„Meine Tätigkeit wird mir fehlen“

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Meisterin der Küchenpraxis: Theresia Dennhöfer weiß, wie die Schweinshaxe außen knusprig und innen zart, der Strudelteig elastisch wird. 40 Jahre hat sie das angehenden Hauswirtschafterinnen vermittelt. Jetzt hört sie auf. © THOMAS PLETTENBERG

40 Jahre lang lehrte Theresia Dennhöfer Hauswirtschaft, zuletzt am AELF in Holzkirchen. Jetzt verabschiedet sich die 65-Jährige in den Ruhestand. Eine schöne Gelegenheit nachzufragen, warum eine Hauswirtschafts-Ausbildung nach wie vor viele Türen öffnet.

Holzkirchen – Am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Holzkirchen geht eine Ära zu Ende: Nach 40 Dienstjahren als Lehrerin an der Hauswirtschaftsschule verabschiedet sich Theresia Dennhöfer, die auch Beraterin in der landwirtschaftlichen Direktvermarktung war, in den Ruhestand. Wir sprachen mit der 65-Jährigen über Männer in Frauenberufen, vorausschauendes Haushalten und die Renaissance der Hauswirtschaft.

Frau Dennhöfer, Sie gehen nach 40 Jahren am AELF in den Ruhestand. Was werden Sie vermissen?

Die Vielfältigkeit meiner Arbeit. Aber vor allem die vielen jungen Menschen. Jedes Jahr kamen neue Schülerinnen, und eine jede brachte ihre eigene Persönlichkeit mit. Das waren schöne Begegnungen.

Hatten Sie denn keine Männer unter Ihren Schülern?

Männer, die eine Ausbildung zum Hauswirtschafter machen, hatte ich tatsächlich nur zwei. Sie sind inzwischen Kollegen, da sie die Fachlehrerlaufbahn eingeschlagen haben. Wir sehen sie als Botschafter der Hauswirtschaft. Denn der Nachteil an Frauenberufen ist, dass sie schlecht bezahlt sind. Aber das ändert sich in dem Moment, in dem Männer dazukommen.

Woran liegt das?

Ich denke, Männer verhandeln besser. Frauen sind zurückhaltender. Dabei brauchen wir dringend Hauswirtschafterinnen. Es gibt viele Stellenangebote, die wir gar nicht alle besetzen können. Kindergärten zum Beispiel suchen Hauswirtschafter, die für die Kinder kochen. Auch in Großküchen, Altenheimen oder Einrichtungen für Betreutes Wohnen und in der Hotellerie sind sie sehr gefragt. Eine Hauswirtschafterin kann alles: Ein ordentliches Essen kochen, Textilpflege, professionelle Reinigung. Sie hat im Rahmen ihrer Ausbildung auch den Umgang mit Kindern und Senioren gelernt und sich mit Steuer- und Betriebslehre befasst. Viele Stellen gibt es übrigens auch in Privathaushalten, die meisten davon in München.

Muss man Hauswirtschaft lernen? Das kriegt man doch über die Mama mit.

Eine ausgebildete Hauswirtschafterin arbeitet effektiv und vorausschauend, damit nicht am Ende der Woche der Kühlschrank voll ist mit Lebensmitteln, deren Haltbarkeit abläuft. In manchen Fällen lernt man das von der Mama, aber in vielen Familien arbeiten die Mütter heute außer Haus. Die Industrie hat darauf mit vielen Fertigprodukten reagiert. Kinder lernen nicht mehr, wie man kocht, bügelt, einen Naturholzboden pflegt oder eine Waschmaschine wartet, weil sie es nicht mehr sehen. Manche Haushalte haben gar kein Bügeleisen mehr. Oder sie rufen den Elektriker, weil die Waschmaschine nicht läuft. Dabei müsste man nur im Flusensieb nachschauen.

Was kann die Hauswirtschaft in diesen Zeiten leisten?

Sie ist ein wichtiges Bindeglied. Sie verdeutlicht zum Beispiel, wann welche Lebensmittel Saison haben, auch wenn es in den Supermärkten immer alles gibt. Früher war das ein wichtiger Bestandteil unserer Beratung. Es gab ein eigenes Programm für die Ernährungsberatung in Kindergärten. Man konnte auch anrufen, wenn man zum Beispiel zehn Kilo Kirschen hatte und nicht wusste, was man damit machen kann. Unsere Ernährungsberatung war sehr bekannt. Aber im Zuge von Reformen wurde sie abgeschafft.

Was hat sich noch geändert?

Die Lehrlingszahlen sind stark zurückgegangen. Früher hatte ich weit über 30 Lehrlinge pro Jahrgang. Jetzt sind es landkreisweit nur noch drei. Aber gerade ändert sich das wieder. Einige erkennen, dass sie als Hauswirtschafter schnell eine Führungsposition erreichen können, weil in der Branche viele Ungelernte arbeiten. Auch unser einsemestriger Vollzeitstudiengang zur Fachkraft für Ernährung und Haushaltsführung ist sehr gefragt. Heuer hatten wir 40 Anmeldungen für 22 Plätze.

Warum ist der Studiengang so beliebt?

Wir haben Bewerberinnen, denen ihr alter Beruf zu langweilig war. Aber auch viele, die diese Ausbildung als persönlichen Mehrwert begreifen. Frauen, die in eine Landwirtschaft einheiraten zum Beispiel. Ein landwirtschaftlicher Haushalt ist in der Regel sehr groß. Immer wieder sind Lehrerinnen dabei, die gerade mit dem Studium fertig geworden sind, aber erst zu Beginn des Schuljahres einsteigen. Die sagen sich: Ich lerne das jetzt von Grund auf, damit mich mein Haushalt nicht so belastet, wenn ich arbeite.

Was werden Sie jetzt mit Ihrer Zeit anstellen?

Gute Frage (lacht). Ich habe immer viel gearbeitet, meine Tätigkeit wird mir fehlen. Aber ich denke, dass neue Aufgaben auf mich zukommen. Ich bin ja auch Kräuterpädagogin und habe zwei Enkel. Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich eine andere.

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