Bayerisches Denkmalschutzgesetz: Bürokratisch oder zu schwach?
Kreisbaumeister Christian Boiger sieht keinen Veränderungsbedarf im Denkmalschutzgesetz. Das stellt er im Interview mit unserer Zeitung klar – und erklärt auch, warum.
Landkreis – Das Bayerische Denkmalschutzgesetz ist jüngst in den Fokus geraten – aus unterschiedlichen Gründen. Während das Wissenschaftsministerium die Idee ins Spiel brachte, im Rahmen des Bürokratieabbaus „Instrumente zur Deregulierung“ zu nutzen (wir berichteten im überregionalen Teil), sorgen sich andere eher um den ausreichenden Schutz von Denkmälern. Ist das „BayDSchG“ nun zu bürokratisch oder zu schwach? Für den Landkreis weder noch, sagt Kreisbaumeister Christian Boiger (52) im Interview mit unserer Zeitung.
Herr Boiger, wie stehen Sie zur Debatte um das Denkmalschutzgesetz?
Christian Boiger: Wissen Sie, nur circa 2,5 Prozent des Baubestands in Bayern sind Denkmäler. Und da sind Ensembles schon dabei, bei denen nur die Gebäudehülle geschützt ist. Nimmt man davon die Sakralbauten weg, bleibt nicht mehr viel übrig. In Ländern wie der Schweiz, die nicht vom Zweiten Weltkrieg betroffen waren, sind es 14 Prozent. Gleichzeitig hängt an unseren Denkmälern aber unsere Identität, die Attraktivität der Region und sie sind Vorbilder für nachhaltiges Bauen. Ich glaube nicht, dass wir einen bürokratischen Wasserkopf haben, wenn wir diese Denkmäler schützen.

Manche Bauherren mögen das anders sehen.
Boiger: Es gibt sogar kommerzielle Bauträger, die sich bewusst denkmalgeschützte Häuser zum Umbauen suchen, weil sie dafür Förderungen beziehungsweise Steuerabschreibungen erhalten. Das ist möglich, weil wir keine Käseglocke über Denkmäler stülpen. Die Gebäude dürfen sich verändern – in gewissen Grenzen und Maßen. Es braucht niemand in der Kammer frieren, nur weil dort die Oma schon gefroren hat. Man kann Heizungen einbauen, Bäder und auch Erneuerbare Energien. Sogar Photovoltaik ist nicht ausgeschlossen. Darüber, was möglich ist, wird im Landkreis aber nie nur auf Basis des Papiers entschieden. Es gibt immer einen Ortstermin und eine intensive, kostenlose Beratung. Und dafür habe ich keine Mitarbeiter, sondern da fahre ich selbst raus und schaue mir das an. Das sind kurze Entscheidungswege, das ist bürgernah – und für mich das Gegenteil von Bürokratisierung.
Was mit Denkmälern passiert, entscheidet sich in Miesbach
Das Landesamt für Denkmalpflege spricht aber auch noch mit, richtig?
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Boiger: Die Entscheidung darüber, was ein Denkmal ist, wird in München getroffen. Das Landesamt übernimmt auch die Listenführung. Was damit geschieht, entscheiden aber wir als Untere Denkmalschutzbehörde. Das ist kein großer Weg. Ich finde, das passt sehr gut, so wie es ist – vorausgesetzt, man ist personell vernünftig aufgestellt. Und das sind wir in Miesbach.
Wäre es nicht einfacher, Denkmäler Kategorien zuzuordnen, ohne jedes Mal einzeln zu entscheiden?
Boiger: Solchen Kategorien stehe ich skeptisch gegenüber. Ich halte eine Entscheidung ohne einen Ortstermin für unmöglich. In der Gemeinde Irschenberg beispielsweise hat sich bei einem Bauernhaus erst kürzlich unter der Tapete gezeigt, dass das Haus wohl mindestens aus dem 17. Jahrhundert ist – was vor Beginn der Sanierung nicht sichtbar war. Deshalb ist es schwierig, Denkmäler als besser oder schlechter einzuordnen. Und selbst wenn das möglich wäre: Wer sollte denn eine fachgerechte Kategorisierung bei rund 1200 Denkmälern im Landkreis leisten? Dafür fehlt die Manpower.
Boiger: Perioden der Kunst- und Baugeschichte definieren Mindestaltersgrenze
Was halten Sie von einer Mindestaltersgrenze?
Boiger: Die gibt es aus meiner Sicht schon. Das Gesetz definiert Denkmäler als solche, „deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt“. Ohne eine abgeschlossene Periode der Kunst- oder Baugeschichte ist das nicht gegeben.
Gibt es andersherum Fälle, die Sie gerne als Denkmal sehen würden, die aber nicht geschützt sind?
Boiger: Das ist die Entscheidung des Landesamts. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass solche Fälle mal nicht gelistet wurden. Klar ist aber auch, dass nicht jedes alte Haus ein Denkmal wird. Genauso wie nicht alles in einem Denkmal so bleiben muss, wie es ist.
Wonach richtet sich dieser Spielraum?
Boiger: Nehmen Sie zum Beispiel ein Haus, in das vor über 50 Jahren ein PVC-Boden eingebaut wurde. Dann kam das Denkmalschutzgesetz – und der Fußboden wurde mitgeschützt. Trotzdem darf er nach Rücksprache wieder raus. Der Denkmalschutz ist die Grundlinie, danach kommen der Ermessensspielraum und die Abwägung. Das ist nicht so schwierig, wie man vielleicht annimmt. Es gewährleistet aber, dass jedes Haus genau angeschaut wird. Ich glaube, dass wir einen guten Denkmalschutz haben. nap
Bezirk fördert sechs Denkmäler im Landkreis
Für den Erhalt von Denkmälern gibt es unterschiedliche Zuschussmöglichkeiten. Eine davon ist die Denkmalpflegeförderung des Bezirks Oberbayern, von der auch im Landkreis mehrere Projekte profitieren. Erst Mitte April hat der Bezirkstag die Förderung von 131 kommunalen, kirchlichen oder privaten Vorhaben über insgesamt 1,6 Millionen Euro beschlossen. Sechs Projekte davon liegen im Landkreis, die der Bezirk mit insgesamt 109 000 Euro fördert.
Bei vier der sechs Projekte handelt es sich um Bauernhäuser. So fließen 32 000 Euro in den Meisterhof in Valley, um dort Wohnraum zu schaffen. Das Bauernhaus Beim Metzger in Schaftlach soll saniert und teils neugebaut werden, was der Bezirk mit 27 000 Euro unterstützt. Der Funkhof in Fischbachau erhält 6000 Euro für eine neue Fassade. Die gleiche Summe fließt nach Gmund: Dort werden der Balkon und die Ost-Fassade des Fuchsenhofs instand gesetzt, teilt der Bezirk mit.
Hinzu kommen zwei Kirchen. Für den neuen Turm von St. Georg in Otterfing gibt’s 28 700 Euro, für die Restaurierung des Altarkreuzes und weiterer Reliquien in St. Quirinus in Tegernsee 9500 Euro. nap
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