Operation im Krankenhaus Agatharied: Ex-Chirurg in wohlbekannten Händen
Nachdem ein Tumor in seinem Blinddarm festgestellt wurde, musste Hans Martin Schardey operiert werden. Sein Chirurg war sein Nachfolger im Kreiskrankenhaus.
Landkreis – Nur ein halbes Jahr nach seinem Eintritt in den Ruhestand war Professor Dr. Hans Martin Schardey zurück im Krankenhaus Agatharied. Diesmal musste sich der Chirurg wegen eines Tumors im Blinddarm selbst unters Messer legen. Die Operation durch seinen Nachfolger war nicht ohne.
Blinddarmentzündung vermutet
Tropfend nass sitzt Professor Hans Martin Schardey (67) im Besprechungsraum. Das blaue Hemd klebt förmlich am Oberkörper, seine Haare an der Stirn. „Ich bin in einen Regenschauer gekommen“, erklärt der langjährige Chefchirurg des Krankenhauses Agatharied und fügt dann fast beiläufig an, dass er mit dem Fahrrad von seinem Zuhause bei Gmund zum Interview gekommen ist. Das wäre vor etwas mehr als einem Monat noch keine Überraschung gewesen, ist Schardey doch als frisch gebackener Ruheständler gern sportlich unterwegs. Doch wenn man weiß, dass sich der Professor vor drei Wochen einer komplizierten Tumor-OP bei seinem Nachfolger Professor Dr. Jan D‘Haese (44) unterziehen musste, sieht es schon ganz anders aus. Aber Schardey winkt lächelnd ab: „Mir geht es gut, ich bin geheilt.“
Die Geschichte beginnt Ende Juni. Schardey weilt mit seiner Familie im Urlaub in Kroatien, genießt die nach seinem erst Ende 2023 erfolgten Übertritt in den Ruhestand noch ein wenig ungewohnte freie Zeit. Doch eines Abends bekommt er wie aus dem Nichts starke Schmerzen im Bereich des Blinddarms. Zunächst folgt der Mediziner seinem ersten Impuls und versucht, sich selbst zu untersuchen – ohne Erfolg.
Schardey lässt sich nach Agatharied fahren
Seine Tochter, die selbst Ärztin ist, stellt dafür die Diagnose einer akuten Blinddarmentzündung. Zur weiteren Abklärung bringt sie Schardey in die Praxis einer Gynäkologin auf der Insel Krk, die einst bei ihm im Krankenhaus Agatharied ihre Laufbahn begonnen hatte. Der Ultraschall zeigt hier, dass der erfahrene Chirurg jetzt selbst einen Eingriff benötigt. Schardey zögert keine Sekunde und bittet seine Frau, ihn (ausgestattet mit Schmerzmittel und Antibiotika) nach Hause nach Agatharied zu fahren.
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An seinem langjährigen Arbeitsplatz angekommen, habe er sich dann wie bei einem Klassentreffen gefühlt, berichtet Schardey. Die Operation sei reibungslos verlaufen, wegen des fortgeschrittenen Entzündungsstadiums samt hoher Eitermenge aber durchaus aufwendig gewesen. Nach zwei Tagen war der Professor wieder daheim. Doch kurz darauf rief ihn D‘Haese am Handy an und fragte, ob er abends Zeit habe für ein Gespräch. Schardey willigte ein und vermutete als Thema eine strategische Frage zum Krankenhaus oder zu einem ehemaligen Mitarbeiter. D‘Haese aber sagte seinem Vorgänger: „Nein nein, es geht um dich.“ Dann eröffnete er Schardey das Ergebnis der bei der OP entnommenen Gewebeprobe: Die Blinddarmentzündung wurde von einem bösartigen Tumor verursacht, es braucht einen weiteren Eingriff, um ihn zu entfernen.
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Tumor-OP: Chirurg vertraut ehemaligem Team
Als erfahrener Chirurg wusste er, dass so etwas im Alter kommen kann. Seit seinem 45. Geburtstag habe er alle Vorsorgeuntersuchungen gemacht, aber diesen Tumor habe man einfach nicht früher entdecken können. Von seiner medizinischen Laufbahn her wusste Schardey, dass er sich hier keine Illusionen zu machen braucht. Eine solche OP nur zwei Wochen nach einer eitrigen Blinddarm- und Bauchfellentzündung sei nicht ohne und weise schon ein „paar Schwierigkeitsgrade“ auf.
In bis zu 30 Prozent der Fälle sei mit Komplikationen zu rechnen, wusste der Professor. Dennoch sei er „tiefenentspannt“ geblieben, denn: „Ich wusste, dass ich hier in bestmöglichen Händen bin.“ Bei einem Chirurgen mit Team, das viel Erfahrung und zugleich gute Nerven habe und damit auch besagte Komplikationen gut behandeln könne. So vereinbarte Schardey im Vorgespräch, dass der Eingriff zwar minimalinvasiv erfolgen soll, um eine Ausbreitung der Tumorzellen zu vermeiden. Falls aber nötig, solle man auch „mehr aufschneiden“ und lieber ein bisschen mehr Gewebe entfernen.
Operation verläuft ohne Komplikationen
Das Vertrauen zahlte sich aus. Nach zweieinhalb Stunden war die Operation überstanden, Komplikationen blieben aus. „Sie haben das super hingekriegt“, schwärmt Schardey über sein ehemaliges Team und natürlich seinen Nachfolger. Gleich am Tag nach dem Eingriff sei er wieder in Bewegung gekommen, kurze Zeit später schon auf den Stadlberg spaziert. Das beste, was man machen könne, lobt D‘Haese seinen „Vorzeigepatienten“. Während man andere Patienten nach einer OP gewissermaßen aus dem Bett schmeißen müsse, sei Schardey schon am nächsten Morgen in normaler Kleidung im Zimmer gestanden. Optimal für eine schnelle Genesung, wie auch der Fall Schardey zeigte.
D‘Haese selbst hat die Operation an seinem Vorgänger, dessen Kinder schon bei ihm in Großhadern einen Teil ihrer Ausbildung absolviert hätten, durchaus als etwas Besonderes erlebt. Während des Eingriffs selbst habe er dies aber ausgeblendet. Zumal man ja durchaus immer mal wieder jemand unter dem Messer habe, den man auch von außerhalb des OPs kenne. Dennoch war auch D‘Haese erleichtert, dass alles so reibungslos gelaufen ist.
Rund 3000 Eingriffe im Jahr
„Das ist schon ein guter Laden hier“, lobt Schardey das Krankenhaus und sieht seine gesundheitlichen Probleme als besten Beweis, dass sich seine Arbeit in den vergangenen 25 Jahren gelohnt hat. So führe das Team aus spezialisierten Oberärzten heute gut 3000 Eingriffe pro Jahr durch, ein interdisziplinäres Tumorboard garantiere die bestmögliche Versorgung für Krebspatienten.
Schardey ist mittlerweile im Stadium der Nachsorge angekommen. Und hat sein altes, sportliches Leben mit Fitness und Skirollern wieder aufgenommen. Und natürlich mit Fahrradfahren. Da kann ihn auch ein Regenschauer nicht abhalten.