Kiezgrößen und Hobbits rüsten sich: „Über 100 Stunden Planung“

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Aus dem Lkw wird in den kommenden Wochen eine Hobbit-Höhle wie in den „Herr der Ringe“-Filmen. © Arndt Pröhl

Reichersbeuern und Greiling bereitet sich auf Faschingszug vor, der nur alle 10 Jahre stattfindet. Seit Wochen steht der Wagenbau im Fokus.

Reichersbeuern/Greiling – Die Vorbereitungen laufen seit einigen Wochen auf Hochtouren. Kein Wunder, immerhin rücken die Narren aus Reichersbeuern und Greiling bei der „Mutter aller Faschingszüge“ nur alle zehn Jahre mit ihren aufwändigen Gefährten nach Bad Tölz. Am 2. März ist es wieder soweit.

Für diesen geplanten jecken „Überfall“ muss freilich alles vorbereitet, und die Faschingswägen müssen mit sämtlichen Details fertig gebaut sein. Auch einen speziellen TÜV brauchen die Wägen, damit sie sich in den Zug einreihen dürfen. Dieser wird sich dann gegen 9 Uhr morgens von Reichersbeuern in Schrittgeschwindigkeit Richtung Tölz in Bewegung setzen.

Jeder Wagen hat ein anderes Thema

„Bisher haben wir knapp 40 Anmeldungen“, sagt Klaus Hochwind. Er ist der Vorsitzende des „Muafaz“-Komitees. Damit es keine Doppelungen gibt, müssen alle Wägen samt Themenideen bei ihm angemeldet sein. „Heuer gab es schon Gruppen mit dem gleichen Motto, aber die haben es dann untereinander ausgemacht, wer sich ein anderes aussucht“, erklärt Hochwind. Er lenkt sein Auto von der B472 in Richtung des Hofs der Forellenzucht von Martin Sappl. In ganz Reichersbeuern und Greiling werkeln derzeit jeden Samstag viele Männer an den Gefährten. „Manche haben ihren Hof zur Verfügung gestellt, andere arbeiten in einer Scheune, oder es ist Platz auf dem Hof von Firmen, bei denen am Samstag kein Betrieb ist“, meint Hochwind. Martin Sappl stelle den Platz zum Bauen gerne zur Verfügung. Er beteiligt sich auch selbst an dem Faschingswagen.

Thomas Rest (li.) und Benedikt Steinberger bauen an der Hobbit-Höhle. Der Fahrer kann nur durch das Loch nach vorne sehen.
Thomas Rest (li.) und Benedikt Steinberger bauen an der Hobbit-Höhle. © Arndt Pröhl

Für jeden Wagen gibt es einen Chef. Bei dieser Gruppe ist das Josef Forster. „Wir haben das Thema Herr der Ringe“, sagt er und legt sei Werkzeug beiseite. „Seit elf Wochen sind wir aktiv am Bauen, aber schon davor ging es natürlich um die Themenauswahl und Organisatorisches.“ Für den Faschingszug hat sich die Männergruppe extra einen Lkw gekauft. „Der hat zwar keinen TÜV mehr, aber für Fasching reicht es noch“, meint der Wagenchef lachend. „Der nötige TÜV für den Faschingszug achtet vor allem auf die Lenkung und Bremsen, und das funktioniert noch.“ Wie viel Geld die Gruppe für den Lkw ausgegeben hat, möchten die Männer nicht verraten. Nur so viel: Bis Anfang März soll aus dem Laster eine Hobbit-Höhle entstehen, inklusive dem „Sehenden Auge“ aus den Filmen. Bis dahin ist noch einiges zu tun.

