Bescheid vom Amt kurz vor Weihnachten: Flüchtlinge sollen umziehen - Behörde moniert „untragbares Verhalten“
Ein paar Tage vor Weihnachten ordnete das Landratsamt an, dass eine Uffinger Flüchtlingsfamilie bis 4. Januar nach Wallgau umziehen soll. Der Grund: „untragbares Verhalten in der Unterkunft“. Nicht nur der Zeitpunkt sorgte beim Helferkreis für Unverständnis. Die Kreisbehörde zog den Bescheid zwar zurück, doch nun steht eine Verlegung nach Murnau im Raum.
Uffing – Es steht zu vermuten, dass das Thema Flucht und Zuwanderung auch heuer für Debatten sorgen wird. Schließlich stehen Europawahlen an. Diskussionen gibt es im Moment auch über eine Flüchtlingsfamilie, die in einer Unterkunft an der Bahnhofstraße in Uffing lebt.
Die Afghanen halten sich sich seit gut drei Jahren im Bundesgebiet auf und sind in Deutschland nicht anerkannt. „Die Familie hat lediglich ein Abschiebeverbot erhalten“, sagt Stephan Scharf, Sprecher des Landratsamts. „Bei der Familie handelt es sich aber dennoch um sogenannte Fehlbeleger.“ Vater und Mutter sind Mitte bis Ende 50, ein Kind ist volljährig, die anderen fünf sind zwischen 10 und 16 Jahre alt.
Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember, schickte die Kreisbehörde der Familie einen Bescheid. Demnach sollten die Afghanen bis 4. Januar nach Wallgau umziehen. An der Frage, ob das dortige Haus einsam liegt, scheiden sich die Geister. Das Landratsamt sagt Nein, Polina Hilsenbeck, die beim Uffinger Helferkreis aktiv und eine der Patinnen der Familie ist, spricht vom „Ortsrand, wo nur noch Wald ist“.
Behörde berichtet von Beschwerden
Aber wieso überhaupt das ganze Procedere? „Der Grund für die geplante Umverlegung der Familie ist ihr untragbares Verhalten in der Unterkunft in Uffing“, sagt Scharf. „Neben mehrmaligen Beschwerden der Nachbarn und Mitbewohner wurden in den letzten Jahren immer wieder Beschädigungen an Sanitäreinrichtungen verübt.“ So sei der Wasserhahn am Spülbecken abgerissen worden, der Abfluss verstopft und die Toilette defekt gewesen. „Auch ist die Familie seit Jahren nicht in der Lage, ihren Müll ordnungsgemäß zu trennen sowie auf Sauberkeit und Ordnung im Haus zu achten.“ Wiederholte Erklärungen des Unterkunftsbetreuers und der Fachfirma, die Reparaturarbeiten vorgenommen hat, haben laut Scharf leider nicht zum gewünschten Erfolg geführt. „Vielmehr wurde der Unterkunftsbetreuer von der Familie verspottet und angefeindet, so dass er sich nicht mehr traut, das Gebäude allein zu betreten. Die Eilbedürftigkeit der Verlegung ist daher dem Verhalten der Familie geschuldet.“ Auch die Interessen des Eigentümers müssten gewahrt werden, unterstreicht Scharf.
Hilsenbeck sieht die Dinge anders, spricht von einer „Häufung von interkulturellen Missverständnissen auf beiden Seiten“. Die Familie sei „gut eingebunden in Uffing“. Die Kinder gehen ihr zufolge in die Schule, werden zu Geburtstagsfeiern von Gleichaltrigen eingeladen, sind im Fußballverein und auch bei den interkulturellen Dorffesten aktiv. Auch die Dritte Bürgermeisterin Michaela Mück (Wir für Uffing) sagt, die Familie sei „gut integriert im Ort“. Bei der Gemeinde sind ihres Wissens keine Beschwerden eingegangen.
Für Unverständnis sorgt im Helferkreis, dass das Landratsamt den Umzugsbescheid, der dann zurückgenommen wurde, kurz vor Weihnachten verschickte. „Das finden wir alle mehr als unchristlich“, betont Hilsenbeck. Scharf räumt ein, dass der Termin „vielleicht nicht ganz optimal“ war. „Aber wir haben Handlungsbedarf gesehen.“ Die Familienmitglieder seien Muslime „und haben mit Weihnachten eher weniger zu tun“.
Die Kreisbehörde nahm den Bescheid am 2. Januar zurück, nachdem eine Anwältin interveniert hatte. Es handelte sich nach Scharfs Angaben um ein „falsches Formularmuster“, damit „gab es natürlich auch keine Grundlage dafür. Der verschickte Bescheid wäre nur bei einem laufenden Asylverfahren korrekt gewesen, was bei der Familie jedoch nicht vorliegt“. Die Sache mit dem falschen Bescheid „ist kein Ruhmesblatt“, gibt Scharf zu.
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Es soll noch ein Gespräch geben
Ob die Familie in Uffing bleiben kann, ist noch unklar. Das Landratsamt plant eine Verlegung nach Murnau in das ehemalige Hotel Ludwig, in dem es auch eine Security gibt. Hilsenbeck vom Uffinger Helferkreis bezweifelt, dass das eine gute Idee ist. Im Hotel Ludwig gebe es keine abgeschlossenen Einheiten. Hilsenbeck hielte es für „riskant“, die Familie in so eine große Unterkunft zu verlegen. Sie ist überzeugt: „Das Hin- und Herschieben bringt nichts.“ Ihr zufolge ist noch ein Gespräch mit den Beteiligten vorgesehen.
Die Unterkunft in Uffing stellt das Landratsamt zur Verfügung, um Obdachlosigkeit zu vermeiden. „Eigentlich wäre die Familie dazu verpflichtet, sich selber um geeigneten Wohnraum zu kümmern“, sagt Scharf. Laut Hilsenbeck tut sie dies. „Sie fahren in ganz Bayern umeinander. Es ist nicht so, dass die dahocken und nichts tun.“
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