Größte Investition in Bad Tölz seit Bau des Isarkraftwerks: „Hier wird die Energiewende spürbar“
Die Stadtwerke Bad Tölz bauen an der Lenggrieser Straße eine Wärme-Energie-Zentrale für 30 Millionen Euro. Zum Einsatz kommen Großwärmepumpen und Hackschnitzel.
Bad Tölz – Für die Tölzer Stadtwerke ist es das größte finanzielle Vorhaben seit Errichtung des Isarkraftwerks in den 1950er-Jahren: Auf einer Wiese hinter dem Feuerwehrhaus an der Lenggrieser Straße entsteht eine neue Wärme-Energie-Zentrale (WEZ). Am Mittwochvormittag folgte nun der symbolische erste Spatenstich. Das Gebäude soll noch dieses Jahr fertig werden.
Planungen für Wärme-Energie-Zentrale reichen zehn Jahre zurück
Rund 30 Millionen Euro investieren die Stadtwerke in die WEZ. Für das Gebäude, den damit verbundenen Netzausbau und die Anlagentechnik hat das kommunale Unternehmen Bundeszuschüsse in Höhe von 40 Prozent beantragt. Dass das Projekt nun in die Umsetzung geht, bezeichnete Stadtwerke-Geschäftsführer Walter Huber als „Formsache“ im Vergleich zu zehn Jahren akribischer Vorarbeit.
Tatsächlich gehen die ersten Überlegungen laut Projektleiter Andreas Rösch von den Stadtwerken auf das Jahr 2014 zurück. Seither sei es „ein langer Weg“ bis zur Baugenehmigung und zur Beantragung von Fördermitteln aus dem Bundeshaushalt gewesen. Die Geschichte der Nahwärmeversorgung in Bad Tölz geht sogar noch weiter zurück, wie Huber berichtete. „Wir haben in den 1990er-Jahren ein Nahwärmenetz von den Amerikanern übernommen und seither kontinuierlich ausgebaut“, sagte er. Die einzelnen „Inseln“ mit den Heizwerken auf der Flinthöhe, an der Osterleite und am Hoheneck verbinden die Stadtwerke aktuell miteinander.
Mit Wärme-Energie-Zentrale ist Tölz seiner Zeit voraus
Insofern passt der jetzige WEZ-Bau zwar perfekt in eine Zeit, in der eine sichere Energie- und Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien politisch hohe Brisanz hat. „Hier liefen die Planungen aber an, lange bevor irgendwo von einer Energiekrise die Rede war“, so Huber. „Tölz war hier also der Zeit voraus.“ Vor Ort werde das Nahwärmenetz das bisherige Gasnetz ersetzen. „Damit sind wir dann weg von fossilen Energien.“
Im neuen WEZ werden Wärme und Strom zum allergrößten Teil durch erneuerbare Energiequellen und „innovative, energieeffiziente Technologien“ erzeugt, wie es vonseiten der Stadtwerke heißt. Auf dem Grundstück – gelegen im Dreieck zwischen Feuerwehrhaus, B13 und Umgehungsstraße – sind auf der Nord-Ost-Seite hochmoderne Großwärmepumpen geplant. Betrieben werden sie weitgehend aus selbst erzeugtem Strom, der aus Photovoltaikanlagen auf den Dächern des WEZ, des Feuerwehrhauses, der Südschule und dem Haus der Stadtwerke kommt.
Auch auf künftige Nutzung von Wasserstoff ausgelegt
Die Wärmepumpen sind dabei so groß ausgelegt, dass bei viel Sonnenstrahlung überschüssige Wärme in Puffspeichern mit 600 Kubikmetern gespeichert wird. „Damit kann auch der Wärmebedarf in den Nachtstunden abgedeckt werden“, heißt es in der Beschreibung der Stadtwerke. Eine weitere Besonderheit: „Die Wärme, die hinter den installierten Modulen entsteht, soll ebenfalls gezielt den Wärmepumpen zugeführt werden.“
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Daneben wird in der kalten Jahreszeit Wärme aus regionalen Hackschnitzeln gewonnen. Als Ergänzung ermöglichen Power-to-Heat-Anlagen (elektrisch betriebene Durchlauferhitzer) Wärmeerzeugung aus überschüssigem regenerativen Strom.
Erdgaskessel werden ebenfalls installiert, die laut den Stadtwerken aber nur als Sicherheitsreserve dienen und und marginal zu Spitzenzeiten eingenetzt werden sollen. Zudem bestehe die Möglichkeit, mit der Kraft-Wärme-Kopplung Strom zu erzeugen. Auf die künftige Nutzung von Wasserstoff als Energiequelle sei die Anlage optional ausgerichtet.
Kunden können mit konstanteren Preisen rechnen
Nach Fertigstellung des Gebäudes werde die technische Ausstattung an den jeweiligen Bedarf angepasst, die Energiegewinnung „kaskadenartig ausgebaut“, so die Stadtwerke. Die Nachfrage an einen Anschluss ans Nahwärmenetz sei zuletzt unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs und des Heizungsgesetzes „sprunghaft angestiegen“, sagte Bürgermeister Ingo Mehner. Dazu Huber: „80 Prozent der Haushalte im Versorgungsgebiet wollen anschließen.“
Bürgermeister Mehner bezeichnete die WEZ sowohl als „ökologisch wichtig“ als auch als Beitrag zu einer bezahlbaren und sicheren Energieversorgung“. Laut Stadtwerken können die Kunden mit langfristig konstanteren Preisen im Vergleich zu fossilen Brennstoffen rechnen.
Dritter Landrat Klaus Koch (Grüne) freute sich, dass die WEZ den Landkreis auf dem Weg zum Ziel einer eigenständigen Energieversorgung aus regenerativen Quellen bis 2035 einen großen Schritt näher bringe. Mit dem Bau der WEZ werde „die Energiewende greifbar“, sagte Koch. Dass die Verlegung von Nahwärmeleitungen derzeit für viel Stau in Tölz sorge, „sollten wir mit Fröhlichkeit ertragen“, meinte der Dritte Landrat. (ast)