Gespräche zu Asylunterkunft in Marienstein stehen noch aus – Benachbarte Firma äußert Sorge

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Diese Halle des Unternehmers Franz Haslberger war zuletzt im Gespräch als weitere Flüchtlingsunterkunft in Marienstein. © Thomas Plettenberg

Die Nutzung der Haslberger-Halle in Marienstein als Asylunterkunft ist noch nicht vom Tisch. Während dazu weitere Gespräche zwischen Landkreis und Gemeinde ausstehen, äußert sich eine Firma höchst besorgt.

Marienstein - Waakirchen ist am Zug. So hatte sich das Landratsamt zuletzt geäußert, als es um ein brisantes Vorhaben ging: die Unterbringung von bis zu 150 Geflüchteten in einer Lager- und Maschinenhalle des Unternehmers Franz Haslberger in Marienstein. Das Landratsamt hatte die Unterbringung dort ins Auge gefasst und einen entsprechenden Antrag auf Vorbescheid zur Nutzungsänderung bei der Gemeinde eingereicht. Diese reagierte mit Entsetzen und kündigte Widerstand an. Daraufhin zog das Landratsamt den Antrag zurück – vorerst. Die Gemeinde solle alternative Unterbringungsmöglichkeiten prüfen, hieß es. Sollte es keine Alternativen geben, müsse das Projekt Haslberger-Halle weiter verfolgt werden. Und es hieß auch: Es müsse weitere Gespräche geben.

Noch keine Gespräche: Bürgermeister verweist auf Urlaubszeit

Doch weder Gemeinde noch Landratsamt haben den Gesprächsfaden zuletzt wieder aufgenommen. Bürgermeister Norbert Kerkel (FWG) räumt ein, bisher keine Gespräche mit dem Landratsamt diesbezüglich geführt zu haben und verweist auf die Urlaubszeit im August. Wenngleich er nicht ausschließen wollte, dass das Thema nicht öffentlich in den Gremien wieder aufgegriffen werde.

Königsteiner Schlüssel: Waakirchen müsste mehr Flüchtlinge aufnehmen

Fest steht: Laut einer Aufstellung des Landratsamts vom August müsste die Gemeinde Waakirchen mit ihren 5872 Einwohnern gemäß dem Königsteiner Schlüssel zur Verteilung der Neuankömmlinge 137 Flüchtlinge aufnehmen. Mit 77 Aufnahmen bisher ist die Gemeinde aber mit 60 im Soll, so die Statistik. Zum Vergleich: Gmund müsste weitere 69 Personen aufnehmen, Rottach-Egern 83, Kreuth 26. Bad Wiessee liegt mit 17 Personen über dem Soll, die Stadt Tegernsee hat durch die Belegung der großen Turnhalle 219 Personen mehr aufgenommen als sie müsste.

Landratsamt: „Müssen jegliche Unterbringung in Betracht ziehen“

Auch vonseiten des Landratsamts befindet sich das Thema Lagerhalle Marienstein noch in der Warteschleife. „Ein Gespräch findet noch statt“, teilt Sprecherin Sabine Kirchmair auf Nachfrage mit. Zur Frage, ob der Landkreis die Belegung der Halle notfalls auch gegen den Willen der Gemeinde durchsetzen könnte, heißt es von der Kreisbehörde: „Wir müssen jegliche Unterbringung in Betracht ziehen. Uns sind die Hände gebunden, deshalb müssen wir an solchen Unterkünften festhalten. Freilich“, so die Sprecherin, „versuchen wir das immer im Einklang mit der jeweiligen Gemeinde.“ Alternativen zur Halle habe das Landratsamt aktuell keine.

Firma in Marienstein zeigt sich wegen Unterkunft höchst besorgt

Währenddessen sind Anwohner und selbst Firmen in Marienstein höchst besorgt. Besorgt, weil die Unterbringung von etwa 200 Asylbewerbern für einen Ort wie Marienstein mit 800 Einwohnern nicht gerecht und fair wäre. Denn: In einem ehemaligen Verwaltungsgebäude werden bekanntlich Ende des Jahres 40 Flüchtlinge einziehen. Bis auf wenige Kleinigkeiten seien die Umbaumaßnahmen dort bereits abgeschlossen, erklärt das Landratsamt, das eine schnellstmögliche Ausstattung des Objekts ankündigt.

Für Waltraud Weber, Geschäftsführerin eines Speditionsbetriebs in Marienstein, sind die Lagerhalle und der Standort völlig ungeeignet. Dabei besitze die Gemeinde Flächen, die mithilfe des Landratsamts auch in kurzer Zeit einer Bebauung zugeführt werden könnten. Weber führt das Beispiel Schaftlach an. Dort wurden Mehrfamilienhäuser für etwa 30 Flüchtlinge gebaut, die später auch anderweitig genutzt werden könnten, was weitaus nachhaltiger wäre, als die Lagerhalle in Marienstein zur Unterkunft zu machen.

Firmen-Chefin: Mitarbeiter fürchten um ihre Sicherheit

„Was bitteschön ist menschenwürdig an einer Unterbringung in einer Lager- und Maschinenhalle am Waldrand, im absoluten Nirgendwo ohne jegliche Infrastruktur, mit Unmengen Schnee und ohne Sonne im Winter?“, fragt Weber. „Und selbst die nächstgelegene Einkaufsmöglichkeit ist 3,5 Kilometer entfernt.“ Es werde zu „Frust und enormen Problemen“ kommen, befürchtet sie und spricht davon, dass die Situation die Firma, die seit 65 Jahren von ihrer Familie betrieben werde, als Arbeitgeber an ihre Grenzen bringen könnte. Oft auch spätnachts und am Wochenende würden Mitarbeiter alleine auf dem Firmengelände arbeiten, das an zwei Grundstücksgrenzen an die Lagerhalle grenze. „Wir alle haben schon mit den 40 Asylbewerbern einfach nur Angst und wissen nicht, wie lange wir unser Personal unter diesen Umständen noch halten können“, sagt Weber. Mehrfach habe sie dies dem Landratsamt mitgeteilt. Vergeblich. Weber wird noch deutlicher: „So ernst nimmt das Landratsamt und anscheinend leider auch unsere Gemeinde die Ängste und Sorgen seiner Mitbürger und Steuerzahler, die das ganze System überhaupt noch am Laufen halten.“

gr

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