Ist ein Ende des Ukraine-Kriegs in Sicht? Kreml reagiert auf Selenskyjs Angebot
Für eine Lösung im Ukraine-Krieg hat Präsident Selenskyj gegenüber Putin Gesprächsbereitschaft signalisiert. Russland zögert bisher.
Moskau – Präsident Wolodymyr Selenskyj ist wohl bereit, direkt mit Wladimir Putin zu verhandeln. Nach mehr als zwei Jahren Ukraine-Krieg, zermürbenden Kämpfen um minimale Frontverschiebungen und einer müden Zivilbevölkerung scheint die Ukraine bereit für Diplomatie zu sein. Auch wenn das bedeutet, dass sie Territorium an Russland verlieren.
Bisher hatte Selenskyj auf einem vollständigen Rückzug russischer Truppen von ukrainischem Gebiet beharrt. Doch der Ton ändert sich aktuell. „Wir werden mit denen reden, die in Russland alles entscheiden“, sagte Selenskyj. Mit politischer Unterstützung der Verbündeten könne die Ukraine die heiße Phase des Konflikts schon bis Ende 2024 beenden. „Wir müssen nicht alle Territorien zurückerobern. Ich denke, das kann man auch mithilfe der Diplomatie erreichen.“
China könnte bei einer diplomatischen Lösung im Ukraine-Krieg helfen
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba ist derzeit in Peking, um ukrainische und chinesische Positionen für eine diplomatische Lösung in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine anzunähern. Er versucht, einen eigenen Friedensplan mit der von Peking offerierten diplomatischen Lösung des Konflikts zu koordinieren. Dabei hatte er direkte Gespräche mit Moskau als Ziel genannt. China gilt als wichtigster Verbündeter Russlands und wird laut AFP ein großer Einfluss auf Entscheidungen in Moskau zugeschrieben.
Kuleba bestätigte dabei auch ein Interesse Kiews an Gesprächen mit Moskau. Selenskyj lobte, dass China das Versprechen von Staats- und Parteichef Xi Jinping einhalte, keine Waffen an Russland zu liefern. Er warte auf die Rückkehr Kulebas für weitere Erkenntnisse. „Es gibt ein klares Signal, dass China die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine unterstützt“, sagte Selenskyj.
Ukraine soll laut Putin für Frieden auf Nato-Beitritt und Ost-Gebiete verzichten
Russland hat die von Kiew signalisierte Gesprächsbereitschaft über einen Frieden laut dpa skeptisch aufgenommen und will seine Kriegsziele weiter voll durchsetzen. „Ob durch die militärische Spezialoperation oder durch Verhandlungen – wir haben keine Alternative zum Erreichen unserer Ziele. Und wir werden sie auf jeden Fall erreichen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Kiews Versuche, über Peking eine diplomatische Lösung voranzutreiben, wertete er als Notlage der Ukraine.
Putin hatte als Kriegsziele einen Verzicht der Ukraine auf den Beitritt zur Nato und auf mehrere Gebiete im Osten und Südosten des Landes genannt. Er fordert den Rückzug ukrainischer Truppen aus den Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja. Zudem beharrt Moskau auf der Forderung nach einer „Entnazifizierung der Ukraine“, worunter im Kreml wohl die Einsetzung einer von Russland abhängigen Regierung in Kiew gemeint ist.
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Kreml-Sprecher Peskow sieht „Ukraine in Schwierigkeiten“
Bisher seien ihm die Details des Angebots unklar, sagte Peskow dazu. Es sei aber offensichtlich, dass die ukrainische Führung in Schwierigkeiten sei. „Früher oder später wird – vielleicht nicht so schnell wie von uns erhofft – die Zahl der Leute steigen, die versuchen, nüchtern auf das Geschehen zu blicken.“
Selenskyj versucht aktuell auch mit Blick auf die anstehenden US-Wahlen diplomatische Gewinne zu erreichen und schnell einen zweiten Ukraine-Gipfel zu realisieren. Denn was bei einer zweiten Amtszeit Donald Trumps mit der Ukraine passiert, ist bisher unklar. Ein Versuch Selenskyjs vom vergangenen Sonntag, Trumps Stimmung telefonisch auszuloten, war wenig erfolgreich. Aus Selenskyjs Umgebung jedenfalls heißt es wenig beruhigend, Trump besitze bisher offenbar keinerlei „Ukraine-Plan“. (lm/dpa/afp)