MVV-Beitritt hat eine Schattenseite

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Fahrten mit dem Weilheimer Stadtbus würden für viele Nutzer zunächst deutlich teurer, wenn die Stadt Weilheim dem MVV beitritt. Dafür gäbe es andere Vorteile. © Gronau

Soll auch die Stadt Weilheim dem MVV beitreten? Diese Entscheidung hat der Stadtrat vorerst verschoben. Denn neben manchem Vorteil gibt es da ein Problem: Fahrten mit dem Stadtbus würden für die meisten Nutzer wohl deutlich teurer.

Weilheim – Der Landkreis Weilheim-Schongau hat längst entschieden: Er tritt zum 1. Januar 2025 dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) bei. Auch der Kreis Landsberg wird dann MVV-Gebiet, 2026 könnte der Kreis Garmisch-Partenkirchen folgen. Nun stellt sich für die Stadt Weilheim die Frage, ob auch sie sich mit ihrem Stadtbus dem MVV anschließt. Die Entscheidung darüber hat der Stadtrat am Donnerstagabend auf September verschoben. Denn es gebe da „noch einiges zu klären“, wie Bürgermeister Markus Loth sagte.

Grüne warnen: „Das Modell Stadtbus wird massiv leiden“

Am Stadtbus an sich würde sich mit einem Beitritt nichts ändern. Die Kommunen entscheiden weiter selbst über ihr Verkehrs-Angebot, erklärte MVV-Vertreter Felix Fitz in der Ratssitzung. Das heißt, die Stadtwerke bleiben Betreiber des Stadtbusses. Allein: Das Tarifsystem ist MVV-weit einheitlich – und darin sehen einige Stadtratsmitglieder ein Problem für den Stadtbus. Denn Fahrten innerhalb Weilheims würden dann deutlich teurer (siehe Kasten unten).

„Das Modell Stadtbus wird massiv leiden“, warnte Grünen-Fraktionssprecher Manuel Neulinger, der zugleich Verkehrsreferent des Stadtrates ist. Zwar befürworte man klar den Beitritt des Landkreises und wolle nicht, dass Weilheim „ein weißer Fleck“ im MVV-Gebiet bleibt, doch über die Modalitäten müsse nochmal gesprochen werden. Preisvorteile habe im MVV-Tarif nur, wer über den Stadtbus hinaus weitere Verkehrsmittel nutze. „Aber viele Stadtbusnutzer wollen und brauchen das vielleicht gar nicht“, so Neulinger. Man müsse darüber verhandeln, dass der MVV einen eigenen Stadttarif zulässt. Auf ÖPNV-Nutzer aus anderen Orten habe Weilheims Entscheidung im übrigen „keinen Einfluss“, betonte der Grünen-Vertreter.

BfW und CSU: Vorteile eines MVV-Beitritts sind größer als Nachteile

Es gebe Profiteure des MVV-Systems, aber auch Verlierer, sagte BfW-Sprecherin Brigitte Holeczek. Etwa für viele Senioren, die den Stadtbus nutzen, wäre die Umstellung „wirklich nicht toll“. Dennoch sprach sich Holeczek für den Beitritt aus, denn es sei ohnehin fraglich, ob man die günstigen Stadtbuspreise dauerhaft halten könnte. „Uneingeschränkt für den MVV-Beitritt“ warb Tillman Wahlefeld (BfW): „Wir bringen den Stadtbus und den ganzen ÖPNV damit nach vorne“, so seine Überzeugung, die Vorteile seien größer als „der Nachteil der Preiserhöhung“.

Er sehe „überhaupt keinen Grund, warum wir nicht beitreten sollten“, sagte Klaus Gast seitens der CSU – zumal Weilheim schon aufgrund seiner Lage am meisten von der MVV-Erweiterung profitiere. Dass der Stadtbus für Kinder kostenlos sein solle, habe einst die CSU selbst beantragt, fügte Gast hinzu. Doch die erhoffte Folge – weniger „Elterntaxis“ in der Stadt – sei nicht eingetreten. Es gelte, das Defizit des Stadtbusses zu verringern, forderte Stefan Zirngibl (CSU), und das habe die Stadt selbst in der Hand. Oftmals leere Fahrten an Wochenenden könnten etwa gestrichen werden. Auch nach Ansicht von Ullrich Klinkicht (WM Miteinander) muss der Bus für den Stadtsäckel günstiger und zeitgleich mit einem MVV-Beitritt „auf andere Füße gestellt werden“, etwa als „On-Demand-Verkehr“ auf Anmeldung der Fahrgäste.

