Trotz Vandalismus am Marktplatz: Absage an Videokamera

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Nicht klar genug abgegrenzt: Laut Verwaltung ist eine Videoüberwachung von Kuh und Kälbchen in nächster Nähe von Märchenbrunnen und Maibaum am Marktplatz ein zu starker Eingriff. © Stefan Schweihofer

Die zweifache Beschädigung von Kuh und Kälbchen am Marktplatz hat Markus Seemüller dazu bewogen, eine Videoüberwachung zu beantragen. Doch die Vorfälle reichen nicht für eine Überwachung.

Nachdem die Kuh des lebensgroßen Figuren-Ensembles „Kuh & Kälbchen“ in der Nacht auf den 15. Mai laut Polizeibericht gegen 23 Uhr Opfer unbekannter Vandalen geworden war, hat Stadtrat Markus Seemüller (Freie Liste) in der Miesbacher Geschäftswelt Spenden gesammelt für einen Ersatz. Wie berichtet, war das Tier aus der Bodenverankerung gerissen worden. Bei diesem Sturz war ein Horn abgebrochen. Der irreparable Schaden belief sich auf 1100 Euro.

Mit den Spenden schaffte die Stadt eine neue Kuh an, doch auch diese wurde umgehend erneut umgerissen – diesmal ohne Schaden. Das war aber Grund genug für Seemüller, nach Rücksprache mit den Geschäftsleuten im Stadtrat eine Videoüberwachung des Figuren-Standorts in nächster Nähe zu Maibaum und Märchenbrunnen zu beantragen. Denn reagieren müsse man nach diesen beiden Vorfällen. Zudem gebe es „klare Täterhinweise“, ergänzte Seemüller, die er an die Polizei weitergegeben habe. Es sei notwendig, diese Leute dingfest zu machen. Auch sollte die Polizei mehr Präsenz zeigen.

„Erheblicher Eingriff“

Aus Sicht von Bürgermeister Gerhard Braunmiller (CSU) und der Verwaltung seien die rechtlichen Hürden für einen solchen Schritt aber zu hoch. Man habe beim Datenschutzbeauftragten nachgefragt, und der habe diese Maßnahme nur im Rahmen der Gefahrenabwehr eingeräumt. Zudem müsse der überwachte Bereich „klar umgrenzt“ sein. Problematisch sei auch die benachbarte Gastronomie, bei der viele Menschen – auch Kinder – datenmäßig erfasst würden. Und dies sei ein „erheblicher Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht“.

Im Sinne der Verhältnismäßigkeit, so führte Braunmiller weiter aus, müsse die Videoüberwachung auch das mildeste Mittel sein. Jedoch habe man weniger schwere Maßnahmen wie eine auf die Nacht beschränkte Beleuchtung per Bewegungsmelder nicht umgesetzt. Auch könne man die Figuren gegen Beschädigung versichern, aber das koste fast so viel wie eine neue Kuh. Braunmillers Fazit: „Das ist nicht verhältnismäßig.“

„Hängen wir da jetzt überall Kameras auf?“

Für Erhard Pohl (CSU) geht die Videolösung einen Schritt zu weit: „Ich bin nicht gegen die Kamera, aber man muss die Verhältnismäßigkeit abwägen.“ Beschädigungen seien immer ärgerlich, aber es seien schon andere Sachen wie die Klostermauer beschmiert worden. „Hängen wir da jetzt überall Kameras auf?“ Wenn schon, dann sei der Bedarf am Bahnhof größer „mit Gewalt und Körperverletzung“.

