Arthrose lindern - Gelenkersatz bei Kniearthrose: Wann, warum und für wen ist er sinnvoll?

Viele Menschen kennen das Gefühl: Ein stechender Schmerz im Knie beim Aufstehen, langes Gehen wird zur Qual, und selbst einfache Aktivitäten wie Treppensteigen fühlen sich an, als würde das Knie blockieren. Kniearthrose, auch Gonarthrose genannt, ist eine der häufigsten Gelenkerkrankungen, die das Leben im Alltag erheblich beeinträchtigen können. Besonders im mittleren bis höheren Lebensalter stellt sich oft die Frage: Kann ein Gelenkersatz helfen?

Was ist Kniearthrose und wie entsteht sie?

Kniearthrose beschreibt den fortschreitenden Verschleiß des Knorpels im Kniegelenk. Dieser Knorpel fungiert als eine Art Stoßdämpfer, der die Bewegungen im Gelenk abfedert und reibungslos gestaltet. Mit der Zeit oder durch Überbelastung wird der Knorpel abgenutzt, was zu Schmerzen, Entzündungen und Bewegungseinschränkungen führen kann.

Ursachen und Risikofaktoren

  • Alter: Der Knorpelabbau ist ein natürlicher Prozess, der mit dem Älterwerden zunimmt.
  • Übergewicht: Jede zusätzliche Belastung verstärkt den Verschleiß des Kniegelenks.
  • Verletzungen: Vorangegangene Knieverletzungen wie Meniskusrisse oder Bänderschäden erhöhen das Arthroserisiko.
  • Genetische Veranlagung: Manche Menschen neigen erblich bedingt zu Arthrose.
  • Fehlstellungen: X- oder O-Beine können den Druck auf das Gelenk ungleichmäßig verteilen.

Wann ist ein Gelenkersatz bei Kniearthrose sinnvoll?

Der Gedanke an eine Knieoperation ist für viele Menschen beängstigend. Die Entscheidung, ob ein künstliches Kniegelenk notwendig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dabei steht stets die Frage im Raum: Würde die Operation meine Lebensqualität wirklich verbessern? Laut einer Studie des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ist ein Gelenkersatz eine Option, wenn die konservativen Therapien nach mehreren Monaten keinen ausreichenden Erfolg zeigen. Dies betrifft allerdings nur einen kleinen Teil der Menschen mit Kniearthrose, da viele Betroffene mit konservativen Methoden zunächst gut zurechtkommen können.

Indikationen für den Gelenkersatz

  1. Starke Schmerzen: Chronische Schmerzen, die weder durch Medikamente noch durch konservative Therapien wie Physiotherapie gelindert werden können, sind oft ein ausschlaggebender Punkt.
  2. Bewegungseinschränkungen: Wenn alltägliche Tätigkeiten wie Gehen, Aufstehen oder Autofahren stark beeinträchtigt sind.
  3. Fortgeschrittene Knorpelschäden: Im Röntgenbild erkennt der Arzt, wie weit der Knorpelabbau fortgeschritten ist.

Knieersatz ja oder nein?

Die Entscheidung für oder gegen eine Operation sollte niemals überstürzt getroffen werden. Folgende Punkte sind entscheidend:

  • Alter und Lebensstil: Jüngere, aktive Menschen sollten zunächst konservative Ansätze ausprobieren, da künstliche Gelenke nicht ewig halten.
  • Schmerztoleranz: Einige Menschen empfinden Arthroseschmerzen als erträglich, andere sind dadurch stark eingeschränkt.
  • Erwartungen: Ein künstliches Kniegelenk kann die Schmerzen deutlich reduzieren, ist aber kein Garant für sportliche Höchstleistungen.

Risiken und Erfolgsaussichten einer Kniegelenk-Operation

Bei einer Gelenkersatzoperation wird das beschädigte Kniegelenk durch eine Prothese ersetzt. Es gibt verschiedene Arten von Prothesen, die je nach Schweregrad der Arthrose und den individuellen Besonderheiten des Patienten ausgewählt werden. Der Eingriff wird unter Voll- oder Teilnarkose durchgeführt und dauert in der Regel ein bis zwei Stunden.

Risiken der Operation

  1. Infektionen: Trotz moderner Hygienestandards besteht ein geringes Infektionsrisiko.
  2. Blutgerinnsel: Thrombosen können nach der Operation auftreten, weshalb vorbeugende Maßnahmen notwendig sind.
  3. Prothesenlockerung: In seltenen Fällen kann das Implantat nicht richtig verwachsen oder sich später lockern.
  4. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen: Manche Patienten empfinden trotz der Prothese weiterhin Beschwerden.

Nach der Operation

Die Rehabilitation nach einer Gelenkersatzoperation ist mitentscheidend für den Erfolg des Eingriffs. Physiotherapie, gezielte Übungen und Bewegungstherapie helfen dabei, die Muskeln zu stärken und die Beweglichkeit des neuen Gelenks zu fördern. Die meisten Patienten können nach wenigen Tagen das Krankenhaus verlassen und im Verlauf eine ambulante oder stationäre Rehabilitation beginnen.

Wie hilfreich ist ein Gelenkersatz bei Kniearthrose?

