Bezahlbarer Wohnraum im Oberland: Experten suchen Lösungen – Bürokratie und Kosten als Hindernis
Der Mangel an Wohnraum ist im gesamten Oberland eine Herausforderung. Experten sehen Bürokratie und hohe Kosten als Hauptprobleme.
Bad Tölz – Die erhoffte Trendwende ist ausgeblieben. Die Lage auf dem Mietwohnungsmarkt ist im gesamten Oberland weiter angespannt. Steigende Baukosten und Hürden bei der Bürokratie sorgen dafür, dass weniger neue Wohnungen entstehen. Währenddessen sind immer mehr Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht oder bereits obdachlos. Mit den Herausforderungen beim Wohnungsbau setzt sich der Arbeitskreis „Wohnen+“ des Planungsverbands Region Oberland auseinander. Dazu fand am Dienstag eine Fachtagung im Landratsamt statt. Gekommen waren zahlreiche Kommunalpolitiker und Verantwortungsträger.
„Es ist wichtig, dass man zu konkreten Lösungsvorschlägen kommt“, sagte Arnold Torhorst, Vorsitzender des Verbunds Psychische Gesundheit. Er betonte, dass es auch die Grundeigentümer brauche, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
Kosten für Bau und Finanzierung von Mietwohnungen sind „gewaltig“ gestiegen
Roman Dienersberger, Leiter des Referats Wohnraumförderung beim bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, bezeichnete den Mangel an bezahlbarem Wohnraum als eine „gesellschaftliche Herausforderung“. Die Kosten für Bau und Finanzierung von Mehrfamilienhäusern seien in den letzten Jahren „gewaltig“ gestiegen. Auch die technischen Anforderungen an neu gebaute Mietwohnungen nehmen laut dem Experten zu, etwa in Bezug auf Energieeffizienz. Weil die Gesellschaft älter wird, brauche es auch mehr barrierefreien Wohnraum, so Dienersberger. In der Nachbarschaft seien Mietshäuser aber oft umstritten.

Um den Wohnungsbedarf zu decken, gebe es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Allen voran nannte Dienersberger, den Bau von Wohnungen zu standardisieren. Dies könne einen „störanfälligen Bau vermeiden“. Eine hohe Bedeutung misst er auch der Entbürokratisierung bei. „Es gibt zum Teil unglaubliche Berichtspflichten und Pflichten zur Datenerfassung“, sagte Dienersberger. Er verwies zudem auf zahlreiche Förderprogramme des Freistaats. Im Jahr 2024 stelle das Ministerium rund 1,1 Milliarden Euro zur Verfügung. „Die Förderprogramme haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert“, sagte er, „das merken wir auch an der Nachfrage.“
„Wir haben für alles Vorschriften, aber nicht zur Barrierefreiheit“
Rainer Schneider, Vizepräsident des Bezirkstags, übte daran Kritik. „Der Freistaat müsste die Wohnraumförderung viel weiter denken“, sagte er. „Wir haben für alles Vorschriften, aber nicht zur Barrierefreiheit.“ Das Thema bezahlbarer Wohnraum habe eine „enorme gesellschaftliche Sprengkraft“. „Durchschnittsverdiener und Menschen mit Einschränkung haben größte Sorge, ihre Wohnungen zu verlieren“, so Schneider. Umso wichtiger sei es, die Entscheidungsträger an einen Tisch zu bringen. „Für eine Wende auf dem Wohnungsmarkt sind alle gefordert.“
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Die Förderprogramme kämen im ländlichen Raum kaum zum Einsatz, bemängelte Harald Mansi, Bürgermeister der Gemeinde Wielenbach (Kreis Weilheim-Schongau). Jahrzehntelang seien überwiegend Einfamilienhäuser gebaut worden. Der Markt brauche aber nicht noch mehr Einfamilienhäuser, sondern bezahlbare Wohnungen. „Man kann sozialen Wohnungsbau aber oft gar nicht umsetzen, weil es so viele Vorschriften gibt“, erklärte Mansi.
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Experten fordern Umdenken in der Gesellschaft
„In den Köpfen von uns allen muss sich etwas ändern, wir müssen gesellschaftlich neu denken“, forderte er. Stattdessen nehme die Abwehrhaltung bei vielen Menschen zu. „Hier müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten, und das wird ein langer Weg.“ An Singles, ältere und jüngere Menschen habe man in der Vergangenheit nicht gedacht, sagte er: „Für die gibt es überhaupt kein Angebot.“
In Bayern sind derzeit laut Staatsregierung 32 380 Menschen obdachlos. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht. „Wir können so viele Sozialarbeiter einstellen, wie wir wollen. Solange nicht gebaut wird, bekommen wir das Problem nicht in den Griff“, sagte Jörn Scheuermann von der Wohnungslosenhilfe Südbayern. Bayern gehe bei der Wohnungslosenhilfe einen Schritt in die richtige Richtung, lobt er.
Im Anschluss an die Vorträge erarbeiteten die Teilnehmer in Workshops konkrete Lösungsvorschläge. Das Thema bezahlbarer Wohnraum wird alle Beteiligten aber noch weit über den Fachtag hinaus beschäftigen.