Der neue Stadtpfarrer erobert die Herzen der Weilheimer

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Beim Stehempfang im Pfarrheim Miteinander nach dem festlichen Gottesdienst suchten viele Gläubige das Gespräch mit dem neuen Weilheimer Stadtpfarrer Paul Igbo. © Tim Schauff

Großes Hallo für den neuen Stadtpfarrer: Mit einem festlichen Gottesdienst wurde Paul Igbo am Sonntagabend offiziell in sein Amt als Leiter der katholischen Pfarreiengemeinschaft Weilheim eingeführt. Dabei flogen dem 47-Jährigen die Sympathien förmlich zu.

Weilheim – Ach, diese Uhr! Dass über dem Altarraum der Weilheimer Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt ein großer Zeitmesser prangt, der den Gottesdienstbesuchern stets anzeigt, wie lange gepredigt wird – „wie kann man so was nur machen?“, wundert sich der neue Stadtpfarrer Paul Igbo. Und zitiert ein Bonmot aus seiner alten Heimat: „Ihr Europäer habt Uhren, aber wir Afrikaner haben Zeit...“

Tatsächlich nahmen sich Igbo, der 1978 in Nigeria geboren wurde und seit 2009 in Deutschland tätig ist, und alle weiteren Mitwirkenden am Sonntagabend viel Zeit: Zweieinhalb Stunden dauerte der feierliche Gottesdienst zur Amtseinführung des 47-Jährigen als Leiter der Pfarreiengemeinschaft Weilheim. Und es war keineswegs so, dass die vielen hundert Besucher in der gesteckt vollen Kirche ständig auf die Uhr geschaut hätten. Dafür war viel zu viel Freude und Herzlichkeit zu erleben.

Eine bayerische Uhr für den in Nigeria geborenen Stadtpfarrer Paul Igbo – aus besonderem Grund

Der neue Stadtpfarrer, zur Kirche begleitet von der Stadtkapelle, zog mit Fahnenabordnungen Weilheimer Vereine und Verbände, mit vielen Ministranten und rund 30 Amtskollegen – darunter auch Weilheims evangelische Geistlichkeit – zum Gottesdienst ein. Und schon dabei brandete Beifall auf unter den Gläubigen. „Ich glaube, Du hast schon die Herzen der Weilheimer erobert“, sagte Norbert Moy, Vorsitzender des Gesamtpfarrgemeinderates, in seiner Begrüßung. Sein Geschenk nahm die Sache mit der Uhr in der Kirche auf: Igbo bekam eine bayerische Wanduhr, bei der die Zeiger gegen den Uhrzeigersinn laufen. Das sei ein schönes Zeichen für alle, „dass man manchmal die Sehgewohnheiten ändern und neue Perspektiven entwickeln muss“, so Moy. Und an den Seelsorger appellierte er damit: „Nimm dir auch Zeit für dich, auf dass wir lange einen gesunden Pfarrer haben.“

Randvoll besetzt war die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt am Sonntagabend beim feierlichen Gottesdienst zur Amtseinführung des neuen Stadtpfarrers Paul Igbo.
Randvoll besetzt war die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt am Sonntagabend beim feierlichen Gottesdienst zur Amtseinführung des neuen Stadtpfarrers Paul Igbo. © Tim Schauff

Dekan Georg Fetsch aus Peißenberg oblag es, Weilheims neuem Stadtpfarrer die liturgischen Orte zu übergeben: Symbolisch schritten sie gemeinsam den Taufstein, den Beichtstuhl, den Ambo, den Altar und den Priestersitz in der Kirche ab und sprachen dort jeweils ein Gebet. Zum Einführungsritual gehörten auch die Befragung zur Bereitschaft des Pfarrers (etwa dazu, den Notleidenden zu helfen) und die Überreichung der Ernennungsurkunde. Dazu kam auch das gesamte Pastoralteam der Pfarreiengemeinschaft in den Altarraum.

