Neue Herausforderungen: Jörg Meyer kehrt dem Forstbetrieb Schliersee den Rücken

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Hat vieles im Staatswald bewegt: Forstbetriebsleiter Jörg Meyer, hier vor dem winterlich verschneiten Forsthaus Valepp. © THOMAS PLETTENBERG

Forstbetriebsleiter Jörg Meyer verlässt Schliersee zugunsten einer Stelle im Wirtschaftsministerium. Im Interview blickt er auf viele Projekte zurück.

Landkreis – Bei der Hegeschau auf Gut Kaltenbrunn ließ Jörg Meyer (45) die Gäste aufhorchen. Nicht nur durch seinen Vortrag, sondern vor allem auch durch seine Ankündigung, den Forstbetrieb Schliersee bereits Anfang Mai zu verlassen. Der bisherige Leiter der Staatswaldreviere im Landkreis Miesbach folgt dem Ruf des bayerischen Wirtschaftsministeriums und wechselt ins dort neu geschaffene Referat für Angelegenheiten der Bayerischen Staatsforsten. Im Interview blickt Meyer auf seine sechseinhalb Jahre in Schliersee zurück.

Herr Meyer, die Sanierung des Forsthaus Valepp und der Burgruine Hohenwaldeck läuft, der klimagerechte Waldumbau macht Fortschritte. Ausgerechnet jetzt, wo Ihre jahrelangen Anstrengungen Früchte tragen, verlassen Sie den Forstbetrieb Schliersee. Warum?

Jörg Meyer: Zunächst mal möchte ich betonen, dass ich mich nicht aktiv vom schönen Forstbetrieb Schliersee wegbeworben habe. Vielmehr erhielt ich ein interessantes Angebot, an das Wirtschaftsministerium nach München zu wechseln, welches nach den letzten Landtagswahlen auch für Angelegenheiten der Bayerischen Staatsforsten zuständig ist. Das hat mich gereizt, weil ich schon immer der Meinung war, dass ein Wandel dem eigenen beruflichen Werdegang von Zeit zu Zeit ganz gut tut. Nach sechseinhalb Jahren in Schliersee ist es nun wieder so weit.

Sie kehren also auf die übergeordnete Ebene zurück und knüpfen damit an Ihre Tätigkeit in der Zentrale der Bayerischen Staatsforsten in Regensburg an. Haben Sie genug von der Arbeit an der Basis?

Meyer: Nein. Gerade das hat mir immer viel Freude bereitet. Zumal Schliersee ein tolles Team an Mitarbeitern hat und einer der vielfältigsten und spannendsten Forstbetriebe in ganz Bayern ist. Hier werden die vielen Funktionen des Waldes besonders deutlich – aber auch die damit verbundenen Ansprüche, die an ihn erhoben werden. Ob von Freizeitsportlern, Jägern, Almbauern, Naturschützern oder den Nutzern des Holzes.

...was auch gerne in Nutzungskonflikten mündet.

Meyer: Die lassen sich bei einer derart starken Frequentierung nicht vermeiden. Gerade hier habe ich mich aber immer um eine sachliche Debatte bemüht und versucht, mit vielen Gesprächen die unterschiedlichen Interessen auszubalancieren und für alle Seiten praktikable Lösungen zu finden. Ein nachbarschaftliches Miteinander – beispielsweise mit privaten Waldbesitzern und Almbauern – war mir stets wichtig.

„Förster denken in Zeiträumen von 100 bis 200 Jahren“

Auch mit Verbänden oder Einzelpersonen, die Sie angezeigt oder medial angegriffen haben?

Meyer: Natürlich gab es auch einzelne Fälle, an denen ich mir die Zähne ausgebissen habe. Aber wenn man feststellt, dass die Gegenseite einfach nicht für andere Argumente zugänglich ist, gibt es manchmal keinen gemeinsamen Weg oder man muss Fragen juristisch klären lassen. Der Staatswald ist ein öffentlich zugänglicher Raum, damit kann jeder unsere Arbeit verfolgen. Da ist es ganz normal, dass Fragen auftauchen. Zum Beispiel, warum in einem bestimmten Bereich Bäume gefällt werden müssen. Aber dafür gibt es immer sachliche Gründe, die wir auch gern erklären. Wie etwa die Waldverjüngung mit klimaangepassten Arten, die Licht zum Aufwachsen brauchen.

