"Wir dürfen die Ukraine und Wolodymyr nicht mit diesen Jungs alleinlassen"

In der Mitschrift der Telefonschalte, die dem "Spiegel" vorliegt, wird deutlich, wie kritisch die europäischen Entscheider über die Verhandlungen zum von US-Präsident Donald Trump vorgelegten 28-Punkte-Plan und die US-Unterhändler denken. Das Telefonat fand auch unter Zuschaltung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj statt.

Bundeskanzler Friedrich Merz wird unter anderem mit herber Kritik an der US-Delegation zitiert: Selenskyj müsse "in den nächsten Tagen extrem vorsichtig sein". Und weiter: "Sie spielen Spielchen, sowohl mit euch als auch mit uns", so Merz über die beiden US-Unterhändler Steve Witkoff und Jared Kushner, die gerade in Miami, im US-Bundesstaat Florida mit einer ukrainischen Delegation sprechen. Witkoff war zudem heftig in die Kritik geraten, weil er den russischen Verhandlern Tipps für ein Gespräch von Russlands Diktator Wladimir Putin mit Trump gegeben haben soll.

Die EU-Staats- und Regierungschefs waren sich demnach in der Schalte, die am Montag stattgefunden haben soll, in ihren Einschätzungen weitgehend einig. "Wir dürfen die Ukraine und Wolodymyr nicht mit diesen Jungs alleinlassen", warnte der finnische Präsident Alexander Stubb in Bezug auf die Ukraine und ihren Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, die unter massivem Druck aus der Trump-Regierung stehen. Auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte, der als Trump-freundlich gilt, stimmte Stubb demnach zu: "Ich bin mit Alexander einer Meinung, wir müssen Wolodymyr beschützen."

Macron spricht von möglichem US-Verrat an Ukraine

Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach eine Sorge der Europäer und der Ukraine direkt an. "Es besteht die Möglichkeit, dass die USA die Ukraine beim Thema Territorium verraten, ohne Klarheit über Sicherheitsgarantien", so Macron laut der auf Englisch verfassten Mitschrift. Für Selenskyj bestehe "eine große Gefahr".

Doch die Staatschefs sprachen auch das Hauptproblem für sie an: Bisher sitzen die Europäer nicht mit am Verhandlungstisch. In der Schalte ging es dem Bericht nach auch darum, US-Präsident Trump zu bitten, Unterhändler Steve Witkoff für Mittwoch nach Brüssel einzuladen. "Im Moment sind wir draußen", soll Finnlands Präsident Stubb demnach gesagt haben. "Aber wir müssen rein." Witkoff reiste jedoch nicht nach Brüssel. 

Unklare Urheberschaft des Telefonprotokolls

Unklar ist bisher, wer das Telefonprotokoll veröffentlicht hat und warum. Neben den zitierten Staatschefs nahmen auch die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa teil. Auch die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Polens Regierungschef Donald Tusk, Dänemarks Premierministerin Mette Frederiksen sowie Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre, waren zugeschaltet.

Dem "Spiegel" wurde von mehreren Teilnehmern bestätigt, dass es am Montag eine Schalte gab. Inhaltlich bestätigen wollte das Gespräch jedoch keiner. Der Elysee-Palast dementierte die Frankreichs Präsident Macron zugeordneten Zitate aber explizit.