Umklappbarer Mast: 100 Stunden Planung

„Wir arbeiten jeden Samstag von 9 bis 17 Uhr dran“, sagt Forster. Ganz ohne handwerkliches Know-How wäre es eine noch größere Herausforderung. „Wir haben den Vorteil, dass viele von uns Berufshandwerker sind.“ Ein Mechaniker, ein Schreiner und ein Elektriker bringen ihr Fachwissen mit ein. Für die Kostüme sei dann jeder selbst verantwortlich. „Da haben wir uns nur aufgeteilt, wer welche Figur darstellt. Ich bin zum Beispiel Baumbart“, erzählt Forster lachend und zeigt die Figur auf seinem Handy. „Und jeder unter 1,70 muss ein Zwerg sein“, scherzt Sappl.

Der Stahlmast muss umklappbar sein. An der Konstruktion tüftelte Martin Melf über 100 Stunden. Nun geht es mit Sebatsian Sigl ans Bauen.
„Der Mast muss umklappbar sein“, sagt Martin Melf (re.). Nun geht es mit Sebastian Sigl ans Bauen. © Arndt Pröhl

Wenige Fahrminuten weiter tüfteln einige junge Männer in einer Halle im Reichersbeurer Gewerbegebiet an einer Mastkonstruktion. Zwölf Meter hoch wird das Schiff, wenn der Mast steht. „Daher muss er auch umklappbar sein, dass wir durch Unterführungen durchkommen“, erklärt Martin Melf. Er ist Industriemechaniker und hat die Klappkonstruktion mit Elektromotor entworfen. „Da saß ich schon an die hundert Stunden dran, aber es macht ja Spaß.“ Was das Schiff genau darstellen soll, das bleibt bis zum Faschingszug das Geheimnis der Gruppe, die sich überwiegend aus Mitgliedern der Maiburschen zusammensetzt. „Bisher haben wir vor allem an Samstagen an dem Schiff gearbeitet, nach Neujahr müssen wir dann aber auch unter der Woche abends ran, sonst werden wir nicht fertig“, sagt Wagenführer Sebastian Sigl. „Ab jetzt beansprucht der Wagenbau eigentlich unsere komplette Freizeit.“

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Freilich machen es sich die Männer bei Arbeit auch mal gemütlich. Hie und da wird nebenher Bier getrunken, und freilich geht es auch nach getaner Arbeit an den Wochenenden oft feuchtfröhlich in den Scheunen, Hallen und Garagen her.

Gelenkbus mit Party-Erfahrung

Den Umbau eines Gelenkbusses hat sich eine alteingesessene Faschingstruppe auf die Fahne geschrieben. „Wir stellen das Thema Reeperbahn dar“, erklärt der Reichersbeurer Bürgermeister Ernst Dieckmann, der ebenfalls fleißig mitanpackt. Andreas Melf von der gleichnamigen Zimmerei hat dafür extra ein Bus-Carport an seine Halle gebaut. Aktuell kämpfe man vor allem mit der Elektronik im Bus. „Die will noch nicht ganz so, wie wir uns das vorstellen“, meint Melf. Bevor die Gruppe den Bus erworben hat, war er bereits als Partybus im Einsatz. Bei der Motto-Umsetzung sollen auch typische Kiezgrößen wie beispielsweise Olivia Jones gemimt werden. „Die Rollenvergabe steht noch aus“, sagt Dieckmann.

Ein Bus wird zur berühmtesten Partymeile Deutschlands umgebaut: Die Reeperbahn wird auch ein Thema beim Faschingszug sein.
Nach Hamburger Vorbild: Ein Bus wird zur berühmtesten Partymeile Deutschlands umgebaut. © Arndt Pröhl

Das Thema, so Melf, sei schön umzusetzen. „Außerdem passt es ja ganz gut. In Tölz ist abends ja nie was los. Da kommen wir mit Sankt Pauli eben zum Partymachen in die Stadt.“ Allzu politische Themen wollen die Wagenbauer aber nicht einbringen. „Da der Faschingszug nur alle zehn Jahre stattfindet, macht das auch keinen Sinn“, meint Hochwind. „Das mit der Nachtszene in Tölz ist auch eher nur eine kleine Neckerei“, ergänzt Melf augenzwinkernd. Denn in einem Punkt sind sich alle einig: „Die Gaudi steht im Vordergrund.“

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