Ausgesperrt - Penzberger Vereine können sich Training im neuen Familienbad „Piorama“ nicht leisten

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Wegen der Nutzungsgebühren von 100 Euro pro Bahn und Stunde ist das „Piorama“ für einige Vereine derzeit noch tabu. Die SG Oberland etwa kann sich die Gebühren nicht leisten. © Seliger

Während einige Vereine bereits im neuen „Piorama“ trainieren, beklagt die SG Oberland die hohen Gebühren, die die Stadtwerke für die Nutzung des Hallenbades verlangen. Andere warten noch auf Zuschuss-Zusagen der Stadt. Doch ob es überhaupt für alle Zuschüsse zur Schwimmbad-Nutzung geben wird, ist noch offen.

Penzberg – 100 Euro pro Bahn und Stunde: Das ist die Gebühr, die die Stadtwerke laut Wolfgang Kling, dem ersten Vorsitzenden der SG Oberland verlangt, wenn Vereine das neue Familienbad „Piorama“ nutzen möchten. Im Herbst vergangenen Jahres –also noch vor der Eröffnung des Schwimmbads – hätten Vertreter der Stadt sowie der Stadtwerke die betroffenen Vereine, die bis zur Schließung 2019 im ehemaligen Wellenbad trainiert hatten, über die künftigen Nutzungsgebühren informiert. Neben Klings Schwimmverein sind das unter anderem die Wasserwacht, der TSV oder der Rehasportverein sowie Schulen und Vereine umliegender Ortschaften.

SG Oberland fordert gleiche Nutzungsbedingungen, wie sie 40 Jahre lang galten

Doch den aufgerufenen Betrag könne die SG Oberland nicht stemmen, beklagt Ingo Krüger, der im Verein für die Finanzen zuständig ist. Um den Nachwuchs sowie die Sportschwimmer gut trainieren zu können, müsste die SG Oberland an mehreren Tagen ins Becken und dort mehrere Bahnen belegen. Summa summarum wären das etwa 2000 Euro pro Woche, hat Krüger ausgerechnet. Angesichts des aktuellen Jahresetats von etwa 16 000 Euro wäre sein Verein, dem derzeit rund 170 Mitglieder angehören, „nach acht Wochen pleite“, hat Vorstandsmitglied Jakob Schachtschneider ausgerechnet. Um die geforderten Gebühren bezahlen zu können, müssten die Mitgliedsbeiträge „vervielfacht“ werden. Doch das sei keine Option, sagt Kling. Denn dann würden alle passiven Mitglieder – das seien etwa die Hälfte der Gesamtmitglieder – austreten. „Außerdem hat der Verein eine soziale Aufgabe.“ Mit gestaffelten Mitgliedsbeiträgen würden vor allem kinderreiche Familien unterstützt, dem Nachwuchs Vereinssport zu ermöglichen. Kling, der einst das Bürgerbegehren gegen den Hallenbad-Neubau mitinitiiert hatte, hat eine klare Forderung: „Wir wollen die gleichen Trainingszeiten zu den gleichen Bedingungen, wie wir es 40 Jahre hatten.“ Der einstige Bürgermeister Kurt Wessner habe noch dafür gesorgt, dass die 1960 gegründete SG Oberland gar nichts für die Badnutzung zahlen musste. Dabei sei es bis zum Abriss des Wellenbades auch geblieben, so Kling, der kritisiert, dass die Stadt ein viel zu teures Bad neu gebaut habe, worunter jetzt Vereine leiden müssten.

Während der Bauphase des „Piorama“ habe die Stadt die Busfahrten des Vereins in andere Bäder der Region sowie die dortigen Eintrittsgelder bezuschusst. „Seit Januar ist das aber nicht mehr so“, sagt Krüger. Nun gibt es ja wieder ein Hallenbad in Penzberg.

Die Gebühren verschiedener Hallenbäder der Region im Vergleich

Wie viel sie in verschiedenen Schwimmbädern der Region bezahlen, wenn sie ihr Training dort abhalten, hat die Vorstandschaft der SG Oberland recherchiert.
Demnach müsste der Verein im Penzberger „Piorama“ 750 Euro bezahlen, wenn sie hier eineinhalb Stunden trainieren, und während dieser Zeit fünf Bahnen belegen.
Im Hallenbad Weilheim würden die Gebühren für die gleiche Trainingszeit und die Nutzung von fünf Bahnen laut Wolfgang Kling dagegen nur 60 Euro betragen.
Im Kochler Trimini müsse die SG Oberland nach Angaben des Vereins für zwei Bahnen und eine Trainingszeit von zwei Stunden insgesamt 30 Euro bezahlen.

Weil ihr die Gebühren in Penzberg zu hoch sind, fährt die SG Oberland weiterhin zum Training in die Hallenbäder nach Weilheim oder Kochel, wo die Gebühren geringer seien (siehe Kasten). Buskosten und Eintrittsgelder müsse der Verein selbst bezahlen. Doch die weite Fahrt zum Training zu sehr frühen oder späten Uhrzeiten würden vor allem Eltern jüngerer Kinder problematisch sehen. Die Nachfragen, wann endlich wieder in Penzberg trainiert werden, häufen sich, sagt Kling. Dauerhaft würden das Auswärtstraining viele nicht mitmachen.