Mit Schrauben wurden die Figuren im Boden befestigt.
Mit Schrauben wurden die Figuren im Boden befestigt. © Stefan Schweihofer

Florian Perkmann (SPD) zeigte sich hin- und hergerissen. Einerseits gab er Pohl Recht, man solle nicht überreagieren. Andererseits müsse die Stadt auch Vandalismus Einhalt gebieten – „und zweimal hintereinander ist gezielter Vandalismus“. Zudem habe man gerade erst den neuen Abenteuer-Inklusionsspielplatz eröffnet, „der für alle erhalten werden soll“. Daher schlug Perkmann vor, die Videomaßnahme auf neun Monate zu begrenzen. „Wenn dann Ruhe ist, baut man die Kamera wieder ab.“ Seine Erfahrung aus dem Oberlandcenter, das ebenfalls längere Zeit vom Vandalismus geplagt war: „Wenn man den Urheber gefasst hat, minimieren sich die Fälle.“

Was Geschäftsleiter Gerhard Führer aber kategorisch ausschloss: „Wir dürfen das nicht. Weil der Raum nicht abgrenzbar ist.“ Das sei keine Ansicht der Stadt, sondern eine Fachauskunft vom externen Datenschutzexperten. Und die gelte es zu beachten.

„Wieso geht das dann in München?“

Was Florian Hupfauer (FDP) und Florian Ruml (FL) nicht so einfach hinnehmen wollten. „Wieso geht das dann in München?“, wollte Hupfauer wissen. Und Florian Ruml (FL) zweifelte das Datenschutzbedürfnis an: „Die Aufzeichnungen werden 48 bis 72 Stunden aufbewahrt und nur bei einem Vorfall von einer Person der Stadt gesichtet, die zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.“ Doch auch die zeitliche Befristung ändere laut Braunmiller nichts an der Situation. 

Da es letztlich um mehr Präsenz in der Nacht geht, brachte Manfred Burger (Grüne) die 2023 in Miesbach gestartete Sicherheitswacht der Polizei ins Spiel. Auch ein Bewegungsmelder sei ein sinnvoller Ansatz, nicht aber die Videokamera. „Wer so etwas gezielt macht, verkleidet sich dann halt“, stellte er fest.

Der Vandalismus hat in Miesbach laut Verwaltung in den vergangenen sechs Monaten zugenommen. Nicht nur Kuh und Kälbchen waren zuletzt betroffen. So wurden offenbar auch festbetonierte Bank am AOK-Parkplatz herausgerissen und eine Tür an der WC-Anlage am Habererplatz eingetreten. „Vielleicht könnten auch die Miesbacher Bürger etwas genauer hinsehen“, regte Paul Fertl (SPD) an. Der Start mit einem Bewegungsmelder könne ein guter Anfang sein, „und dann sehen wir weiter“.

Bei vier Gegenstimmen wurde der Antrag auf Videoüberwachung abgelehnt. Eine nächtliche Beleuchtung via Bewegungsmelder wird aber geprüft.

ddy

Ein „Kuh-R-Code“ für Kuh und Kälbchen

Kuh und Kälbchen stehen nicht nur zur Dekoration seit 2018 auf dem Miesbacher Marktplatz. Vielmehr stellen sie den Bezug zur Viehzuchttradition der Kreisstadt her. Darauf verwies erneut Markus Seemüller (FL) im Stadtrat: „Das Fleckvieh hat eine prägende Bedeutung.“ Deshalb schlug er vor, eine Infotafel aufzustellen, um Besuchern und Touristen die Hintergründe zu erklären. In der Zwischenzeit wurde die Kuh mit einem QR-Code versehen, der auf die entsprechende Online-Seite der Alpenregion Tegernsee Schliersee verlinkt.

Per QR-Code gibt es Infos über die traditionsreiche Viehzucht in Miesbach.
Per QR-Code gibt es Infos über die traditionsreiche Viehzucht in Miesbach. © Stefan Schweihofer

Paul Fertl (SPD), der zusammen mit Astrid Güldner (Grüne), Seemüller und Dirk Thelemann (CSU) bis zur Eröffnung des umgestalteten Marktplatzes im Juli 2018 den Arbeitskreis Marktplatz bildete, freute sich sehr darüber, dass das anfangs vielfach abgelehnte Figuren-Ensemble jetzt „liebevoll Kuh und Kälbchen genannt wird. Mittlerweile ist das eine Attraktion, bei der man Schlange steht, um Fotos zu machen.“

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