Verfangen diese Argumente denn?

Meyer: Ich glaube schon, dass ein großer Teil der Bevölkerung die Auswirkungen des Klimawandels zunehmend auch vor der eigenen Haustür merkt. Wir Förster denken aber nicht in Monaten, sondern Zeiträumen von 100 bis 200 Jahren. Das zu vermitteln, ist nicht immer ganz einfach. Dennoch ist es ganz entscheidend, gerade im Schutzwald in den Bergen die Verjüngung und Durchmischung voranzutreiben, wozu auch eine konsequente Bejagung gehört. Das sind wichtige Stellschrauben, mit denen wir heute hoffentlich verhindern können, dass es bei uns später so aussieht wie im Trentino oder im Frankenwald, wo Trockenheit und Borkenkäfer ganze Wälder vernichten.

Wie haben Sie denn das Miteinander aus Förstern und Jägern im Landkreis Miesbach erlebt?

Meyer: Meistens konstruktiv und auf Augenhöhe. Auch wenn es hier naturgemäß unterschiedliche Standpunkte gibt: Der Dialog hat sich in den vergangenen Jahren eher intensiviert. Darum war mir auch wichtig, dass ich als Forstbetriebsleiter eine Rolle in der Hochwildhegegemeinschaft bekommen habe. Für den Zukunftswald ist es besonders wichtig, dass die Jagd passt und die jungen Bäumchen aufwachsen können. Da müssen wir zusammenarbeiten und miteinander an einem Strang ziehen.

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Einiges an Emotionen in der Bevölkerung hat die Übernahme des Forsthaus Valepp durch Johannes Rabl und Manuel Neuer hervorgerufen. Nachvollziehbar?

Meyer: Bei einem so besonderen Baudenkmal mit einer Geschichte als beliebtes Ausflugsziel ist es klar, das Veränderungen genau beobachtet werden. Ich selbst hatte aber von Anfang an ein sehr positives Gefühl. Die Gespräche mit den Herren Rabl und Neuer waren stets vertrauensvoll und partnerschaftlich. Eine bessere Zukunft für dieses zuletzt lange leer gestandene Haus hätten wir uns nicht wünschen können. Und bei der auf Hochtouren laufenden Sanierung merkt man, mit wie viel Liebe zum Detail hier gearbeitet wird.

Burgruine: Zugänglichkeit soll langfristig gewährleistet werden

Nach historischem Vorbild saniert wird derzeit auch die Ruine Hohenwaldeck...

Meyer: Ja, das ist unser zweites, sehr besonderes Stück. Auch hier haben wir es in vielen Abstimmungen geschafft, eine Lösung zu finden, die historischen Mauern zu sanieren und damit auch die öffentliche Zugänglichkeit der Ruine langfristig zu gewährleisten.

Wie sehr schmerzt es Sie, dass Sie die Vollendung beider Großprojekte nicht mehr als Schlierseer Forstbetriebsleiter miterleben werden?

Meyer: Ich sehe es andersrum: Ich bin glücklich, dass ich einen Teil zur Realisierung beitragen konnte. Und natürlich würde ich mich freuen, wenn ich – neben meinem Nachfolger – zur Einweihungsfeier eingeladen werde.

Gibt es denn schon einen Nachfolger?

Meyer: Verkünden kann ich aktuell nichts, weil die Gespräche noch laufen. Mein Wechsel kam doch etwas kurzfristig. Dennoch werde ich gern für eine Einarbeitung zur Verfügung stehen. Das gilt natürlich auch für die Vorstellung im großen Netzwerk des Forstbetriebs Schliersee. Letzterer verjüngt sich übrigens auch personell: In sieben von zehn Revieren in unserem Bereich haben wir junge und sehr motivierte Nachfolger für die vor allem aus Altersgründen ausgeschiedenen Leiter eingestellt. Und seit zwei Jahren bilden wir übrigens selbst Forstwirte bei uns aus. sg

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