SPD-Vertreter ist „ein bisschen enttäuscht“

Was die Folgen eines MVV-Beitritts betrifft, zeigte sich SPD-Vertreter Horst Martin „ein bisschen enttäuscht“. Von den Verbindungen her werde sich „nichts verbessern“, außer die Kommunen kaufen Leistungen extra ein. Zugleich habe der MVV „eines der kompliziertesten Tarifsysteme in ganz Europa“. Und was würde ein Beitritt für die Ausgaben in Sachen Stadtbus bedeuten? Der Zuschussbedarf werde nicht steigen, antwortete Stadtwerke-Chef Karl Neuner auf diese Frage Martins. Neuner empfahl klar, dass sich die Stadt dem MVV anschließt: Die „vielen Vorteile“ wie einheitliche Tarife würden die Nachteile wie einzelne höhere Fahrpreise aufwiegen. Und für die Stadtwerke als Stadtbus-Betreiber wäre der Verbund eine gute Unterstützung.

Das haben Bürger von einem Beitritt zum MVV

Für die Bürger habe ein einheitliches Tarifgebiet viele Vorteile, versicherten die beiden MVV-Vertreter, die in die Stadtratssitzung gekommen waren: durchgängige Tarife inklusive „Anschlussmobilität“ und der entsprechenden Informationskette, abgestimmte Fahrpläne, einfachere und bessere Möglichkeiten zum Ticketkauf, auch online oder per App. Für Kinder gebe es, etwa mit der Tageskarte fürs gesamte MVV-Gebiet (3,60 Euro), deutlich günstigere Preise. Nur gegenüber dem jetzigen – „politisch gewollten“ – Nulltarif im Stadtbus könnten die natürlich nicht mithalten, räumte Julia Wüst ein. Wollten Kommunen ihren Bürgern innerhalb des MVV-Systems günstigere Preise ermöglichen, so könnten sie beispielsweise kostenlos oder vergünstigt MVV-Tickets an Berechtigte abgeben oder bestimmte Tickets, die im Stadtverkehr genutzt werden, rückvergüten, erläuterte die MVV-Mitarbeiterin.

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Was der MVV-Beitritt selbst die Stadt kosten würde (zusätzlich zu den Aufwendungen für den Stadtbus), bezifferte Felix Fitz: Einmalige Investitionskosten, etwa für Entwerter in den Bussen, lägen dank hoher Zuschüsse unter 1000 Euro. Die jährlichen Kosten für zwingende Basisleistungen würden etwa 10 000 bis 15 000 Euro betragen. Darüber hinaus könne die Kommune weiter selbst entscheiden, ob sie Regieleistungen beim MVV einkaufe oder zum Beispiel einen Stadtbus selber betreibe.

„Starke Pendlerströme“ von und nach Weilheim

Fitz verwies auch auf die „starken Pendlerströme“ von und nach Weilheim. Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2020 gebe es etwa 1500 Pendler zwischen der Kreisstadt und dem Landkreis Starnberg, 1100 zum/vom Kreis Garmisch-Partenkirchen, fast 900 zum/vom Kreis Landsberg und über 1500 nach München. Das MVV-Gebiet wurde im Dezember 2023 übrigens auf zwölf Zonen erweitert – die bis nach Kufstein reichen. Der Landkreis Weilheim-Schongau liege in den Zonen 5 bis 9, Weilheim selbst in Zone 6.

Ob nun die Stadt Weilheim zum Januar 2025 dem MVV beitreten soll, darüber diskutieren in den kommenden Wochen die Stadtratsfraktionen intern. Bis Mitte Juli können sie noch etwaige Fragen an den Verbund einreichen, sagte Bürgermeister Loth. Für September ist dann eine erneute Beratung im Hauptausschuss und die Beschlussfassung im Stadtrat geplant. Dazu wolle man MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch einladen.

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Das kosten Fahrten mit dem Stadtbus

Die Fahrpreise des Weilheimer Stadtbusses sind konkurrenzlos preisgünstig: Für Erwachsene kostet eine Tageskarte für beliebig viele Fahrten aktuell einen Euro. Eine Wochenkarte ist für 4,50 Euro erhältlich, eine 10er-Tageskarte für 7,50. Eine Monatskarte schlägt mit 16,50, eine Jahreskarte mit 150 Euro zu Buche. Für Kinder bis einschließlich 14 Jahre und Schüler mit gültigem Schülerausweis ist die Stadtbus-Nutzung kostenlos. Tritt die Stadt Weilheim dem MVV bei, werden Fahrten innerhalb der Stadt deutlich teurer: Erwachsene müssten nach derzeitigen Tarifen für eine Einzelfahrt 1,90 Euro bezahlen (mit Streifenkarte 1,70). Günstigste Monatskarte würde für die meisten das Deutschlandticket zum Preis von 49 Euro. Für Kinder bis 14 Jahre kostet eine Einzelfahrt im MVV-Gebiet (egal wie weit) 1,80 Euro, eine Tageskarte 3,60. Für Schüler gibt es auch ein 365-Euro-Ticket, mit dem sie das ganze Jahr im MVV-Gebiet fahren können.

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