Seit 65 Jahren Musikanten aus Leidenschaft: diese Brüder (80 und 83) leben Blasmusik

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Urgesteine und Gründungsmitglieder der Blaskapelle Irschenhausen: (v. li.) Karl Hartl an der Tuba und Hans Hartl mit der Posaune teilen ihre Leidenschaft für die Musik. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Alles begann mit einer faden Fronleichnamsprozession. Dann gründeten die Hartl-Brüder Karl und Hans die Blaskapelle Irschenhausen mit. Noch heute spielen sie.

Am 30. Oktober 1959 waren es nicht genügend Leute: Das Vorhaben scheiterte. Aber vier Tage später, am 3. November, sollte es dann doch noch klappen. Im Gasthof Alpenblick in Icking trafen sich 20 Männer. Auslöser des Treffens war die vorangegangene unspektakuläre Fronleichnamsprozession. „Nur zu Beten, das fanden wir so langweilig“, erinnert sich Hans Hartl, „das war uns nicht feierlich genug“. An jenem Tag vor 65 Jahren gründeten die Gleichgesinnten die Blaskapelle Irschenhausen. Sie machten es sich zur Aufgabe, von nun an die Fronleichnamsprozessionen in der Gemeinde mit Blasmusik zu begleiten.

Hans und Karl Hartl saßen damals mit am Tisch. Hans war damals 15, sein Bruder Karl 18 Jahre alt. Heute ist Hans Hartl 80, sein Bruder 83 und sie sitzen in der Küche des Älteren und schauen in ein Fotoalbum. Die Gründungsmitglieder spielen noch heute und bekommen von der Blasmusik einfach nicht genug.

Die Blaskapelle Irschenhausen bei „Musikanten im Dorf“.
Die Blaskapelle Irschenhausen bei „Musikanten im Dorf“. © Blaskapelle Irschenhausen

Der Donnerstag ist ihnen heilig: Blaskapellen-Mitbegründer spielen noch heute mit

Seit 65 Jahren teilen die Brüder eine große Leidenschaft. Der Donnerstag, der Tag, an dem sich die Kapelle traditionell zu den Proben trifft, genießt einen Sonderstatus. „Der ist heilig“, sagt Hans Hartl. Mit alten Fotos in der Hand erinnert sich Karl Hartl an die Anfangszeit: „Wir mussten erstmal die Noten lernen. Das hat aber nichts ausgemacht, mich hat die Blasmusik so fasziniert.“ Hans Hartl hat mit Trompete angefangen. „Danach kamen Tenorhorn und Baritonhorn. Die Posaune lief bei mir immer nebenher, das war meine Leidenschaft.“ Heute spielt er nur noch Posaune und ist damit ziemlich zufrieden. Karl Hartl tat das auch lange, seit Ende der 1970er-Jahre ist er aber der Mann an der Tuba. Der Grund: Der Tubist war aus der Kapelle ausgeschieden. „Ich habe mir gedacht: Wenn's kein anderer machen will, dann mache ich das eben.“ Er tat's, um die Blaskapelle am Leben zu halten. Heute hält er seine Tuba voller Stolz.

„Die Musik bereichert das Leben“, stellt Hans Hartl fest. Fast keine Probe habe er seit der Gründung verpasst. Die Instrumente habe er sich anfangs vom kleinen Lehrlingsgehalt abgespart. Die Kapelle ist den Brüdern so wichtig, dass sie sich auch über die Konzerte hinaus engagierten: Beim Besuch unserer Zeitung zeigt Karl Hartl stolz das Ergebnis seiner 40 Jahre andauernden Tätigkeit als Schriftführer.

Festkonzert zum runden Geburtstag: Die Irschenhauser Blasmusik feiert sich selbst

In einem von vier dicken, gebundenen Büchern blättert er andächtig und meint lächelnd: „Ich habe immer ein bisschen zu viel geschrieben, aber so kann man das später wenigstens alles nachvollziehen.“ Tatsächlich beschränken sich die fein säuberlichen Eintragungen jedes Termins nicht nur auf ein paar Zeilen. Er streicht langsam mit dem Finger über die Zeilen. „Da, das war die Hochzeit vom Hans“, erklärt Karl seine Entdeckung. Die alten Fotos und das Buch lassen die beiden in gemeinsamen Erinnerungen schwelgen. „Einmal“, beginnt Karl, „marschierten wir und dann überholt uns plötzlich die große Trommel. Der Gurt war abgerissen.“ Und dann erinnern sich die beiden noch an einen besonderen Zuhörer. „Auf einmal lief der Weizsäcker zu uns und fragt, wie es geht“, sagt Karl Hartl. Noch heute freut er sich, dass sich der ehemalige Bundespräsident für das Ständchen der Irschenhauser bedankt hat.

Blasmusik – das haben die beiden in über sechs Jahrzehnten gelernt – ist Teamarbeit. „Die anderen 18 Leute sind genauso wichtig“, stellt Hans Hartl klar. Seit der Gründung hat die Blaskapelle Irschenhausen die verschiedenen Feierlichkeiten musikalisch begleitet. Fronleichnamsprozessionen natürlich. Ebenso Maifeiern, Gaufeste, Gottesdienste, Beerdigungen, Geburtstags- und Firmenfeiern. In diesem Jahr feiert sich die Kapelle selbst: Zum 65. Geburtstag lädt der Verein zum Festkonzert ein. Mit dabei sind natürlich die beiden dienstältesten Instrumentalisten.

Zehn Kapellmeister haben sie schon erlebt: Ü80-Duo spielt leidenschaftlich Blasmusik

Dass die Brüder die Instrumente so gut beherrschen, verdanken sie auch ihren zehn Kapellmeistern. „Jeder hat uns etwas beigebracht. Bei jedem ist musikalisch was hängen geblieben“, sagt Hans Hartl, sein Bruder stimmt ihm nickend zu: „Wir haben uns ständig verbessert.“ Mit dem aktuellen Kapellmeister Rainer Jorde arbeiten die beiden gerne zusammen. „Den haben wir ganz besonders ins Herz geschlossen“, sind sich die Brüder einig. Seit fünf Jahren leitet Jorde die Proben. Die Blaskapelle besteht derzeit aus 26 aktiven Mitgliedern.

Das Ü80-Duo weiß, dass es nicht für immer mitspielen kann. Karl Hartl tut sich zunehmend schwer damit, die große, schwere Tuba zu tragen. „Immer brauche ich jemanden, der das Instrument für mich trägt.“ Aber anstatt sich davon entmutigen zu lassen, weiß er schon, wie es weitergeht: „Ewig geht's nimmer, aber dann kommt die Zeit, wo ich zuschaue.“ Hans, der 80-jährige und jüngere Bruder, denkt gar nicht ans Aufhören. Er will weiterspielen. „So lang, wie es eben noch geht.“

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