Die Eiche ist die Königin unter den Hölzern
Aufgrund ihrer dunklen Farbe ist die Eiche sehr gefragt. Ein stattliches Exemplar ist am Rand von Wadlhausen zu finden.
Icking – „Auf den Eichen wachsen die besten Schinken“, rezitiert Förster Robert Nörr, während er über die tief zerfurchte Borke streicht. Etwa 130 Jahre ist der stattliche Laubbaum alt, der im Sonnenlicht am Rand von Wadlhausen steht. „Früher hat man bewusst große Eichen stehen gelassen und dort die Schweine hingetrieben“, erzählt der Experte. „Die haben sich dann von den Eicheln ernährt.“
Anfälliger für Nassschnee
Die Schweinemast und die Jagd seien häufige Gründe dafür, warum es im Oberland immer einige schöne Alteichen gebe, berichtet der Förster. Trotzdem sei der Baum mit seinen markanten Blättern nicht allzu häufig bei uns anzutreffen. „Er ist anfälliger für Nassschnee, und es war bisher eher zu kühl“, erklärt Nörr. „Schon bei den geringfügig höheren Temperaturen am Ammersee wachsen die ersten flächigen Eichenwälder.“ Und in noch wärmeren Gebieten wie Unterfranken könne sich die Eiche wegen ihrer hohen Toleranz Trockenheit gegenüber gut gegen konkurrierende Baumarten durchsetzen. „Im Klimawandel gehört die Eiche bei uns im Oberland sicherlich zu den Gewinnern“, ergänzt der Fachmann.
Eigentlich gibt es zwei Eichenarten: die Trauben- und die Stieleiche. Bei der Stieleiche hat die „Kappe“ der Eicheln einen langen Stiel, bei der Traubeneiche sind sie „traubenartig“ am Zweig gehäuft. Schwierig wird die Unterscheidung laut Nörr, wenn sich die beiden Arten kreuzen, was gar nicht so selten ist. „Im Oberland ist es in der Regel einfach“, meint der Wolfratshauser. „Hier ist vor allem die Stieleiche zuhause.“
Lesen Sie auch: Kirsche sorgt für weißen Blütenzauber im Bergwald
Das Exemplar in Wadlhausen in der Gemeinde Icking ist eine solche. Die Eiche ist über 1,20 Meter dick, und der Eigentümer möchte sie „auf keinen Fall umschneiden, weil sie ihm gefällt“ – auch wenn sie einen ziemlich dicken Ast eingebüßt hat und eine benachbarte, viel jüngere Buche ihr das Leben schwer macht. „Wenn man die nicht wegschneidet, wird sie komplett über die Eiche wachsen“, sagt Nörr. Sollte der Waldbesitzer in den nächsten 30 Jahren nicht tätig werden, „wird von der Eiche nichts mehr übrig bleiben“, befürchtet der Förster. „Aber der Waldbesitzer ist aktiv, er kümmert sich um seinen Wald.“
Dabei können Eichen 1000 Jahre und älter werden. Stabil sind sie auch. Mit ihrer mächtigen pfahlartigen Wurzel durchdringt sie selbst dichteste Tonböden. Auch stauendes Wasser macht ihr – im Gegensatz zu den meisten anderen Baumarten – nur wenig aus. Nur auf Kies wurzelt sie nicht ganz so tief, aber immer noch besser als alle anderen Bäume. „Zusammen mit der Tanne ist sie die Stabilisatorin unserer Wälder“, sagt Nörr. Auch im Waldnaturschutz spiele die Eiche eine tragende Rolle. Nörr zufolge ist sie eine der Baumarten mit den meisten Insekten und Schmetterlingen.
Charakteristische Geschmacksnote
Vor etwa 20 Jahren begann die Nachfrage nach Eichenholz zu steigen, und noch immer ist das dunkle Holz in Mode. „Die Preise sind um ein Vielfaches höher als bei anderen Baumarten“, berichtet Nörr. Das bestätigte sich bei der Wertholzsubmission im Februar dieses Jahres in St. Heinrich. Eine Eiche aus Valley bei Holzkirchen führte das Feld an. Mit knapp sechs Kubikmetern und einem Gesamtwert von über 5100 Euro war sie der teuerste Stamm. Um solch ein Traumergebnis zu erzielen, müsse der Waldbesitzer darauf achten, dass der Baum möglichst gerade wächst und wenig Äste hat. „Dann kann man im Optimalfall Furnier daraus machen“, sagt Nörr. Dabei wird der Stamm in wenige Millimeter dünne Holzblätter geschnitten. Damit lassen sich Holzwerkstoffe oder Spanplatten veredeln. „Aus so einer Eiche bekommt man über 1000 Quadratmeter Furnier“, schätzt Nörr. „Deswegen ist dieser Baum sehr wertvoll.“ Und welcher Weinkenner möchte auf den Barrique-Geschmack verzichten, den typischen Geschmack von Eichenholzfässern? Auch Whisky und Brände erhalten dadurch ihren unverwechselbaren Charakter.
Meine news
Übrigens: Nicht nur Schweine mögen die Eicheln gern. Auch Eichelhäher und Eichhörnchen stehen auf sie. Die Vögel und die Hörnchen sind Waldbesitzern und Förstern zudem eine große Hilfe bei der Verbreitung der Eiche. An lichteren Stellen und bei nicht zu hohem Rehwildbestand können sich die von ihnen verbreiteten und im Winter vergessenen Eicheln zu Jungbäumen und später zu stattlichen Eichen entwickeln.
Steckbrief
Blatt: kurz gestieltes, gelapptes Blatt;
Rinde: im Alter dicke, zerfurchte Borke;
Früchte: Eicheln, reif im September/Oktober;
Wurzel: massives Pfahlwurzelsystem, sehr standfest;
Höhe: maximal 40 Meter;
Altersgrenze: 1000 Jahre;
Vorkommen im Landkreis: wärmere Standorte, das heißt eher in tieferen Lagen;
Holzeigenschaften: gelber Spint, brauner Kern, hart, zäh, äußerst dauerhaft, besitzt Gerbsäure, charakteristischer Geruch;
Holzpreis: Schreinerware bis 450 Euro pro Festmeter, Furniere bis über 1000 Euro pro Festmeter, das Preisniveau ist seit 2005 sehr hoch;
Serie
Welche besonderen Bäume gibt es im Landkreis? Wo steht der Höchste? Welcher ist der Dickste? Mit Hilfe des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Holzkirchen wollen wir unter dem Titel „Von der Wurzel bis zur Krone“ besondere Exemplare in loser Reihenfolge vorstellen.
nej