Minister Aiwanger in Weilheim: Viel Applaus für viel Polemik
Hubert Aiwanger wetterte in der Weilheimer Hochlandhalle beim BBV-Aktionstag gegen die Ampel-Pläne.
Weilheim – Noch bevor er ein Wort gesagt hatte, gab es lauten Applaus und sogar ein kurzes Geburtstagsständchen für ihn: Hubert Aiwanger, am gestrigen Freitag 53 Jahre alt geworden, hatte ein Heimspiel bei seinem Auftritt in der Weilheimer Hochlandhalle vor rund 600 Landwirten. Und der bayerische Wirtschaftsminister, stellvertretende Ministerpräsident und heimliche Landwirtschaftsminister wusste, was die Besucher beim Aktionstag gegen die Ampel-Pläne von ihm erwarten: Wettern gegen „die da oben“ und schimpfen über „Ideologen in Berlin“, die dafür sorgen, „dass das Land den Bach runter geht“.
Die meisten Aussagen Aiwangers sind den Besuchern bekannt, schließlich hat er in den vergangenen Wochen auf dutzenden von Veranstaltungen gesprochen, bei denen die Landwirte gegen den Abbau ihrer Steuervergünstigungen protestiert haben. Aiwanger gibt sich dabei den Landwirten gegenüber nicht als Minister, sondern als einer der Ihren, der weiß, wo sie der Schuh drückt.
Die Grünen sind quasi an allem schuld
Rhetorisch geschickt und bei Bedarf lautstark schiebt Aiwanger der Ampel, vor allem den Grünen, sämtliche Schuld an den seit Langem bekannten Problemen der Landwirtschaft in die Schuhe, obwohl die Regierung gerade einmal zwei Jahre im Amt ist. Unerwähnt bleibt zum Beispiel, dass der Koalitionspartner der Freien Wähler, die CSU, zwischen 2005 und 2018 den Bundeslandwirtschaftsminister stellte.
Die Besucher reagieren mit tosendem Applaus auf Aiwangers Polemiken wie jener, „dass die Grünen eine Kuh nicht von einem Schwein unterscheiden können“. Natürlich wissen die Landwirte die Aussagen als populistisch einzuschätzen. sie beklatschen nicht den Inhalt, sondern die Form – es herrscht Bierzeltatmosphäre in der Hochlandhalle. Das bestätigt auch ein Bio-Landwirt aus dem Raum Landsberg, der zur Kundgebung gekommen ist: Die geplante stufenweise Abschaffung der Agrardieselrückvergütung mache bei ihm pro Jahr 400 bis 500 Euro aus. „Das ist ein kleiner Posten, aber das Schlimmste ist die Bürokratie, die macht uns allen zu schaffen“, sagt er und zeigt mit Daumen und Zeigefinger einen Abstand von rund zwei Zentimetern – so dick seien die Formulare, die allein wegen der Rückvergütung ausgefüllt werden müssten. Der geplante stufenweise Abbau der Subvention habe dann das Fass zum Überlaufen gebracht, vermutet der Landwirt. Deshalb seien die Proteste so massiv.
CSU will jetzt Bürokratie abbauen
Zurück zu der von den BBV-Kreisverbänden Garmisch-Partenkirchen, Weilheim-Schongau und Starnberg organisierten Veranstaltung: Da wettert Aiwanger unterdessen genauso hitzig gegen Wärmepumpen wie gegen neue Naturparks. Letzteres würden dazu führen, dass die Eichenwälder im Freistaat verschwinden, wenn der Eichenprachtkäfer ungehindert wüte. Belege dafür bleibt der Minister – wie so oft – schuldig. Für ihn steht fest: Der Wald wird von den Grünen kaputt gemacht.
Selbst wenn der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, wie er, den Abschuss des Wolfes befürwortet, gibt es Kritik: In Wirklichkeit, so Aiwanger, wolle Özdemir das ja gar nicht, seine Juristen im Ministerium werden das bestimmt zu verhindern wissen, vermutet er.
Im Schatten von Aiwanger steht die zweite Rednerin, die CSU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Petra Högl. Sie kritisiert, dass „die drei Herren von der Ampel“ nicht auf Augenhöhe mit den Bauern verhandeln. Im Freistaat habe man nun einen Praktiker-Rat einberufen, der sich für Bürokratieabbau in der Landwirtschaft einsetzen soll, so Högl, die auch einräumt, „dass in der Vergangenheit nicht alles rund gelaufen ist“. Ruhig verlaufen ist die Veranstaltung insgesamt: Obwohl viele Landwirte mit ihren Traktoren zur Hochlandhalle fuhren, kam es laut Polizei zu keinen größeren Behinderungen in der Stadt.
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