„Ich fühle mich heute so frei wie noch nie“ – Auswanderin (58) erzählt

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„Ich kann erst jetzt ermessen, was es heißt, in Freiheit zu leben“, sagt Christl Wein-Engel, die mit ihrem Mann in der Toskana einen Neustart wagte. © Wein-Engel

Ihre neue Heimat ist in Santa Maria di Ciciano zwischen Siena und Maremma in der Toskana: Christl Wein-Engel ist im März 2022 mit ihrem Mann Freddy Engel nach Italien ausgewandert und hat ein völlig anderes Leben begonnen. Im Interview spricht die 58-Jährige, die zehn Jahre in Etting wohnte, über ihre Erfahrungen.

Frau Wein-Engel, wie kann man sich Ihr heutiges Leben vorstellen, wie sieht Ihr Alltag aus?

Wir haben einen Agriturismo mit vier Hektar Land, Oliven- und Walnussbäumen und vermieten dort zwei Ferienhäuser, wobei es sich um ein Übernachtungsangebot für Selbstversorger handelt. Vor allem in den Sommermonaten muss ich präsent sein, um Gäste zu empfangen und zu verabschieden. Wir haben Helfer, die bestimmte Aufgaben übernehmen, wie die Hausreinigung und das Rasenmähen. So habe ich auch Zeit, um zum Beispiel ans Meer zu fahren oder meine künstlerische Tätigkeit im Winter – als Bühnenbildnerin für Oper und Theater – vorzubereiten. Ich bin außerdem als Visionscoach und Hypnosetherapeutin tätig, das mache ich auch telefonisch oder per Onlinemeeting und auch schon auf Italienisch.

Besuch in Weilheim
Zu Besuch in Weilheim: Christl Wein-Engel (l.) im Gespräch mit Redakteurin Stephanie Uehlein. © Katrin Kleinschmidt

Was macht für Sie besonders den Unterschied zu früher aus?

Ich kann erst jetzt ermessen, was es heißt, in Freiheit zu leben, auch weil man sich nochmals wie neu erfinden durfte. Auszuwandern war ein extrem mutiger, aber bereichernder Schritt. Es war einfach alles neu – so wie man es als Kind erlebt –, und das ist großartig. Ich fühle mich heute so frei wie noch nie in meinem Leben. Ich habe auch Menschen kennengelernt, die genau zu meiner jetzigen eigenen Entwicklung passen, und ich habe viele neue Freundschaften geschlossen.

Was hat Sie zum Auswandern bewegt?

Vor allem wollten wir unseren Horizont erweitern, aber es gab mehrere Faktoren. Als während der Coronaphase für uns Künstler nichts mehr ging, standen wir beide – mein Mann ist Musiker – gefühlt mit dem Rücken zur Wand, obwohl wir in der Zeit auch die herrliche Umgebung in Oberbayern genossen haben. Als meine Eltern starben, was sehr schmerzlich für mich war, habe ich geerbt. Und da wir auch Schwierigkeiten mit den Nachbarn hatten, haben wir uns gefragt: Wann auswandern, wenn nicht jetzt? Wir wollten frei sein. Innerhalb von zwei Wochen bekamen wir – wir waren schon lange Italien-Liebhaber – dann ein tolles Immobilienangebot in der Toskana. Das haben wir sofort genutzt und so aus einer schwierigen Situation Gold gemacht. Es war eine magische Entwicklung.

In Santa Maria di Ciciano vermieten die Auswanderer auch an Feriengäste.
In Santa Maria di Ciciano vermieten die Auswanderer auch an Feriengäste. © Wein-Engel

Haben Sie in der Toskana auch Kontakt zur örtlichen Bevölkerung?

Ja, nach einem halben Jahr in dem kleinen Dorf in Italien waren wir integrierter als nach zehn Jahren im oberbayerischen Dorf. Die Italiener sind sehr herzoffene, willkommen heißende Menschen. Wir fühlen uns angenommen und wohl. Um den Vergleich zwischen den beiden Orten geht es aber eigentlich gar nicht – wir hatten auch in Etting schöne Freundschaften –, sondern es geht um unsere Selbstverwirklichung: Lebe deinen Traum!

Vermissen Sie in Ihrer neuen Heimat etwas?

Brezen und deutsche Butter. Von unserem Grundstück in Alleinlage sind wir in zehn Minuten zu Fuß im Dorf, wo man ansonsten alles bekommt, was man für ein Dolce Vita braucht.

Werden Sie dauerhaft in Italien bleiben?

Ja, ich habe aktuell keinen Gedanken ans Zurückkehren. Man ist in der Toskana ja auch nicht aus der Welt. Von uns aus sind es siebeneinhalb Stunden Autofahrt zu meinem Sohn und Enkel in Murnau. Ich komme aber, weil ich in Italien so glücklich bin, nicht so oft nach Bayern. Im Winter bin ich allerdings wegen meiner Theaterprojekte öfter da; ich arbeite zum Beispiel für die Kammerspiele in München. Das Leben in Santa Maria di Ciciano ist aus meiner Sicht sehr gesund. Wir haben Nahrungsmittel direkt aus der Erde. Und es gibt so viel Sonnenschein, was mir einfach auf allen Ebenen gut tut.

Machen Sie noch Musik, sie sind ja früher mit der „Faryk㈠ten Kapelle“ aufgetreten?

Ja, wir machen natürlich weiter Musik, aber öffentlich spielen wir in der Toskana nur sehr wenig. Wir spielen zum Beispiel mal in einer Bar am Strand oder auf einem Fest, aber die Band gibt es so nicht mehr. Geldverdienen mit Musik ist bei uns in Italien noch schwieriger als in Deutschland.

Haben Sie denn noch Träume oder Pläne, die Sie umsetzen möchten?

Ja, ich habe viele Träume und Pläne. Ich möchte Santa Maria di Ciciano – es ist aus meiner Sicht ein Heilort – in seiner Schönheit und mit seiner hochenergetischen Schwingung zur Blüte bringen und dort Menschen anziehen, die diese Eigenschaften wahrnehmen. Es ist ein Platz im Herzen der Toskana – im Naturschutzgebiet gelegen und mit Panoramablick –, an dem man die Seele baumeln lassen kann, ein Begegnungsort für kreative und feinschwingende Menschen.

Mehr Informationen zu Christl Wein-Engels neuem Domizil in Santa Maria di Ciciano: www.toskanalove.de.

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