Eigentlich gilt China als der Klimasünder schlechthin – und die Zahlen sprechen dafür. 2024 stieß das Land rund 15,5 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente aus, also etwa 30 Prozent der globalen Emissionen. Dahinter folgen die USA, Indien, die EU und Russland. Gemeinsam sind diese vier größten Emittenten für mehr als die Hälfte der weltweiten Emissionen verantwortlich.
In diesem Jahr kommen die Staaten bei der UN-Klimakonferenz in Belém zusammen, um über den weltweiten Kampf gegen die Klimakrise zu diskutieren.
FOCUS online Earth berichtet für Sie über die COP30: Alle wichtigen Entwicklungen, Hintergründe und aktuellen Updates können Sie hier im Ticker nachverfolgen.
Das China-Paradox
Doch China ist nicht nur Klimasünder. Das Land treibt gleichzeitig die globale Energiewende voran: Massive Investitionen in Solar-, Wind- und Batterietechnologien sowie Elektrofahrzeuge erhöhen den Anteil sauberer Energie nicht nur innerhalb Chinas, sondern ermöglichen weltweit CO2-Einsparungen. Länder in Afrika, Südostasien, Lateinamerika und Europa profitieren von günstigeren Solarzellen, Windturbinen und Batterien – eine „Exportwirkung“ der chinesischen Greentech-Industrie, die den globalen CO2-Ausstoß deutlich reduziert.
Sinkende Emissionen trotz Wachstum
Neue Daten von Lauri Myllyvirta, leitender Analyst am Centre for Research on Energy and Clean Air, zeigen: Chinas CO2-Emissionen stagnieren seit März 2024 und fallen in einigen Sektoren leicht. Experten gehen davon aus, dass 2025 das erste Jahr sein könnte, in dem China über das gesamte Jahr hinweg seine Emissionen minimiert – trotz robustem Wirtschaftswachstum.
Warum sinken Chinas Emissionen?
- Elektromobilität: Der rapide Zuwachs von Elektroautos reduziert den Verbrauch von Benzin, Diesel und Kerosin um rund 5 Prozent.
- Industrieproduktion: Stahl- und Zementproduktion gehen aufgrund der schwächelnden Bauwirtschaft zurück. Elektroofen-Stahlwerke kompensieren teilweise den Nachfragerückgang, während emissionsintensive Kohle-Stahlproduktion stabil bleibt.
- Erneuerbare Energien: Solar- und Windkraft decken fast die gesamte zusätzliche Stromnachfrage, unterstützt durch kleine Zuwächse bei Kern- und Wasserkraft. In den ersten neun Monaten 2025 installierte China 240 GW Solar- und 61 GW Windkraftkapazität – Rekordwerte, die den Stromsektor entlasten. Trotz des starken Zuwachses bleibt der Anteil fossiler Kraftwerke hoch, die Auslastung von Kohlekraft sank lediglich von 54 Prozent auf 51 Prozent.
- Effizienzgewinne: Verbesserte Kohle- und Gaskraftwerke reduzieren die Emissionen pro erzeugter Energieeinheit.
- Chemieindustrie: Die Produktion von Kunststoffen, Chemiefasern und Ethylen steigt stark, was die Öl- und Gasnachfrage um etwa 8 Prozent erhöht. Zusammen mit dem Rückgang im Transportsektor (-5 %) ergibt sich ein Gesamtanstieg von rund 2 Prozent. Diese Zunahme wird jedoch teilweise durch die Einsparungen in Strom, Verkehr und Bau ausgeglichen.
Die Lage ist komplex: Während der Stromsektor durch Solar- und Windkraft fast 90 % der zusätzlichen Nachfrage deckt, steigt die Öl- und Gasnachfrage in der chemischen Industrie. Insgesamt bleibt das Emissionsniveau derzeit fein ausbalanciert – ein leichtes Plus oder Minus hängt vom letzten Quartal 2025 in China ab.
China bleibt somit ein Paradoxon: größter Klimaverschmutzer und zugleich heimlicher Treiber der globalen Energiewende. Auch wenn China sein Ziel für die Reduktion der CO2-Intensität bis 2025 wahrscheinlich trotzdem verfehlen wird, ist die Botschaft symbolisch stark: Das Land zeigt, dass Wachstum und Klimaschutz keineswegs unvereinbar sind – zumindest, wenn massive Investitionen in saubere Technologien getätigt werden.