Halbzeit auf der COP - und Deutschland sagt "Ja" zum Taff-Plan

Bundesweite Demonstrationen zur Weltklimakonferenz

18.11 Uhr: In zahlreichen deutschen Städten sind Hunderte Klimademonstranten auf die Straße gegangen. In Hamburg beteiligten sich nach übereinstimmenden Angaben von Fridays for Future und Polizei etwa 1.000 Menschen. In Berlin versammelten sich nach Polizeiangaben mindestens 450 Demonstranten friedlich vor dem Brandenburger Tor.

Die Bewegung Fridays for Future kritisiert, die deutsche Regierung gehe beim internationalen Klimaschutz nicht entschlossen genug vor und unterstütze weiterhin fossile Energien.

In der Hauptstadt zeigten Teilnehmerinnen und Teilnehmer den LED-Schriftzug „Keep your Promises“. Auf Schildern war unter anderem zu lesen: „Mit Zukunftslust für Klimaschutz“. 

Auch vor Ort im brasilianischen Belém wurde heute demonstriert: Dutzende Indigene blockierten friedlich den Haupteingang, um für den Schutz des Amazonas-Regenwalds zu demonstrieren. Etwa 60 Männer und Frauen bauten sich am Freitagmorgen (Ortszeit) vor dem Zugang zur sogenannten Blauen Zone auf, wo die Verhandlungen der COP30 stattfinden.

Klimaschutz FFF
Anlass für zahlreiche Demonstrationen in Deutschland war die Klimakonferenz im brasilianischen Belém. Jens Kalaene/dpa

14.06 Uhr: Zur Halbzeit der COP30 zieht die deutsche Delegation eine gemischte Bilanz. Umweltstaatssekretär und Klima-Chefdiplomat Jochen Flasbarth erklärte: „Es gibt keine großen aufgeregten Besonderheiten. Die COP ist gut und geräuschlos gestartet.“ Der Tenor sei konstruktiv, allerdings nicht durchgängig – einige Länder hätten bei bestimmten Themen die Notbremse gezogen, weil ihnen der Fortschritt zu schnell ging. Flasbarth fügt hinzu, dass Länder wie Saudi-Arabien, die bei den vergangenen Klimakonferenzen oft blockierten, ihre Taktik beibehalten hätten.

Überraschend im Fokus stehe das Thema „Transition away from fossil fuels“ (TAFF). Hinter dem TAFF-Plan steckt ein multilateraler Prozess, um den Ausstieg aus fossilen Energien zu gestalten oder zu begleiten, je nach Wording im Dokument. Die Rede von Präsident Lula habe gezeigt, dass ein klarer Prozess für den Ausstieg nötig sei, so Flasbarth. 

Er betont die klare Unterstützung Deutschlands für den TAFF-Plan: „Mir fehlt die Fantasie, was da drinnenstehen könnte, was wir nicht unterschreiben wollen. Start early.“ Spannend sei zudem, dass nicht nur Länder des globalen Nordens, sondern auch Brasilien und Kolumbien das Thema aktiv vorantreiben.

"CBAM wird zum Kampfbegriff"

Eine weitere positive Nachricht aus deutscher Sicht: Deutschland wird keine konventionellen Gaskraftwerke mehr bauen, so Flasbarth nach der Pressekonferenz der schwarz-roten Koalition gestern Abend. Das sei ein Erfolg, den er auf der COP „überall erzählen wolle“. 

Darüber hinaus seien die Verhandlungen zur gerechten Energiewende („Just Transition“) und zum Netzausbau derzeit komplex. Große Themen wie CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism), also der EU-CO2-Zoll, sorgen weiterhin für Kontroversen und könnten sich auf der COP zum Kampfbegriff entwickeln.

