40 Jahre Revierweise Aussagen: Verjüngung bleibt zentrales Thema
Seit 40 Jahren treffen die Forstämter im Landkreis Miesbach Revierweise Aussagen für Waldbesitzer und Jäger. Wie das Verfahren funktioniert, erklärten die Initiatoren und Förster bei einer Waldbegehung.
Landkreis – „Das kann sich keiner vorstellen, wie der Wald noch vor 40 Jahren ausgesehen hat“, sagt Hans Kornprobst. Damals wuchsen kaum junge Bäume nach und wenn, waren sie vom Wild verbissen. Kaum eine Tanne und keine einzige Buche seien in den Wäldern im Landkreis nachgewachsen. Um den Wald zu retten, erstellte Kornprobst, der von 1980 bis 2003 das Forstamt Schliersee leitete, zusammen mit dem damaligen Landrat Wolfgang Gröbl (CSU) 1984 die Revierweisen Aussagen zur Waldverjüngung. Zum 40-jährigen Jubiläum gingen die Initiatoren am gestrigen Donnerstag durch den Wald bei Hauserdörfl, um die Früchte ihres Projektes zu begutachten.
Verlässliche Daten für einen zukunftsfähigen Wald
Wie wichtig die Revierweisen Aussagen auch heute noch sind, betonte Korbinian Wolf, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Holzkirchen: „Damals war die Luftverschmutzung für das Waldsterben verantwortlich, heute ist es der Klimawandel.“ Der Erhalt des Waldes sei deshalb noch genauso aktuell wie vor 40 Jahren. Auch Landrat Olaf von Löwis betonte, dass es für einen stabilen und zukunftsfähigen Wald auch verlässliche Daten brauche.
Zwischen den üppig nachwachsenden Tannen erklärten Gröbl und Kornprobst den anderen Teilnehmern, wie sie damals zu ihrer Idee kamen. Es sei wichtig, dass die Betroffenen miteinander redeten – und zwar an dem Ort, um den es geht, betonte der ehemalige Landrat. Denn die Situation des Waldes konnte nur durch Jagd verbessert werden. Mit einem Schreiben vom 29. April 1993 wandten sich Kornprobst und Gröbl deshalb an die Jagdvorsteher und -pächter im Landkreis Miesbach. Darin wiesen sie auf die Gefährdung des Waldes hin, die durch Kahlschlag und zu hohe Bestände an Rot- und Rehwild entstanden sei. „Nur die Grundstückseigentümer als Jagdgenossen und die Jäger sind in der Lage, diesen Zustand zu ändern“, erklärten sie darin und informierten die Adressaten über ihre Rechte und Möglichkeiten.
„Wenn Du als Landrat nicht Forstmann gewesen wärst, wäre dieses Schreiben nicht zustande gekommen“, sagte Kornprobst zu seinem Freund Gröbl. Ab diesem Zeitpunkt untersuchten die Waldbesitzer jährlich mit dem Revierförster und Jägern ihr Revier. Das Ergebnis war ein deutlich versachlichter Dialog zwischen Waldbesitzern und Jägern. Das beendete auch das Misstrauen, das zwischen vielen Waldbesitzern und Jägern geherrscht hatte. Im Jahr 2012, nachdem sich der damalige Forstminister Helmut Brunner ein Bild von der Waldverjüngung im Landkreis gemacht hatte, wurden die Revierweisen Aussagen bayernweit in die offiziellen Forstlichen Gutachten eingeführt. In diesem Jahr steht das 14. Gutachten seit 1986 an.
Verfahren zur Erstellung der Revierweisen Aussagen seit 40 Jahren unverändert
Wie das Verfahren konkret abläuft, zeigte Revierförster Hans Feist am Beispiel des Waldes von Andreas Fichtner. „Das Verfahren ist seit 40 Jahren unverändert.“ Das Revier wird in mindestens zwei Trakte aufgeteilt, die mindestens 40 Meter lang und bis zu zwei Meter breit sind. Der Förster geht mit einem Meterstab durch den Trakt und untersucht den Verbiss an der Spitze der Bäume. Untersucht werden Bäume ab einer Mindesthöhe von 20 Zentimeter bis einer Höhe von 1,80 Meter. Beispielhaft wird der Verbiss an Tannen im Revier untersucht. „Wenn die Tanne funktioniert, hat der Rest auch gute Überlebenschancen“, erklärt Weber mit Blick auf Fichte und Buche. Die erhobenen Zahlen dienen dann als Grundlage für die Beratung.
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Im Wald von Andreas Fichtner hatte die zur Folge, dass die „überstarken Bäume“ auf seinem Grund entfernt wurden, um mehr Lücken zu erzeugen. Dadurch konnten jüngere Bäume nachwachsen. Die Revierweisen Aussagen haben laut Leonhard Bendel, Jäger aus Waakirchen, auch die Jagd vorangetrieben: Im Revier von Fichtner betreiben die Jäger Intervalljagd und nutzen Jagdhunde und mobile Klettersitze. So wie hier in Waakirchen werden rund 30 Prozent aller Jagdgebiete im Landkreis von den Waldbesitzern selbst bewirtschaftet. Der Wald von Andreas Fichtner gehört zu den „grünen“ Hegegemeinschaften, in denen der Verbiss noch tragbar ist. Auch, wenn das Verfahren hier nicht verpflichtend ist, finden laut dem AELF dennoch in mehr als 90 Prozent der grünen Hegegemeinschaften Revierweise Aussagen statt. (sf)