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„Ich spüre eure Begleitung“, zeigte sich Igbo dankbar und schloss in sein „Vergelt‘s Gott“ auch Weilheims Stadtrat ein, der nach altem Recht jedes zweite Mal ein Vorschlagsrecht für die Besetzung der Stadtpfarrerstelle hat – und diesmal wieder an der Reihe war: „Sie haben nicht auf meine Hautfarbe, nicht auf meine Herkunft geschaut, das weiß ich zu schätzen“, dankte der unter mehreren Bewerbern Ausgewählte.

Für Stadtpfarrer Paul Igbo steht fest: Kirche muss „ein Herz haben für alle“

Dann erst begann der eigentliche Gottesdienst an diesem Kirchweihsonntagabend, der von Orgel, Trompete, Kirchen- und Kinderchor festlich umrahmt und von zahlreichen Ehrengästen mitgefeiert wurde. Neben vielen hiesigen Stadtratsmitgliedern, der Landrätin samt Stellvertreter, allen Kirchenverwaltungen und Pfarrgemeinderäten waren auch Lokalpolitiker und an die 100 Gläubigen aus Igbos vorheriger Wirkungsstätte gekommen, der Pfarreiengemeinschaft Karlshuld bei Schrobenhausen. Ebenso der Vorstand seines Fördervereins „Tar kar Ada“ (Bildung für Afrika).

In seiner Predigt skizzierte Paul Igbo sein Selbstverständnis als Priester. Er wolle ein Seelsorger sein, „der den Menschen mit offenem Ohr und mitfühlendem Herzen auf Augenhöhe begegnet“, der Not wahrnehme und sich zuwende. Ein Pfarrer㈠wechsel bedeute für alle Beteiligten „ein Wechselbad der Gefühle“, so der 47-Jährige: „Aber was soll sich eigentlich ändern, sagt mal?“ Das Evangelium sei „immer dasselbe“ und ändere sich nicht. Er wolle in Weilheim aufbauen auf die Arbeit seines Vorgängers Engelbert Birkle: „Er hat viel Tolles hier begonnen, das muss weitergemacht werden.“

Die Kirche beschrieb der neue Stadtpfarrer als „Werkzeugkiste Gottes“ – und eine solche Kiste hatte er denn auch vor den Altar gestellt. Es brauche in der Kirche all die verschiedenen Werkzeuge, vom schweren Hammer über den feinen Pinsel bis zum verbindenden Kleber, so übertrug Igbo die Symbolik auf den Menschen. Und er betonte: „Zukunftschancen hat unsere Kirche nur, wenn wir ein Herz haben für alle.“ In der Gemeinde müsse „jeder seinen Platz haben“, und sein persönliches Motto laute „Leben und leben lassen“.

Er freue sich auf „nigerianische Gelassenheit“, sagte am Ende des Gottesdienstes in einem Grußwort Weilheims evangelischer Dekan Jörg Hammerbacher. Und fügte an: „Ökumene ist keine Pflichtaufgabe in Weilheim, Ökumene macht hier Freude. Und die ersten Begegnungen lassen mich ahnen, dass es auch mit dir Freude macht.“ Bürgermeister Markus Loth zeigte sich „überzeugt, dass wir mit Ihnen eine gute Wahl getroffen haben“, und erläuterte die Geschichte des wechselnden Vorschlagsrechts. Die Erwartungen an einen Pfarrer seien vielfältig und groß, die Stadt wolle ihm dabei „eine gute Verbündete“ sein, sagte der Rathaus-Chef und überreichte ein „Weilheimer Schatzkästchen“, um dem Seelsorger „den Anfang zu versüßen“.

Igbo dankte jeweils mit herzlichen Umarmungen, ehe es zu einem Stehempfang mit vielen persönlichen Begegnungen im rappelvollen Pfarrheim Miteinander ging. „Wenn ihr wollt, dass ich euren Namen schnell kenne“, so hatte der neue Stadtpfarrer zuvor noch augenzwinkernd verkündet, „dann ladet mich zum Essen ein. Ich komme gern zu euch. Und keine Angst, ich bin auch nicht hoakel“ – wie er auf gut Bairisch für „wählerisch“ sagte.