Joschka Fischer fordert stärkere Abschreckung gegen Russland – auch mit Atomwaffen
Grünen-Politiker Joschka Fischer verlangt einen anderen Ton gegen das Regime von Wladimir Putin in Russland. Der frühere Außenminister wird deutlich.
Berlin – Der frühere Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) hat in einem Interview eindringlich zu einer stärkeren atomaren Abschreckung der Europäischen Union gegenüber dem imperialistischen Russland Wladimir Putins geraten.
Zur Abschreckung Russlands: Joschka Fischer rät zu Atomwaffen für die EU
Der Grünen-Politiker, der zwischen 1998 und 2005 Außenminister war und damals auch mit Putin persönlich zu tun hatte, forderte die aktuelle Ampel-Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP weiter auf, für die abschreckende Aufrüstung der Bundeswehr und der EU notfalls auch die Schuldenbremse außer Kraft zu setzen. Mehr noch: Fischer brachte sogar eine verstärkte atomare Aufrüstung der EU in die Debatte ein.
Dazu müsste das Bündnis erstmal solche nuklearen Waffen anschaffen. „Sollte die Bundesrepublik Atomwaffen besitzen? Nein. Europa? Ja“, erklärte der 75-Jährige im Gespräch mit der Wochenzeitung Die Zeit: „Die EU braucht eine eigene atomare Abschreckung.“

Joschka Fischer: Grünen-Politiker fordert Aufrüstung Europas
Der Diplomat verwies in seiner Argumentation auf den Ukraine-Krieg, den Moskau im Februar 2022 völkerrechtswidrig begonnen hatte. „Die Ukraine ist für Europa und Deutschland von entscheidender Bedeutung. Die Putinsche Ideologie lautet: Die Macht entscheidet, nicht das Recht. Wenn sich dieses Denken durchsetzt, dann können Sie Europa vergessen. Insofern geht es um verflucht viel“, meinte Fischer, der unter dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder in einer rot-grünen Koalition Minister war.
Fischer erklärte in dem Interview weiter: „Was daraus zuallererst folgt, ist, dass wir Europäer aufrüsten müssen. Wir müssen unsere Abschreckungsfähigkeit wiederherstellen. Nein, mir gefällt dieser Gedanke überhaupt nicht und ich wüsste tausend andere Dinge, die ich lieber finanzieren würde. Aber es führt kein Weg daran vorbei. Solange wir einen Nachbarn Russland haben, der der imperialen Ideologie Putins folgt, können wir nicht darauf verzichten, dieses Russland abzuschrecken.“
Sollte die Bundesrepublik Atomwaffen besitzen? Nein. Europa? Ja.
Joschka Fischer: Ex-Außenminister wirft Wladimir Putin „nukleare Erpressung“ vor
In Richtung der aktuellen Ampel-Koalition meinte er: „Nur werden wir das nicht mit Schuldenbremse und ausgeglichenen Haushalten erreichen können.“ Fischer rechtfertigte seine Argumentation mit Verweis auf Drohgebärden aus dem Kreml.
„Die Welt hat sich verändert, Putin arbeitet auch mit nuklearer Erpressung. Ich hoffe, dass Amerika und Europa verbunden bleiben. Aber was wird sein, wenn Donald Trump wiedergewählt wird?“, sagte er: „Auch mit Blick auf dieses Szenario muss sich Europa die Frage ernsthaft stellen.“

Joschka Fischer: Grünen-Politiker verlangt „effektive Luftabwehr“ für die Ukraine
Priorität habe aber erst mal die „Abschreckungsfähigkeit im konventionellen Bereich. Das ist die Lektion, die uns die Ukraine lehrt. Die Ukraine braucht dringend eine effektive Luftabwehr“, erklärte Fischer der Zeit: „Und wir als Europa brauchen dringend eine effektive Luftverteidigung. Wir müssen das gemeinsam machen.“
Aus den Reihen der EU-Partner haben bislang ausschließlich die Franzosen Atomwaffen – laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI sind es 290 einsatzfähige Atomsprengköpfe. In Deutschland sind unter dem Prinzip der atomaren Teilhabe Atombomben der Amerikaner auf dem Luftwaffenstützpunkt Büchel gelagert. (pm)