Der Drohnenschwarm, der Ende September über Schleswig-Holstein gesichtet wurde, könnte möglicherweise von einem Tanker der russischen Schattenflotte aus gesteuert worden sein. Die Sicherheitsbehörden verfolgten eine entsprechende Spur zu einem verdächtigen, 100 Meter langen Frachter, berichtet der "Spiegel".
Das Schiff soll im Zeitraum der gemeldeten Drohnensichtungen in Kiel im angrenzenden Seegebiet der Ostsee unterwegs gewesen sein. Sowohl das Fahrverhalten als auch "Rahmen- und Standortdaten" legten nahe, dass die Drohnen mit dem Schiff in Verbindung stehen könnten. Zudem erfüllten die technischen Voraussetzungen des Tankers Starts und Landungen von Drohnen, darunter auch größerer Spionagedrohnen, "darunter sogenannte Starrflügler mit flugzeugähnlichen Tragflächen" und einer Spannweite von mehr als vier Metern.
Drohnen hatten Kraftwerk, Klinik und Landesregierung ausgespäht
Eine derartige Drohne war unter den Fluggeräten über Schleswig-Holstein gesichtet worden und hatte offenbar im Verbund mit kleineren Drohnen strategisch interessante Infrastruktur" überflogen, berichtet der "Spiegel" weiter.
Der Drohnenschwarm hatte vor einer Woche ein Kraftwerk, das Universitätsklinikum Kiel und den Sitz der Landesregierung überflogen. Einem internen Behörden-Vermerk zufolge schwebten am 25. September kurz nach 21 Uhr zunächst zwei kleine Drohnen über dem Werksgelände der Marinesparte von Thyssenkrupp. Kurz darauf sei über dem Universitätsklinikum ein "Drohnenverbund mit Mutterdrohne" gesichtet worden. Auch einen Tag später waren Drohnen gesichtet worden.
In dem Vermerk heißt es demnach, die Landespolizei habe beobachtet, dass die Drohnen-Formationen in parallelen Bahnen flogen, um die Einrichtungen am Boden zu vermessen. Große Teile des Nord-Ostsee-Kanals seien von Ost nach West überflogen worden.
Tanker russischer Schattenflotte soll Küste "verdächtig nahe" gewesen sein
Der verdächtige Tanker, der unter der Billigflagge eines Karibikstaates gefahren sei, soll sich Ermittlerangaben zufolge in "auffälliger Nähe" zum Gebiet der Drohnensichtungen aufgehalten haben - allerdings außerhalb deutscher Hoheitsgewässer. Die Entfernung habe "mehrere Dutzend Kilometer" betragen. Die Steuerung von Drohnen sei laut Experten auch über solche Distanzen technisch möglich.
Der Frachter soll nach der Passage der Kieler Förde "Kurs auf Osten" genommen haben und wenige Tage später in einen Hafen in Russland eingelaufen sein. Die Ermittler hätten auch herausbekommen, dass die Besatzung "vorwiegend aus russischen Staatsangehörigen" bestanden habe. Der Eigentümer des Schiffs lebe in einem baltischen Land.
Zahl der verdächtiger Drohnenflüge in einigen Bundesländern verdreifacht
In den vergangenen Tagen waren wiederholt Drohnen unbekannter Herkunft über in über dänischen Flughäfen und Militärstützpunkten und auch über Mecklenburg-Vorpommern gesichtet worden. Mehrere Flughäfen mussten zeitweise geschlossen werden - wie auch jener in München an diesem Freitag.
Laut einem Bericht der „Welt“ hat sich die Zahl der Drohnenüberflüge in einigen Bundesländern sogar verdreifacht.
Die Polizei hat allein in Brandenburg hat in diesem Jahr bislang 84 Drohnen unbekannter Herkunft gesichtet. Das sind 26 mehr als im gesamten Jahr 2024, wie das Innenministerium mitteilte. Zuvor hatte der RBB berichtet. Die Drohnen flogen vor allem über militärische Einrichtungen (35 Fälle), einige auch über den Flughafen BER und über Industrieanlagen. Im Jahr 2023 stellte die Polizei in Brandenburg 120 Drohnen-Sichtungen fest.
"Wir stellen fest, dass es eine hybride Bedrohungslage gibt, die steigt", zitiert die Zeitung Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas Größeres passiert“, sagte ein Insider dem Blatt. Informationen über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik und rüstungsrelevante Technologien stehen offenbar im Fokus der Drohnenflüge.
Dobrindt spricht inzwischen von einer gestiegenen Gefahr für die Sicherheit in Deutschland und hat den Aufbau eines neuen Drohnenabwehrzentrums angekündigt. Zur Bekämpfung der Drohnen soll nach seinen Plänen bald auch die Bundeswehr eingesetzt werden dürfen.