Auch die Baku-to-Belém-Roadmap und der globale Anpassungsfonds (Global Goal on Adaptation) stehen im Mittelpunkt der Gespräche, hier bestehen noch viele offene Fragen, so Flasbarth. Die Verhandlungen auf Arbeitsebene sollen voraussichtlich bis heute Abend oder spätestens morgen abgeschlossen sein. Dann sollen die ersten Dokumente mit eckigen Klammern vorliegen, die als Grundlage für die Ministerdebatten in der politischen Woche nächste Woche dienen.

Nach dem Wochenende, wenn die Minister eintreffen, dürfte die politische Debatte deutlich schärfer werden. Insgesamt zeigt sich: Die COP30 bewegt sich, doch von vollständiger Einigkeit ist die Konferenz noch weit entfernt.

Langsam bahnt sich wieder der größte Klima-Streit auf der COP30 an

13.05 Uhr: Auf der UN-Klimakonferenz COP30 in Belém, Brasilien, spitzt sich der Streit um den Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle zu. Länder wie Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Dänemark, Kenia und Kolumbien drängen hinter den Kulissen auf einen konkreten Fahrplan, um die Vereinbarungen von COP28 in Dubai umzusetzen, die eine Abkehr von fossiler Energie bis 2050 vorsahen. Der TAFF-Plan, also "Transitioning Away from Fossil Fuels" soll den weltweiten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beschleunigen.

Auch Brasiliens Präsident Lula unterstützt die Initiative – trotz der kurz zuvor genehmigten neuen Ölbohrungen in Brasilien. Umweltministerin Marina Silva bezeichnet den Fahrplan als Grundlage für einen fairen Übergang. Frankreich will die Unterstützer-Koalition verbreitern: „Unsere Priorität ist es, mit allen Ländern zu sprechen, die vorankommen wollen“, so eine Quelle der französischen Delegation zu "Bloomberg". Auch Deutschland steht hinter dem TAFF-Plan: „Wir werden jede Entscheidung für einen Fahrplan für TAFF hier in Belém unterstützen“, sagte der deutsche Klima-Staatssekretär Jochen Flasbarth.

Doch der Widerstand ist groß: Rund 70 Länder, allen voran Saudi-Arabien, lehnen neue Beschlüsse zu fossilen Brennstoffen ab. Russlands Chefverhandler spottete, es sei leicht, über den Ausstieg zu reden, „wenn man in so entwickelten Ländern wie Frankreich lebt“.

Die Verhandlungen bleiben ein diplomatisches Puzzle, wie Romain Ioualalen von der Aktivistengruppe Oil Change International erklärt. Die brasilianische COP-Präsidentschaft ist bei dem Thema deshalb zurückhaltender: Präsident Corrêa do Lago betont, es gebe Länder, die das Thema diskutieren wollen, aber auch Staaten, bei denen Finanzfragen Vorrang hätten. Ein zu offensiver TAFF-Vorstoss könnte den Eindruck erwecken, Brasilien setze eigene Interessen durch. Deshalb ist das Ziel, eine möglichst breite Front von Ländern aus allen Regionen zu formieren – eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Tage.

Indigene blockieren Klimagipfel – COP-Präsident schreitet ein

13.13 Uhr: Mütter tragen ihre Babys in Windeln, Männer sind mit Bogen und Pfeil unterwegs. Nur einen Tag nachdem die Flotte indigener Völker aus dem Amazonasgebiet in Belém angekommen war, blockierten sie am Freitagmorgen den Haupteingang der COP30. Delegierte mussten den Seiteneingang benutzen, um die Konferenz zu erreichen.

Die Demonstrierenden verlangen Antworten von Präsident Lula, Schutz vor den Aktivitäten der Öl-, Gas-, Bergbau- und Agrarindustrie sowie Investitionen in ihre Gemeinschaften. Am Vormittag trat COP30-Präsident Andre Correa do Lago persönlich an die Protestierenden heran, um das Gespräch zu suchen, berichten Augenzeugen.

„Realität an einer COP: Es ist erfrischend“, kommentierte ein Beobachter die Aktion. Die Proteste machen deutlich, dass die Klimakrise nicht nur ein Thema der Verhandlungen, sondern gelebte Realität für viele Menschen ist.

