Wo Kindheitsträume bergauf fahren lernen: Das Seifenkistenrennen beim Zamma

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Schneller als die Polizei erlaubt ging‘s beim Seifenkistenrennen vor zahlreichem Publikum die Münchner Straße 300 Meter hinab und in der Klasse mit umweltfreundlichem Antrieb sogar hinauf. © MKF_MaxKalup

Ob mit sauberem Solarstrom oder viel Rauch: Ins Ziel kamen sie alle am Samstag beim großen Zamma-Seifenkistenrennen an der Münchner Straße – bergab und bergauf. Hunderte Zuschauer feuerten die Teams an.

In der Früh den Rollator für den Führerschein am Marktplatz um enge Kurven gesteuert, nachmittags mit dem umgebauten Elektroschubkarren im Schneckentempo die Straße hinaufgezuckelt: Martin Gritschneder ließ es beim Zamma-Festival in Holzkirchen am Samstag betont langsam angehen. Er war mit 81 Jahren der älteste Teilnehmer des Seifenkistenrennens auf der Münchner Straße und wollte dem Publikum sein originelles Gefährt „als universelles Transportmittel vorstellen“, wie er nicht ganz ernst gemeint verriet. „Ich benutze den Elektroschubkarren, wenn ich Brennholz aus dem Wald hole.“ Die Batterie hatte der passionierte Naturschützer fürs Seifenkistenrennen extra mit Solarstrom geladen. Besonders stolz war der rüstige Senior auf die „Rückrollsperre“. Das Rundholz verhinderte, dass die Kiste ungewollt den Rückwärtsgang einlegte. Denn Gritschneder hatte sich für jene Rennklasse entschieden, die auf der Münchner Straße hinauf- statt hinunterfuhr. Er brauchte für die wenigen hundert Meter satte viereinhalb Minuten, während der schnellste, Michel Sürgers (17) aus Hohenbrunn, in exakt 32,56 Sekunden mit der Energie von vier aus Solarstrom betriebenen Akkus hinauf düste. Selbst wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritten hätte, müsste er keinen Strafzettel befürchten, obwohl ein „Blitzer“ alle Teilnehmer erfasste – diesmal aber nur informell, wie vom Verband für die kommunale Verkehrsüberwachung versichert wurde. 

Beifall und Anfeuerungsrufe des Publikums

Hunderte Zuschauer verfolgten die Gaudi und ließen sich von der Rennleitung mehrmals zur La-Ola-Welle ermuntern. Andere tranken an einem der Straßencafés einen Cappuccino oder schleckten ein Eis. Das wahrscheinlich lustigste der über 50 Projekte des vom Bezirk Oberbayern und der Gemeinde veranstalteten Festivals hatte mit der klassischen Disziplin beim Seifenkistenrennen begonnen. Unter Beifall und Anfeuerungsrufen des Publikums rangen zehn Teilnehmer in zwei Durchgängen um die beste Zeit. Sieger wurde das Team „Die wilden Jungs“ (Gesamtzeit 59,20 Sekunden), gefolgt vom Racing-Team des gemeindlichen Bauhofs (62,57), Platz drei ging an „Ragazza in Rosso“ (62,94).

Seifenkistenrennen Holzkirchen Zamma
Wer liebt, der schiebt: Racing Team Bauhof, Polizei und ein Ferrari auf dem Rückweg zur Startlinie zum zweiten Durchgang. © MKF_MaxKalup

Um die schönsten und innovativsten Seifenkisten ging es beim Gaudirennen. Eine fünfköpfige Jury, angeführt von Bürgermeister Christoph Schmid und Festivalleiter Matthias Riedel-Rüppel, entschied sich erst in einer Stichwahl für den „Kirchturmcruiser“ der Ministranten als Sieger, die von einer stimmgewaltigen Mädchenschar angefeuert wurden. Vielleicht gab der gelb-grünliche Rauch den Ausschlag, den zwei Düsen aus dem Gefährt abgaben und der die Zuschauer übel riechend umwölkte. „Habt ihr einen alten Weihrauch verwendet?“, fragte Simon Gritschneder von der Rennleitung und hatte die Lacher damit auf seiner Seite. Vor der Stichwahl war das Team von der Holzkirchner Feuerwehr mit Steuermann Lukas Riepl (16) gleichauf gelegen. „Braucht‘s bloß am Rauch hinterherfahren“, gab Gritschneder ihm am Start mit auf den Weg. Und als das Ergebnis verkündet wurde, meinte er: „Bayern ist halt doch katholisch.“

Seifenkistenrennen Holzkirchen Zamma
Fahrräder sind ein umweltfreundliches Verkehrsmittel, solange nicht die Ministranten den Rauch aufgehen lassen. © MKF_MaxKalup

Mit von der Partie war auch Paul Kober aus Otterfing, der daheim gerne die Folgen von „Hubert und Staller“ im Fernsehen schaut. Entsprechend ähnelte sein Gefährt einem Polizeiauto, natürlich mit blinkendem Blaulicht auf dem Dach. „Dabei sein ist alles“, gab sich der 14-Jährige voll zufrieden damit, dass er von der Jury nicht die höchste Punktezahl erhielt.

Seifenkistenrennen Holzkirchen Zamma
Hunderte Besucher verfolgten die rasanten Fahrten der tollkühnen Kisten. Hier der Sieger der Aufwärtsklasse. © MKF_MaxKalup

Höchst zufrieden war am Ende auch der Initiator des Rennens, Albert Kraml. Holzkirchens Dritter Bürgermeister hatte das Seifenkistenrennen als eines der ersten Festivalprojekte für das Zamma eingereicht. Als alle Rennen in den drei Kategorien unfallfrei gelaufen waren, schwärmte er: „Ein Kindheitstraum ist in Erfüllung gegangen.“ 

Seifenkistenrennen Holzkirchen Zamma
Segel gesetzt: „Speedboot“ von Vermes Micro Jet Racing. © MKF_MaxKalup

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