Erschließungsbeitrag in Indersdorf: 70 000 Euro für ein paar Meter Straße

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Die Geschichte der Asphaltierung des Daxberger Weges in Indersdorf hat viele interessante Facetten. © Roswitha Höltl

Im Juli 2024 wurden Anwohner des Daxberger Wegs in Indersdorf für die Asphaltierung ihrer Straße zur Zahlung von insgesamt 266 000 Euro aufgefordert.

An der bayerischen Politik Interessierte werden sich erinnern: Auf Betreiben der Freien Wähler wurde die Pflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen mit Wirkung zum 1. Januar 2018 abgeschafft. Es war Landtagswahlkampf. Hubert Aiwanger und Co. hatten seinerzeit mit einer Initiative für eine Volksabstimmung gedroht. Die CSU war eingeknickt. Die Straßenausbaubeitragssatzung, vulgo STRABS, war Geschichte. Nur ist es so, dass die STRABS für bereits asphaltierte Straßen gilt, die saniert oder eben ausgebaut werden. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Erschließungsbeitragssatzung, beim Volk als EBS bekannt. Sie kommt ins Spiel, wenn eine Straße erstmals geteert wird. Über die EBS können die Anlieger von den Gemeinden nach wie vor zur Kasse gebeten werden.

So auch die elf Anwohner des Daxberger Wegs in Indersdorf, die wegen der Teerung ihrer Straße insgesamt 266 000 Euro berappen müssen. Einer von ihnen, Josef Scherm (90), dem zwei Grundstücke vor Ort gehören, hat rund 70 000 Euro an die Gemeindekasse zu überweisen. Zehn Prozent der gesamten Bausumme in Höhe von 315 000 Euro übernimmt die Gemeinde. Zehn der Anwohner haben Widerspruch gegen den Zahlungsbescheid eingelegt. Einer von ihnen, Johannes Seitz (68), der rund 32 000 Euro hinlegen muss, schreibt in seiner Beschwerde an die Kommune: „Der von der Gemeinde Markt Indersdorf festgesetzte Erschließungsbeitrag ist in seiner Höhe nicht zu akzeptieren, er ist als unzumutbar anzusehen.“

Ein Fall mit vielen Facetten

Der Fall Daxberger Weg ist sehr spannend, denn er hat viele Facetten. Vor mehr 25 Jahren sei der Feld- und Waldweg „wiederholt mit Schüttteerungen von der Gemeinde versehen worden. ... Zudem waren alle Leitungen (Kanal und Strom) sowie die Straßenbeleuchtung bereits vor der neuerlichen Straßenerneuerung existent“, heißt es im Widerspruch, der auf das Bayerische Kommunalabgabengesetz hinweist. Dort wiederum steht, dass „Erschließungsbeiträge 25 Jahre nach dem Beginn der erstmaligen technischen Herstellung einer Erschließungsanlage nicht mehr erhoben werden dürfen“.

Vom Feld- und Waldweg zur geteerten Straße: der Daxberger Weg in Indersdorf.
Vom Feld- und Waldweg zur geteerten Straße: der Daxberger Weg in Indersdorf. © Grafik: MM

Der Indersdorfer Geschäftsleiter Klaus Mayershofer hält dagegen: Früher habe der Bauhof im Laufe der Zeit entstandene Löcher am Daxberger Weg mit „mit ein paar Kubikmetern Teer, der übrig war“, verfüllt. Und der gebaute Kanal „hat nichts mit Erschließung zu tun“. Die dafür notwendigen Kriterien seien in erster Linie die geteerte Straße, Gehwege, die Beleuchtung sowie die Entwässerung. „Es ist keine Erschließung erfolgt“, betont Mayershofer.

Die Anwohner haben jedoch weitere Argumente. Sie fragen sich, warum die Gemeinde von den Gesamtkosten nur den Mindestanteil von zehn Prozent übernimmt. Weil es „Standard in Bayern ist“, entgegnet der Verwaltungschef. Die zehn Prozent seien eine Empfehlung des Bayerischen Gemeindetags. Sicherlich könne die Kommune mehr übernehmen. Das sei dann allerdings ungerecht gegenüber früheren Erschließungen, bei denen die Kommune ebenfalls nur zehn Prozent übernommen habe. „Die Grundstücksbesitzer von damals könnten sagen: spinnt ihr, jetzt mehr zu übernehmen?“, so Mayershofer.

Der Verwaltungschef erinnert sich zurück, als der Daxberger Weg noch nicht asphaltiert war. Da habe es winters oft Beschwerden der Anlieger gegeben, warum nicht geräumt werde. Das sei jedoch wegen der Beschaffenheit des Weges nicht gegangen, so Mayershofer, der noch anfügt, dass der Bauhof immer mal wieder Schlaglöcher ausbessern musste, was „die Allgemeinheit Geld gekostet hat“.

Und da ist noch eine Sache: Nach Angaben von Patrick Hense, Mitarbeiter im Indersdorfer Bauamt, hatte bereits im September 2021 eine Eigentümerversammlung stattgefunden, bei der eine „Kosten-Info“ für die Anwohner erfolgt sei. Die Berechnungen von damals seien nicht weit weg gewesen von den endgültigen Baukosten. Im April 2024, so Hense weiter, „gab es eine Vorankündigung, dass die Arbeiten fertig sind und was auf die Anwohner zukommt“.

Bettina Scherm, die Tochter von Josef Scherm, erklärt, dass sie seinerzeit bei der Versammlung dagegen gestimmt habe, dass die Straße asphaltiert werde. Den Zahlungsbescheid habe ihr 90-jähriger Vater vier Tage nach dem Tod ihrer Mutter erhalten. „Das hat meinen Vater völlig aus der Fassung gebracht. Er kriegt doch keinen Kredit mehr. Wo soll er auf einen Schlag 70 000 Euro herbekommen?“

Anwohner Seitz hofft nun auf die Widersprüche. Er habe überdies eine einstweilige Verfügung beantragt. Die Verwaltungsgerichte urteilten in solchen Fällen „bürgerfreundlich“, meint er.

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