Die eklatante Lücke, die Klimapläne beim 1,5‑Grad‑Ziel offenbaren

11.32 Uhr: Neue Analysen des Climate Action Tracker zeigen, dass die bisher eingereichten Klimaziele und nationalen Klimapläne (NDCs) die Welt auf einen Kurs von 2,6 Grad globaler Erwärmung bringen würden – genauso wie im letzten Jahr. Das Ziel von 1,5 Grad wurde hart von den besonders klimaanfälligen Ländern erkämpft, die sagen, dass COP30 die größten Emittenten zu stärkeren Maßnahmen bewegen muss. Die Allianz der Kleinen Inselstaaten (AOSIS) betont, dass die Einhaltung der 1,5-GradGrenze Priorität hat.

"Es ist empörend": Mehr als 1600 fossile Lobbyisten auf Klimagipfel

09.20 Uhr: Die Weltklimakonferenz berät über die Eindämmung der Erderwärmung – doch nach einer Datenanalyse sind mindestens 1602 Lobbyisten der Öl-, Gas- und Kohleindustrie ganz offiziell beim UN-Treffen in Brasilien akkreditiert. Das gab die Koalition „Kick Big Polluters Out“ in Belém bekannt, die unter anderem von den Organisationen Transparency International, Global Witness, Greenpeace und dem Climate Action Network getragen wird. Ausgewertet wurden öffentlich zugängliche Daten des Klimasekretariats der Vereinten Nationen (UNFCCC).

Der Analyse zufolge haben die Lobbyisten mehr Zugangspässe als alle Delegationen der zehn durch die Erderwärmung verwundbarsten Staaten. Namentlich sind dies der Tschad, Niger, die Salomonen, Mikronesien, Guinea-Bissau, Sudan, Somalia, Tonga sowie Sierra Leone, Somalia und Eritrea. Sie kommen zusammen nur auf 1061 Delegierte in Belém.

Oft gehören solche Lobbyisten zu Handels- oder Wirtschaftsverbänden, die zu den Klimakonferenzen „Beobachter“ entsenden dürfen. Der Analyse zufolge wurden sogar 164 Lobbyisten direkt über Regierungsdelegationen akkreditiert. Frankreich etwa habe in seiner offiziellen Delegation 22 Vertreter aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe, darunter fünf von TotalEnergies. Und insgesamt 599 der rund 1600 Lobbyisten haben eine „Party Overflow“-Akkreditierung, was ihnen Zugang bis in innere Verhandlungszirkel verschafft. 

Die Koalition aus Dutzenden Umwelt- und Klimaorganisationen fordert nun, dass die Vereinten Nationen künftig große Umweltverschmutzer von Klimagipfeln ausschließen, damit sie hinter verschlossenen Türen, auf den Gängen oder bei informellen Treffen keinen Einfluss auf die Delegierten nehmen können. Das Argument: Deren Lobbyinteressen widersprächen fundamental dem völkerrechtlichen Auftrag der Klimakonferenz, die Erderwärmung einzudämmen. Überdies müssten alle Teilnehmer verpflichtet werden, ihre Finanzquellen und potenzielle Interessenkonflikte offenzulegen, um Transparenz zu schaffen.

Ein Lobbyist kommt auf 25 Delegierte

In Dubai waren der damaligen Analyse zufolge sogar mehr als 2450 Fossil-Lobbyisten akkreditiert - ein Rekord. Im Vergleich ist die Teilnehmerzahl bei der COP30 nun geringer, auch liegt sie unter der des letztjährigen Gipfels in Aserbaidschan. Doch gestiegen ist der relative Anteil der Lobbyisten, jetzt in Belém kommt nämlich fast ein Lobbyist auf 25 Delegierte.

