Neue Regierung von Union und SPD: Der wohl wichtigste Satz in Merz' Koalitionsvertrag steht auf Seite 51
Die Unionspolitiker Friedrich Merz und Markus Söder haben gerade den schwarz-roten Koalitionsvertrag gut gelaunt präsentiert, als die SPD eine kleine Bombe platzen lässt.
Neue Koalition von Union und SPD: Auf Seite 51 steht der wohl wichtigste Satz
Der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil verwies nämlich auf einen extrem wichtigen Passus im Koalitionsvertrag. Dort führt Schwarz-Rot im Kapitel „Haushalt, Finanzen und Steuern“ aus, wie wichtig ihnen solide Staatsfinanzen sind. Das sei „elementare Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Staat“ und „ein Gebot der Generationengerechtigkeit“.
Damit das keine leeren Floskeln bleibt, hat die Koalition in spe eine riesengroße Klammer um alle Vorhaben gesetzt: „Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt“, heißt es auf Seite 51.
In der Praxis bedeutet das: Jedes noch schöne Projekt der künftigen Regierung muss darauf geprüft werden, wie viel Geld es kostet und ob sich der Staat das leisten kann. Hier wird dem Finanzminister als Hüter über den Haushalt eine wichtige Rolle zukommen – sicher ist, dass ein Vertreter der SPD den Posten bekommen wird, wahrscheinlich Parteichef Klingbeil. Er wird damit zum mächtigsten Mann hinter dem künftigen Kanzler Merz.
149-mal „wir wollen“ von CDU, CSU und SPD
Sollten keine zusätzlichen Mittel für ein Projekt freigemacht werden können, bliebe den jeweiligen Ressortchefs nur noch die Möglichkeit, in ihrem eigenen Etat umzuschichten. Konkret: Will ein Landwirtschaftsminister Subventionen für den Agrardiesel, der Bundeshaushalt gibt das nicht her, bliebe ihm nur, andere Gelder für sein Ministerium zusammenzustreichen.
Wie das das Regieren verändern wird, machte Klingbeil bei der Pressekonferenz mit seiner Anmerkung deutlich. In dem Vertrag stehe zwar oft „wir werden etwas machen“, aber eben auch oft, „wir wollen etwas machen“. Tatsächlich steht im Koalitionsvertrag 229-mal „wir werden“ – aber eben auch 149-mal „wir wollen“.
Nimmt man den Finanzierungsvorbehalt ernst, bleibt das 143 Seiten lange Papier erstmal nur eine Absichtserklärung, die der Realität bestehen muss. Paradoxerweise hängt das damit zusammen, dass die schwarz-rote Koalition durch das Infrastruktur-Sondervermögen und die Schuldenbremsen-Ausnahme für Verteidigung finanziell eigentlich gut aufgestellt ist. Da die neuen Schulden vielen in der Union sauer aufstoßen, wollten die Verhandler offenbar an anderer Stelle beweisen, dass sie zum Sparen bereit sind.
Klingbeils Co-Chefin Saskia Esken stellte diese Situation bei der Pressekonferenz noch etwas anders dar: Sie sagte mit Blick auf die noch von dem alten Bundestag beschlossene Aufweichung der Schuldenbremse und das Sondervermögen für die Infrastruktur: „Wir haben die finanzielle Grundlage vorher geschaffen und haben damit etwas anders gemacht als die Ampel, nämlich die Finanzierung auszuklammern und auf später zu vertagen.“
Haushalt für 2025 muss schnell verhandelt werden
Wie mit dem Finanzierungsvorbehalt im Regierungsalltag umgegangen wird, dürfte sich zeigen, sobald die ersten teuren Projekte umgesetzt werden sollen. So könnte es zum Beispiel auch noch einmal Streit um die von der CSU in den Koalitionsvertrag verhandelte Mütterrente geben.
Aber auch im Großen und Ganzen werden die Finanzen von Schwarz-Rot bald neue Verhandlungen notwendig machen: Da die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr an den Etat-Verhandlungen zerbrochen ist, gibt es bislang keinen regulären Haushalt für 2025. Den auf den Weg zu bringen, wird eine der ersten Aufgaben des neuen Finanzministers.