Mitgliederverluste befürchtet

Alle in der Vorstandschaft befürchten darum Mitgliederverluste. „Der Verein ist in seiner Existenz bedroht“, betont Kling. Allein während der Bauphase habe man rund 200 Mitglieder verloren. Dabei gebe es eigentlich genug Nachwuchs. Allein bei den Kindern gebe es eine Warteliste mit rund 30 Namen. Doch um diesen Schwimmnachwuchs aufnehmen zu können, brauche der Verein nicht nur geringere Hallenbad-Gebühren. Man brauche auch mehr Trainingszeiten, als von den Stadtwerken zur Verfügung gestellt würden. Immerhin, betont Kling, sei die SG Oberland vor einigen Jahren sportlich sehr erfolgreich gewesen. „Unser Verein war in Bayern bei den zehn besten Clubs.“ Sogar eine Olympiateilnehmerin habe die SG Oberland in ihren Reihen gehabt. Doch um an derartige sportliche Erfolge anknüpfen zu können, bräuchten die Wettkampfschwimmer mehr Trainingszeiten. „Die Bedingungen wären ideal in Penzberg“, so Kling. Und: „Ein bisschen was können wir ja auch zahlen“, räumt Schachtschneider ein.

Penzberger Wasserwacht trainiert noch auswärts

Auch die Penzberger Wasserwacht hält ihr Training noch nicht im „Piorama“ ab. Wie Vorsitzender Christian Seiderer sagt, fahre man einmal pro Woche ins Schwimmbad nach Bad Tölz, – zumindest mit den Kindern. „Für die Erwachsenen sieht es derzeit mit Training schlecht aus“, so Seiderer. Wegen der Gebühren befinde man sich noch „in Verhandlungen“ mit der Stadt und den Stadtwerken. Denn auch die Rettungsorganisation könne die geforderte Gebühr nicht bezahlen. Seiderer hofft, dass die Stadt das Training schon bald mit Fördergeldern unterstützt. „Wenn nicht, hätten wir echte Probleme.“ Auch Andrea Brandl hängt mit ihrer Schwimmschule noch in der Luft. Sie habe sich bereits vor Monaten beworben, damit sie ihre Schwimmkurse – so wie früher im Wellenbad – nun im „Piorama“ abhalten darf, so die Penzbergerin. Bisher habe sie keine Antwort von Stadt oder den Stadtwerken erhalten. Derzeit fährt auch sie mit ihren Schwimmschülern ins Kochler Trimini. Viele Penzberger Eltern würden aber zunehmend ungeduldig und wünschten sich ein Training im „Piorama“.

Darsteller bei einem Faschingsumzug
Die Penzberger Wasserwacht machte beim Gaudiwurm im Februar öffentlich auf ihre Situation aufmerksam. Weil sie sich das neue Hallenbad nicht leisten kann, soll ein Planschbecken künftig als Ausbildungszentrum dienen. © Seliger

Ulrike Franz, die Bad-Beauftragte der Stadtwerke, erklärte dazu auf Nachfrage, dass einige Vereine bereits im „Piorama“ trainieren. Sie nannte den TSV Penzberg, den TSV Benediktbeuern und den Rehasportverein. Diese Vereine würden die gleiche Gebühr bezahlen, wie sie auch für die SG Oberland und die Wasserwacht verlangt werde. Auch die Schulen nutzten das Bad. Die Gebühren von 100 Euro pro Bahn pro Stunde für den Vereinssport zu reduzieren, komme nicht in Frage. Aus Gründen der Gleichbehandlung müssten alle das Gleiche bezahlen. „Wir müssen einen wirtschaftlichen Betrieb darstellen und dürfen nicht mit zweierlei Maß messen.“ Als Lösung verweist Franz auf die Stadt, die Zuschüsse für die Vereine gewähren könnte.

Über Zuschüsse für Vereine ist noch nicht entschieden

Im Rahmen der derzeit laufenden Haushaltsberatungen habe es bereits Gespräche darüber gegeben, sagt Bürgermeister Stefan Korpan. Derzeit könne er aber noch nicht sagen, in welcher Höhe es Zuschüsse geben wird. Angesichts der Haushaltslage sei auch nicht auszuschließen, dass es gar keine geben werde. Immerhin handle es sich dabei um freiwillige Leistungen der Stadt. „Ich gehe aber davon aus, dass man eine Lösung findet.“ In jedem Fall würden alle Vereine gleich behandelt, betont Korpan. Mit einer Ausnahme: Die Wasserwacht als Rettungsorganisation, die auch Dienst an den städtischen Badeplätzen leiste. Sie werde „auf jeden Fall“ bezuschusst. Klarheit werde es voraussichtlich im April geben. Dann soll der Haushalt beschlossen werden. Und was die Mittelschule betrifft, für die die Stadt Sachaufwandsträger ist: Hier seien die Kosten für den Schwimmsport im schulinternen Haushalt eingeplant.

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