Jax Bonbon von der Entwicklungsorganisation Ibon International mit Sitz auf den Philippinen sprach von einer Farce, dass so viele Lobbyisten da seien. „Es ist empörend anzusehen, wie ihr Einfluss Jahr für Jahr zunimmt.“ Leidtragende seien der UN-Prozess und die betroffenen Menschen, die unter den Folgen der Klimakrise leiden.

Das ist am 4. Tag auf der Weltklimakonferenz passiert

22.25 Uhr: Tag vier der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém war aus deutscher Sicht eher ein ruhiger Tag. Aufsehen erregte eine Finanzierungszusage der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

  • 960 Millionen Euro hat die KfW für die Finanzierung des Klimaschutzes zugesagt. Die Staatsbank unterstützt innovative Unternehmen, Projekte für den Waldschutz und zur  Abkehr von Kohle, Öl und Gas. Die reichen Länder müssten Lebensräume wie den Amazonas schützen, sagte der KfW-Vorstandschef Stefan Wintels. Vom Schutz des Planeten profitierten alle. Er garantiere wirtschaftliche und politische Stabilität.
  • Zeit zu verlieren habe die Welt nicht mehr. Laut dem Bericht zum "Global Carbon Budget 2025"  von der Universität Exeter werden die weltweiten CO2-Emissionen in diesem Jahr auf ein neues Rekordhoch steigen. Obwohl die CO2-Emissionen zwischen 2015 und 2024 langsamer gestiegen sind als im Jahrzehnt davor, seien die bisherigen Klimaschutz-Anstrengungen noch nicht ausreichend, um die globalen Emissionen Richtung Null zu bringen, heißt es in dem Bericht.
  • Die Anstrengungen erheblich zu vergrößern und die Weltklimakonferenz in Belém zur „COP der Umsetzung“ zu machen, dazu ist die brasilianische Präsidentschaft offenbar fest entschlossen. Entgegen des mutmaßlichen globalen Trends wollen die Brasilianer einen Fahrplan zum endgültigen weltweiten Ausstieg aus den fossilen Energien in Angriff nehmen. Die brasilianische Ministerin Marina Silva bestätigte die Pläne: „Wir brauchen einen Kompass, der uns wegführt von unserer Abhängigkeit von fossilen Energien.“ Unterstützung dafür kommt auch aus Deutschland.

Jetzt sagt deutsche Kreditbank 960 Millionen Euro für Klima-Finanzierung zu

20.55 Uhr: Geld ist ein beherrschendes Thema auf der Klimakonferenz. Deutschland hat jetzt ein starkes Zeichen für die Finanzierung des Klimaschutzes gesetzt. Die deutsche Staatsbank KfW schließt auf der UN-Klimakonferenz in Brasilien zehn neue Finanzierungsvereinbarungen in Höhe von knapp 960 Millionen Euro ab. 

Dabei geht es um den Waldschutz, die Unterstützung innovativer Unternehmen sowie Projekte zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas, wie die Förderbank in Belém mitteilte. Knapp 90 Prozent des Volumens sind demnach Kredite, die zurückgezahlt werden müssen.

Vorstandschef Stefan Wintels sagte, der Schutz des Planeten sei eine wesentliche Grundlage für die künftige wirtschaftliche und politische Stabilität von Industrienationen wie Deutschland. „Die Klimaziele von Paris und die Stärkung des deutschen Wirtschaftsraums gehen sehr gut zusammen.“

Deutschland müsse es nur richtig machen, sagte Wintels. Denn auf dem Markt für nachhaltige Technologien habe die Bundesrepublik eine so gute Ausgangsposition wie kaum ein anderes Land. Aktuell liege ihr Anteil am Welthandel bei 13 Prozent – deutlich mehr als Deutschlands Anteil an den weltweiten Exporten insgesamt von gut sieben Prozent. 

Wintels betonte, dass die reichen Länder ärmere Volkswirtschaften dabei unterstützen müssten, Lebensräume wie den Amazonas zu schützen.

mit Agenturmaterial
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