Nach FPÖ-Wahlsieg: Österreichs Kanzler Nehammer bekundet „Freundschaft“ zu Meloni

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Nehammer schätzt Melonis „Konsequenz im Kampf gegen illegale Einwanderung“ und schweigt zu ihren antiliberalen Zügen. Ein Signal nach dem FPÖ-Wahlsieg?

Wien/Rom – Ein „spontanes Abendessen“ in Rom soll Österreichs konservativen Bundeskanzler Karl Nehammer und die strammrechte italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zusammengebracht haben. Nehammer schrieb auf X am vergangenen Wochenende von einer „Freundschaft“, die ihn mit der Meloni, die in ihrer Jugend dem Anführer der italienischen Faschisten Benito Mussolini huldigte, verbinde. Seit dem Sieg der FPÖ bei der Nationalratswahl Ende September versuchte Nehammer glaubwürdig zu vermitteln, dass er den rechtsradikalen FPÖ-Chef Herbert Kickl nicht zum Kanzler machen werde.

nehammer meloni eu
Sie haben sich gern: Österreichs Kanzler Nehammer und Italiens Ministerpräsidentin Meloni. © SAMEER AL-DOUMY/AFP

Nehammer will nach Wahl nicht mit Kickl koalieren, sieht aber „vernünftige Leute“ in der FPÖ

Ende September gewann die FPÖ mit knapp 29 Prozent der Stimmen die Wahl in Österreich. Doch abseits der ÖVP schlossen alle Parlamentsfraktionen eine Koalition mit der in den 1950er-Jahren von Altnazis gegründeten Partei klar aus. Nehammers Partei hingegen schloss lediglich eine Koalition mit Spitzenkandidat Kickl aus. Der Kanzler wurde insbesondere zum Ende des Wahlkampfes nicht müde zu betonen, dass es auch „vernünftige Leute“ in der FPÖ gebe. Namen nannte er keine. In drei Bundesländern regieren ÖVP-Landeshauptleute mit der FPÖ. Für seinen Kurs gegen Kickl holte sich Nehammer bereits Anfang Oktober die einstimmige Rückendeckung des Parteivorstandes.

Nach Österreich-Wahl: Bundespräsident verlangt Bekenntnis zur Demokratie von künftiger Regierung

Bis einschließlich Dienstag (8. Oktober) führt Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen, ehemaliger Parteichef der Grünen, noch Gespräche mit allen fünf Parteivorsitzenden. Bereits am Wahlabend hatte er angekündigt, dass er sich für eine Koalition einsetzen werde, die „Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft“ als „Grundpfeiler“ des Zusammenlebens in Österreich schützen werde. Dauerhaft – so die Einschätzung österreichischer Verfassungsjuristinnen – könne Van der Bellen eine FPÖ-Regierung nicht blockieren, sollte diese eine Mehrheit im Nationalrat finden.

Nehammer schätzt Melonis „Konsequenz im Kampf gegen illegale Einwanderung“

Noch stellt Nehammer sich gegen Kickl. Manch einer in linksliberalen Wien befürchtete zuletzt einen Machtwechsel innerhalb der ÖVP, der eine erneute, dritte Zusammenarbeit der beiden Parteien einleiten könnte. Das übliche Rezept der ÖVP-Spitze auf Herausforderer von rechts war es zuletzt, sich inhaltlich nach rechts ziehen zu lassen. Und so begründete Nehammer seine Wertschätzung für Meloni, die gerade an der parlamentarischen Demokratie Italiens sägt, mit ihrer „Konsequenz im Kampf gegen illegale Einwanderung und für einen soliden Schutz der EU-Außengrenzen“. Vor Italiens Küste ertrinken regelmäßig Geflüchtete und die Behörden behindern private Seenotretter.

Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stützt sich auf Meloni

Nehammer ist nicht der einzige europäische Konservative, der ein enges Verhältnis zu Giorgia Meloni pflegt. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen verließ sich bei der Umsetzung der bereits als potenziell menschenrechtswidrig kritisierten EU-Asylreform zuletzt auf die Stimmen Melonis im EU-Parlament und Rat. Im Parlament sitzt Melonis Partei „Fratelli d‘Italia“ in der Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“. Diese ist im Gegensatz zur Fraktion der FPÖ, „Patrioten für Europa“, nicht weniger antiliberal, aber klar für die Westbindung der EU. Wie Nehammers X-Post genau zu verstehen ist, werden die im Laufe des Oktobers anstehenden Sondierungsgespräche für Österreichs nächste Regierung zeigen. Den Posten des Parlamentspräsidenten will Nehammer der FPÖ bereits zugestehen.(kb)

Auch interessant

Kommentare