Zum 100. Geburtstag der Pionier-Faltbootwerft hat das Team um Museumschefin Elisabeth Hinterstocker ein umfangreiches Programm erarbeitet. Auch eine Regatta ist im Angebot.
Bad Tölz – Dass das Tölzer Stadtmuseum erstklassige Arbeit leistet, hat ihm erst jüngst der frühere Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, Prof. Markus Hilgert, bestätigt. Nach einem privaten Besuch des Museums war er in einer Publikation des Deutschen Städtetags voll des Lobes über den „facettenreichen Einblick in das immaterielle und materielle Kulturerbe der Stadt“.
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Hilgert würde sich auch über den neuesten Streich des Museums freuen: Im Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsausschuss des Stadtrats stellte Leiterin Elisabeth Hinterstocker das stattliche Programm vor, das ihr Team zum 100. Geburtstag der Pionier-Faltbootwerft erarbeitet hat. Eine Ausstellung, eine umfangreiche Broschüre, eine Faltboot-Regatta, das erste Fluss-Film-Festival sowie Vorträge erinnern an ein Unternehmen, das weltweit Geschichte geschrieben hat.
Ab 1921 gab es jährlich eine Regatta auf der Isar
1905 war der Münchner Student Anton Heurich erstmals die reißende Isar mit einem selbstkonstruiertem Faltboot hinuntergepaddelt. Ab 1921 wurden auf der Isar jährliche Isar-Regatten ausgetragen, die viele hundert Zuschauer auf die Isarbrücke und an den Isarkai lockten und Volksfestcharakter besaßen.
1925 setzte der ehemalige Offizier bei den Pionieren (daher der Firmenname) Hans Hoeflmayr auf den neuen Trendsport und gründete in Tölz die Pionier-Faltbootwerft. Mit dem späteren Teilhaber Hermann Locher, einem erfahrenen Ingenieur, baute das kleine, aber feine Unternehmen mit wasserdichtem Stoff bespannte Faltboote. Die Qualität war so gut, dass sie von Vertragshändlern in New York, Paris, Amsterdam und Mailand vertrieben wurden. Elisabeth Hinterstocker ist stolz darauf, dass sie bei der Ausstellung eine Rudergabel zeigen kann, auf der als Firmenstempel „Pionier Paris“ zu lesen ist.
50 000 Kilometer mit dem Faltboot um die Erde
Die Museumsleiterin berichtete den Stadträten von der amerikanischen Buchautorin Cornelia Stratton Parker, die 1931 mit einem Pionier-Faltboot quer durch Deutschland reiste und darüber den Reiseroman „German Summer“ schrieb. Oskar Speck brach 1932 in Hamburg-Altona mit fünf Pionier-Faltbooten zu einer Weltreise auf, die ihn in sieben Jahren 50 000 Kilometer um die Erde führen sollte. Endstation war Australien, wo Speck 1939 vermutlich der erste deutsche Kriegsgefangene war.
Solcherlei Geschichten wird man hören, wenn man sich auf das Festprogramm einlässt. Die Sonderausstellung im Bürgersaal des Stadtmuseums wird vom 1. August bis 28. September anhand ausgewählter Exponate wichtige Stationen des Faltbootsports und legendäre Expeditionen nachzeichnen.
Isarregatta mit historischen Booten
Am Samstag, 2. August, findet eine kleine Isarregatta mit historischen Faltbooten statt. Start ist um 9 Uhr in Arzbach, gegen 10.30 Uhr werden die Teilnehmer in Tölz ankommen. Von dort geht die eigentliche Isarregatta 48 Kilometer weiter zur Floßlände nach München. Dazu lädt der Deutsche Touring-Kajak-Club ein und bittet bis 27. Juli um Anmeldung (isarregatta.de).
Ebenfalls am Samstag, 2. August, wird im Capitol-Kino „das Wasser zur Leinwand für große Geschichten“. Beim ersten „Fluss-Film-Festival Bad Tölz“ werden ab 16.30 Uhr drei Natur-Dokus von Olaf Obsommer gezeigt. Es geht um die Cinque Terre, Island und Pioniere des Wildwassers. Eintritt: 5 Euro. Ab 20 Uhr wird ebenfalls für 5 Euro der Spielfilm „Nur Fliegen ist schöner“ über einen verwirklichten Traum vom Kajakfahren zu sehen sein.
Mit historischen Faltbooten auf der Isar fahren
Am Tag darauf, Sonntag, 3. August, werden die Freunde historischer Faltboote um 10 Uhr in Lenggries eine zehn Kilometer lange Fahrt nach Tölz starten. Vom 1. bis 3. August wird zudem mit einem Faltboot-Camp an der Isarbrücke und beim Wohnmobil-Parkplatz an die Zeiten vor 100 Jahren erinnert, als viele Kajaksportler mit dem Zug aus München nach Tölz kamen und hier zelteten, bevor sie zur Regatta nach München starteten.