drei Staaten 2020 wieder zurück – das war wiederum entscheidend für seinen Wahlsieg. Im Jahr 2024 ist der Ausgang wieder offen, die Bedeutung von Michigan, Pennsylvania und Wisconsin bleibt weiterhin groß. Harris und Trump versuchen mit unterschiedlichen Taktiken, die insgesamt sieben Swing States in diesem US-Wahlkampf für sich zu gewinnen.
Die Demokraten versuchen, die gleichen Fehler wie 2016 zu vermeiden. Man investierte in Hunderte von Organisatoren und Büros in allen sieben Swing States. Beim „Klingelputzen“, also der direkten Ansprache von potenziellen Wählern und Wählerinnen an ihrer Haustür und der Wählermobilisierung durch lokale Präsenz vor Ort, könnten die Demokraten die Nase vorn haben. Auf Seiten der Republikaner hatten zuletzt Aussagen von neun Personen aus dem Umfeld der Lobbygruppe von Elon Musk, einem sogenannten PAC, auf Ungereimtheiten hingewiesen.
Neun Personen sprachen gegenüber dem US-Sender NBC News von Problemen – darunter fehlerhafte Daten. Demnach habe es verräterische Anzeichen dafür gegeben, dass einige republikanischen Wahlhelfer nicht an eine Tür geklopft hatten, sondern einfach Daten übermittelten, ohne mit Wählerinnen oder Wählern gesprochen zu haben. Das PAC wies diese Vorwürfe zurück. Man klopfe an mehr Türen und erreiche mehr Menschen in abgelegenerem Gebiet als je zuvor, hieß es in einer Erklärung. Besonders bei knappen Wahlen kann diese Werbung an der Haustür den entscheidenden Unterschied machen.
Junge Männer bei US-Wahl als Trumpf für Trump? Warum die Taktik auch Risiken birgt
Als Trumpf für Trump gilt die Tatsache, dass die Republikaner deutlich mehr Direktwerbung an die Haushalte senden. 81 Prozent der in den Swing States per Post verschickten Direktwerbung war im September für Trump oder griff Harris an, wie aus Daten des Sendungsverfolgunsunternehmens Mintt hervorgeht. Einen Vorteil hat der Republikaner auch bei jungen Männern. Die Gruppe der männlichen Wähler unter 50 Jahren macht laut republikanischen Analysen elf Prozent der Stimmen der unentschlossenen Wähler in den Swing States aus. Die Trump-Kampagne setzt daher auf Podcast-Interviews, Auftritte bei Sportveranstaltungen und gezielte digitale Werbung, um diese Gruppe anzusprechen.
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Laut einer Umfrage von Siena und der New York Times, liegt Trump bei jungen Männern mit 58 Prozent deutlich vor Harris, die auf 37 Prozent kommt. Wie eine Umfrage von NBC ergab, gibt es unter den jungen Erwachsenen der Generation Z – also der Jahrgänge 1995 bis 2010 – zwar einen Vorsprung für Harris. Doch während junge Frauen der Demokratin um 30 Prozentpunkte den Vorzug geben, sind es bei den jungen Männern unter 30 Jahren nur vier Prozentpunkte. Für Trump könnte sich der Fokus auf diese Wählergruppe positiv auswirken. Doch die Taktik birgt auch ein Risiko: Wenn die jungen Männer „nicht zur Wahl gehen und er die Leute vergrault, die regelmäßiger wählen, dann sitzen wir wirklich in einer Zwickmühle“, sagt Amy Walter, Chefredakteurin des überparteilichen Cook Political Report der Washington Post.
US-Wahl 2024: Demokraten bei Latinos vorn – doch der Vorsprung schwindet
Harris hat hingegen nicht nur bei Schwarzen, sondern auch bei Latino-Wählern einen Vorsprung, wie Daten der US-Denkfabrik Pew Research zeigen. Allein Latinos machen demnach rund 36 Millionen der Wählerstimmen in den USA aus. Doch zuletzt schrumpfte dieser Vorteil: Harris‘ Zustimmungswerte liegen laut einer Umfrage von NBC/Telemundo/CNBC auf dem niedrigsten Stand eines demokratischen Kandidaten der vergangenen vier Präsidentschaftswahlen. 54 Prozent der Befragten entschieden sich für die Demokratin, 40 Prozent für den Republikaner. 2016, als Trump die Wahl gewann, lag er in der NBC-Umfrage bei nur 19 Prozent der Stimmen. 69 Prozent der Latinos gaben damals an, Hillary Clinton wählen zu wollen.
Umfragen stellen immer Momentaufnahmen dar. Dennoch können diese Erhebungen Trends deutlich machen – und die Tendenz ist klar: Trump gewinnt an Zustimmung unter den Latinos. Diesen Vorteil könnte womöglich Trumps eigene Kampagne zuletzt in Gefahr gebracht haben. Auf einer Wahlkampfveranstaltung der Republikaner hatte der Komiker Tony Hinchcliffe jüngst das US-Außengebiet Puerto Rico „eine schwimmende Insel aus Müll“ genannt und war auch mit weiteren rassistischen Äußerungen aufgefallen. Alleine im Swing State Pennsylvania leben etwa 500.000 Puerto-Ricaner. Ángel Cintrón, der Vorsitzende der Republikanischen Partei von Puerto Rico, kündigte aufgrund der Kontroverse bereits an, bei der US-Wahl nicht für Trump zu stimmen.
Indes baut Trump einer möglichen Niederlage rhetorisch schon vor. Bei einem Auftritt in Arizona sagte er: „Das Einzige, was uns stoppen kann, ist Betrug.“ Der Republikaner behauptete, er führe in allen Swing States, während Umfragen auf ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen hindeuten. Auch bei der US-Wahl 2020 hatte Trump, ohne Beweise vorzulegen, von Wahlbetrug in den USA gesprochen und seine Niederlage nicht akzeptiert. Er stachelte seine Anhänger in einer Rede dazu an, am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington, den Sitz des US-Kongresses, zu stürmen. In der Folge starben fünf Menschen. Vor der US-Wahl 2024 bedient er sich nun also erneut dieses Narrativs.