Wirbelsäule im Fokus - Skoliose: Ursachen, Symptome und Behandlungsansätze

Stellen Sie sich vor, Sie bemerken, dass Ihre Schultern ungleichmäßig sind oder Ihre Kleidung nicht richtig sitzt. Vielleicht hat ein Lehrer oder Sporttrainer eine Abweichung in Ihrer Haltung bemerkt. Diese kleinen Anzeichen können auf eine Skoliose hinweisen, eine Erkrankung, die zu einer seitlichen Krümmung der Wirbelsäule führt. Skoliose tritt häufig im Kindes- und Jugendalter auf, kann jedoch auch Erwachsene betreffen.

Was ist Skoliose?

Skoliose ist eine Fehlstellung der Wirbelsäule, bei der sich diese zur Seite krümmt und dabei häufig auch verdreht ist. Diese Verkrümmung kann verschiedene Formen annehmen, etwa eine C- oder S-Form. Während die meisten Fälle von Skoliose mild sind und keine weiteren Probleme verursachen, können schwerere Fälle zu Schmerzen, Haltungsschäden und in extremen Fällen zu Beeinträchtigungen der Lungenfunktion führen.

Arten der Skoliose

Es gibt verschiedene Arten von Skoliose, die nach Ihren Ursachen und Erscheinungsformen klassifiziert werden:

  1. Idiopathische Skoliose: Die häufigste Form, deren Ursache unbekannt ist. Sie wird weiter unterteilt in:
    • Infantile idiopathische Skoliose (IIS): tritt bis zum 3. Lebensjahr auf
    • Juvenile idiopathische Skoliose (JIS): tritt zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr auf
    • Adoleszentenskoliose (AIS): tritt ab dem 11. Lebensjahr auf
  2. Sekundäre (symptomatische) Skoliose: Verursacht durch bekannte Faktoren wie neurologische oder muskuläre Erkrankungen (z.B. Cerebralparese, Muskeldystrophien), angeborene Wirbelfehlbildungen oder Verletzungen.
  3. Degenerative Skoliose: Tritt meist bei älteren Erwachsenen auf und wird durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule verursacht.
  4. Kongenitale Skoliose: Angeborene Form, die durch Fehlbildungen der Wirbel während der Entwicklung des Fötus verursacht wird.

Ursachen der Skoliose

Bei der idiopathischen Skoliose, die etwa 80% der Fälle ausmacht, ist die genaue Ursache unbekannt. Es wird jedoch vermutet, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen könnten, da Skoliose häufiger in bestimmten Familien auftritt. Mögliche Ursachen für sekundäre Skoliosen sind:

  • Neuromuskuläre Erkrankungen: z.B. Cerebralparese, Muskeldystrophien.
  • Angeborene Wirbelfehlbildungen: z.B. Klippel-Feil-Syndrom, Spina bifida.
  • Verletzungen der Wirbelsäule: z.B. nach Unfällen oder Operationen.
  • Entzündliche Erkrankungen: z.B. Osteomyelitis.

Symptome und Merkmale der Skoliose

Skoliose kann sich durch verschiedene Symptome und sichtbare Anzeichen bemerkbar machen:

  • Ungleichmäßige Schultern: Eine Schulter ist höher als die andere.
  • Asymmetrische Taille: Eine Seite der Taille erscheint höher oder breiter.
  • Hervortretende Rippen: Eine Seite des Brustkorbs wölbt sich stärker hervor, besonders bei Vorbeugen des Oberkörpers.
  • Schiefes Becken: Ein Hüftknochen steht höher als der andere.
  • Haltungsprobleme: Schief stehende Wirbelsäule, Kopf nicht mittig über den Schultern.
  • Rückenschmerzen: Vor allem bei Erwachsenen kann die Skoliose Schmerzen verursachen.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit: Bei schwerer Skoliose kann es zu Einschränkungen der Beweglichkeit kommen.

Diagnose der Skoliose

Die Diagnose einer Skoliose erfolgt in der Regel durch eine körperliche Untersuchung und bildgebende Verfahren. Dabei werden folgende Schritte durchgeführt:

  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt überprüft die Körperhaltung, Schultern, Taille und Wirbelsäule. Ein wichtiger Test ist der Vorbeugetest, bei dem der Patient sich nach vorne beugt und der Arzt die Wirbelsäule auf asymmetrische Erhebungen untersucht.
  • Röntgenaufnahmen: Zur Bestimmung des Krümmungswinkels (Cobb-Winkel) und zur Erfassung des Ausmaßes der Skoliose. Dabei werden auch Rotations- und Torsionsgrade der Wirbel ermittelt.
  • Bestimmung des Wachstumsstadiums: Bei Kindern und Jugendlichen wird das Wachstum der Wirbelsäule durch Messung der Körpergröße und Erfragen des Zeitpunktes der Menarche (die erste Regelblutung bei Mädchen) eingeschätzt.
  • Bestimmung der Skelettreife: Anhand von Röntgenaufnahmen der Hand oder des Beckenkamms wird das Risser-Stadium bestimmt, um das verbleibende Wachstumspotenzial zu beurteilen.