In den meisten Fällen berichten Patienten über eine deutliche Schmerzlinderung und verbesserte Mobilität. Eine Studie zeigt, dass etwa 90 % der operierten Personen mit dem Ergebnis zufrieden sind, insbesondere wenn die Indikation sorgfältig gestellt wurde.

Langlebigkeit künstlicher Kniegelenke

Moderne Knieprothesen sind langlebiger als früher. Dennoch stellt sich die Frage: Muss man künstliche Gelenke tauschen? Moderne künstliche Kniegelenke sind in der Regel langlebig und können bei normaler Belastung 15 bis 20 Jahre halten. Die Haltbarkeit hängt jedoch auch von Faktoren wie dem Aktivitätsniveau des Patienten, dem Gewicht und der korrekten Platzierung der Prothese ab. Regelmäßige Kontrollen und angepasste Belastungen können dazu beitragen, die Lebensdauer des künstlichen Gelenks zu verlängern.

Sollte sich das Implantat lockern oder abnutzen, ist ein Austausch möglich, jedoch mit höherem Risiko und längerer Erholungszeit.

Alternativen zum Gelenkersatz: Wann lieber nicht operieren?

Nicht jeder Patient mit Kniearthrose ist automatisch ein Kandidat für eine Operation. Es gibt zahlreiche Alternativen, die insbesondere im Anfangsstadium der Arthrose wirksam sein können.

Konservative Behandlungsmethoden

  1. Physiotherapie: Gezielte Übungen stärken die Muskulatur und entlasten das Gelenk.
  2. Gewichtsreduktion: Weniger Körpergewicht bedeutet weniger Belastung für die Knie.
  3. Medikamente: Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente können Beschwerden lindern.
  4. Hyaluronsäure-Injektionen: Diese sollen die Gleitfähigkeit im Gelenk verbessern.
  5. Orthesen und Bandagen: Diese Hilfsmittel können das Knie stabilisieren und entlasten.

Wann ist eine Operation nicht sinnvoll?

  • Mildere Symptome: Wenn Schmerzen nur gelegentlich auftreten und gut durch konservative Maßnahmen kontrolliert werden können.
  • Hohe Risiken: Patienten mit schwerwiegenden Vorerkrankungen oder einem hohen OP-Risiko sollten abwägen, ob eine Operation ratsam ist.

Was ist wichtig für die Entscheidung?

Die Entscheidung für oder gegen eine Kniegelenkoperation sollte gut überlegt und individuell angepasst sein. Folgende Aspekte können helfen, Klarheit zu gewinnen:

  1. Zweiter Meinung einholen: Holen Sie sich die Einschätzung eines zweiten Orthopäden, um die Diagnose und Therapieempfehlung zu bestätigen.
  2. Lebensqualität abwägen: Überlegen Sie, wie stark Ihre Lebensqualität durch die Arthrose eingeschränkt ist.
  3. Langfristige Prognose: Wie wahrscheinlich ist es, dass konservative Behandlungen langfristig wirken?

Für wen lohnt sich ein künstliches Kniegelenk?

Ein Kniegelenkersatz kann die Lebensqualität vieler Menschen erheblich verbessern, ist aber nicht für jeden geeignet. Besonders profitieren:

  • Patienten mit fortgeschrittener Arthrose: Wenn der Knorpelverschleiß weit fortgeschritten ist.
  • Aktive Senioren: Ältere Menschen, die trotz Arthrose ein aktives Leben führen möchten.

Fazit: Der Weg zur richtigen Entscheidung

Ein Gelenkersatz bei Kniearthrose ist eine wirksame Therapieoption für Patienten, die unter starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen leiden. Die Entscheidung für eine Operation sollte jedoch nicht leichtfertig getroffen werden. Wichtig ist eine umfassende Beratung durch Orthopäden und ein ehrlicher Blick auf die eigenen Erwartungen und Lebensumstände.

Wer unsicher ist, sollte Alternativen ausprobieren und die Operation nur als letzten Ausweg sehen. Schließlich geht es darum, die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen – auf einem individuell passenden Weg.

Über Prof. Dr. med. Karl Philipp Kutzner

Prof. Dr. med. Karl Philipp Kutzner ist ein erfahrener orthopädischer Chirurg und gilt als ausgewiesener Experte für Erkrankungen des Hüft- und Kniegelenks. Insbesondere auf dem Gebiet der Endoprothetik, also der Behandlung mittels künstlichem Gelenkersatz von Hüfte und Knie ist er hochspezialisiert. Selbstständig betreibt er das von ihm gegründete ENDOPROTHETICUM Rhein-Main, eine orthopädische Spezialpraxis für Gelenkersatz in Mainz. Die Patienten des Endoprothesenzentrums operiert er an mehreren Standorten, unter anderem an der renommierten Lilium-Klinik in Wiesbaden. Prof. Kutzner lehrt Orthopädie und Unfallchirurgie an der Johannes-Gutenberg-Universitätsmedizin Mainz, betreibt seit vielen Jahren klinische Forschung und ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen auf dem Gebiet der Endoprothetik. Als einer der führenden Kurzschaft-Experten für die Hüftendoprothetik in Deutschland hält er regelmäßig Vorträge auf nationalen und internationalen Fachkongressen.

Wichtiger Hinweis: Dies sind nur allgemeine Informationen und nicht zur Selbstdiagnose oder Selbsttherapie gedacht. Suchen Sie bei Beschwerden immer eine Ärztin oder einen Arzt auf.