Streit um Swimming-Pool in Obersöchering

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Ein Swimming-Pool ist Stein des Anstoßes bei einem Nachbarschaftsstreit in Obersöchering. © Symbolfoto: bsw/gms

Ein privater Swimming-Pool, der über die Baugrenzen hinaus errichtet wurde, sorgt in Obersöchering für einen Nachbarschaftsstreit. Der Gemeinderat hat nun nachträglich eine isolierte Befreiung von den baulichen Vorgaben erteilt. Eine Wortmeldung des Vize-Bürgermeisters ließ dabei jedoch aufhorchen.

Obersöchering – „Es ist ein leidiger Fall“, sagte Bürgermeister Reinald Huber im Gemeinderat, als in der Februarsitzung der Punkt „Isolierte Befreiung der Baugrenzen für Swimmingpool im Garten“ auf der Agenda stand. Der Rathauschef spielte auf einen Nachbarschaftsstreit an, der im Wohnbaugebiet am Trad- respektive Langackerweg entbrannt ist.

Die Vorgeschichte: Ein Ehepaar hat sich im Garten seines Einfamilienhauses einen ca. 34 Quadratmeter großen Swimmingpool bauen lassen. Die Nachbarsfamilie fühlt sich durch das Schwimmbecken jedoch gestört – beziehungsweise durch den Lärm, der beim Baden und angeblichen Pool-Partys entsteht. Die Streitparteien haben sich bereits zu einer Mediation getroffen. Doch zur Unterzeichnung einer nachbarschaftlichen Vereinbarung kam es nicht. Das Ehepaar hätte sich dazu verpflichten sollen, keine Musik mehr am Pool zu hören, keine Pool-Partys zu feiern und ab 22 Uhr den Poolbereich im Garten nicht mehr zu betreten.

Nachbarsfamilie fühlt sich durch angebliche Pool-Partys gestört

Auch die Wärmepumpe für das Schwimmbecken hätte entfernt werden sollen. Und: Die Vereinbarung hätte auch gegenüber Dritten gelten sollen. Sprich: Mögliche Eigentumsnachfolger des Ehepaars wären in der Grundstücksnutzung von vornherein beschränkt gewesen. Die Besitzer bestreiten indes vehement, jemals Pool-Partys gefeiert zu haben. Sie haben eine schriftliche Umfrage unter anderen Nachbarn initiiert. Ergebnis: Vom Pool fühle sich ansonsten niemand im Wohnbaugebiet gestört. Aber warum landete die Angelegenheit nun im Gemeinderat? Nicht überdachte Schwimmbecken im Garten sind eigentlich genehmigungsfrei – solange sie innerhalb der vorgegebenen Baugrenzen errichtet werden. Im konkreten Fall ragt der Pool jedoch über die Baulinie hinaus. Das hat das Landratsamt bei einer Baukontrolle festgestellt. Die Poolbesitzer beteuern auf Nachfrage, von einer Baulinie nichts gewusst zu haben. Eine Beseitigung des Pools wäre zudem mit einem wirtschaftlich unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden. Deshalb der Antrag bezüglich einer isolierten Befreiung von der Baugrenzenvorgabe. „Damit wird nicht etwa nachträglich die Baulinie verschoben“, betonte Huber im Gemeinderat, sondern nur eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Am Rande: Im Wohnquartier gibt es mehrere Fälle, in denen die Baulinien-Vorgaben des Bebauungsplans nicht eingehalten wurden.

„Wir sind an einer vernünftigen Lösung interessiert“

Zurück zum Swimming-Pool: Der Gemeinderat erteilte einhellig sein Plazet zur Erteilung einer isolierten Befreiung. Der Pool könnte damit bleiben – ohne Überdachung wohlgemerkt. Für die ebenfalls errichtete Abdeckung braucht es noch eine separate Genehmigung durch das Landratsamt. Aber: Die Nachbarn prüfen derzeit noch, ob sie gegen die Entscheidung bezüglich der Erteilung der isolierten Befreiung Rechtsmittel einlegen. Sie erklären auf Nachfrage, dass sie grundsätzlich nichts gegen den Pool hätten, aber eben gegen die Lärmbelästigung. „Wir sind an einer vernünftigen Lösung interessiert“, heißt es im Gespräch mit der Heimatzeitung.

Kritik nach unglücklicher Formulierung des Vize-Bürgermeisters

Doch eine Begebenheit könnte noch zusätzlich Öl ins Feuer gegossen haben – nämlich eine Wortmeldung von Rudi Ottl im Gemeinderat. Der Vize-Bürgermeister betonte, dass der Gemeinderat „andere Arbeit“ habe, als sich mit Nachbarschaftsstreitigkeiten zu befassen. Ottl warb für Zusammenhalt im Dorf. Genau darauf sei die Gemeinde Obersöchering nämlich „immer stolz“ gewesen. Ottl holte noch weiter aus: Die Grundstücke im betroffenen Wohngebiet seien fast alle im Einheimischen-Modell vergeben worden – „zu sehr günstigen Preisen“, wie er ergänzte.

Was das mit der Causa „Swimming-Pool“ zu tun hat? Auch wenn er es nicht direkt so formulierte, ließ Ottls Argumentation Interpretationsspielraum – dahingehend, dass derjenige, der für ein Grundstück weniger bezahlt, auch weniger Rechte einfordern darf. Ottl erklärte, dass man auf dem Dorf „auch mal die ein oder andere Kröte schlucken“ und es „einfach aushalten“ müsse, wenn jemand zum Beispiel außerhalb der normalen Zeiten den Rasen mäht, „am Auto flext“ oder „im Sommer nachts um zehn in den Pool springt, weil er schwitzt“. Man solle froh sein, auf dem Land in Söchering wohnen zu dürfen – „und hier sitzt keiner herinnen, der wissentlich oder unwissentlich immer alle Vorschriften einhält.“

Ottls unglückliche Formulierung sorgte dem Vernehmen nach im Dorf für Kritik – auch bei der Nachbarsfamilie, die im Zuge der Poolnutzung Lärmbelästigung beklagt. „Die Leute, die ihre Grundstücke im Einheimischen-Modell bekommen haben, sollen also dankbar sein und haben keine Rechte“, wird erklärt. Auch von „Bürgern zweiter Klasse“ ist die Rede.

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