Behandlung der Skoliose

Die Behandlung der Skoliose richtet sich nach dem Schweregrad der Verkrümmung, dem Alter des Patienten und dem Fortschreiten der Krankheit. Je nach Bedarf kommen verschiedene Therapieansätze zum Einsatz:

  1. Physiotherapie: Oft die erste Behandlungsmethode, um die Muskulatur zu stärken und die Wirbelsäule zu stabilisieren. Bekannte Methoden sind die Skoliosebehandlung nach Schroth und die Vojta-Therapie.
  2. Korsettbehandlung: Bei Krümmungswinkeln zwischen 20° und 40° kann ein Korsett getragen werden, um das Fortschreiten der Verkrümmung zu verhindern. Das Korsett muss individuell angepasst und meist 16–23 Stunden täglich getragen werden.
  3. Schmerztherapie: Bei Schmerzen können Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente eingesetzt werden.

Bei schweren Skoliosen oder schnellen Progressionen kann eine Operation erforderlich sein. Die gängigsten Operationsmethoden sind:

  1. Spinale Fusion: Die Wirbel werden durch Metallstäbe und Schrauben stabilisiert und miteinander verschmolzen.
  2. Ventrale Derotationsspondylodese: Operation von vorne, bei der die Bandscheiben entfernt und die Wirbelkörper verschraubt und an einem Stab fixiert werden.
  3. Dorsale Skolioseaufrichtung: Operation von hinten mit Einsatz von Stäben und Schrauben zur Korrektur und Stabilisierung der Wirbelsäule.

Rehabilitation und Prävention

Nach einer operativen oder konservativen Behandlung ist die Rehabilitation wichtig, um die Beweglichkeit und Kraft der Wirbelsäule wiederherzustellen und Schmerzen zu lindern. Dies umfasst:

  • Physiotherapie: Regelmäßige Übungen zur Kräftigung der Rückenmuskulatur und Verbesserung der Haltung.
  • Schwimmen: Besonders empfohlen, da es die Rückenmuskulatur stärkt.
  • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen: Um den Verlauf der Skoliose zu überwachen und bei Bedarf Anpassungen an der Therapie vorzunehmen.

Eine spezifische Prävention der Skoliose ist nicht möglich, da die genauen Ursachen oft unbekannt sind. Dennoch können eine gute Haltung, regelmäßige körperliche Aktivität und das Vermeiden einseitiger Belastungen der Wirbelsäule hilfreich sein.

Ansprechpartner und Anlaufstellen

Wenn Sie oder Ihr Kind Anzeichen einer Skoliose bemerkt, ist es wichtig, sich an einen Facharzt für Orthopädie oder einen spezialisierten Physiotherapeuten zu wenden. Folgende Anlaufstellen können Betroffenen weiterhelfen:

  • Hausarzt: Für eine erste Einschätzung und Überweisung an Spezialisten.
  • Orthopäden: Fachärzte für die Diagnose und Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen.
  • Physiotherapeuten: Für konservative Behandlungen und Rehabilitation.
  • Spezialkliniken: Für umfassende Diagnostik, Therapie und Nachsorge bei schweren Fällen.
  • Selbsthilfegruppen: Bieten Unterstützung und Austausch mit anderen Betroffenen.

Fazit

Skoliose ist eine häufige Wirbelsäulenerkrankung, die von leichten bis zu schweren Fällen reichen kann. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Therapie können das Fortschreiten der Verkrümmung verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Mit einer Kombination aus Physiotherapie, Korsettbehandlung und gegebenenfalls Operationen können viele Patienten ein normales, aktives Leben führen.

Über Sascha Bade

Sascha Bade ist Osteopath und Gesundheitscoach sowie Inhaber des Osteoversum, einem Osteopathie-Zentrum mit zwei Standorten in Hamburg. Als Autor und Speaker erklärt er komplexe Gesundheitsthemen auf verständliche Weise und folgt dabei dem Leitsatz: „Nur wer Ursachen und Zusammenhänge versteht, kann seine Gesundheit gezielt fördern.“

Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen nur zu allgemeinen Informationszwecken und ersetzen nicht die professionelle Beratung und Behandlung durch einen Arzt. Bei Verdacht auf ernsthafte gesundheitliche Probleme oder bei anhaltenden Beschwerden sollten Sie immer einen Arzt aufsuchen.