„Sehe keinen Benefit“: Wolfratshausen macht bei Händler-Aktion im Oberland nicht mit
Die Händler-Aktion in mehreren Nachbargemeinden soll Kunden anziehen. Der Wolfratshauser Werbekreis-Chef hat sich gegen eine Beteiligung entschieden
Wolfratshausen – „Innenstadt-Freitag“: Das ist das Konzept, mit dem die „Aktionsgemeinschaft Innenstadt“ dem stationären Einzelhandel in vier Landkreisen unter die Arme greifen will (wir berichteten). Besagte Aktionsgemeinschaft ist nach Worten von Projektorganisator André Liebe ein loser Zusammenschluss von Gewerbevereinen im Oberland – unterstützt vom Bayerischen Wirtschaftsministerium, das knapp 60 000 Euro aus dem Förderprogramm „Neue Läden und neue Ideen für Bayerns Innenstädte“ zuschießt. Dieselbe Summe bringen laut Liebe die Organisatoren auf. Mit im Boot sitzen unter anderem Interessenverbände aus Bad Tölz und Lenggries sowie Procit Geretsried um den Vorsitzenden Ludwig Schmid – der Werbekreis Einkaufsstadt Wolfratshausen nicht. Der habe auf E-Mails nicht reagiert, erklärte Liebe bei der Vorstellung des Konzepts. Diese Aussage sei nicht ganz korrekt, entgegnet Werbekreis-Vorsitzender Hans-Joachim Kunstmann im Gespräch mit unserer Zeitung.
„Sehe keinen Benefit“: Altstadt macht bei Innenstadt-Aktion im Oberland nicht mit
Von Mai bis Oktober führt die Aktionsgemeinschaft an jedem ersten Freitag im Monat den „Innenstadt-Freitag“ durch. Der steht jeweils unter einem anderen Motto, die Bandbreite reicht von der Fußball-EM bis zur Wiesn. Bad Tölz, Geretsried, Lenggries, Murnau, Penzberg, Weilheim sowie Garmisch-Partenkirchen machen bei dem Projekt mit. „Der ,Innenstadt-Freitag‘ ist bayernweit einzigartig“, so Liebe.
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Der Werbekreis Wolfratshausen sei vom Projektorganisator nicht per E-Mail kontaktiert worden, stellt Kunstmann fest. Auch Ernst Gröbmair, Vorsitzender des Vereins Lebendige Altstadt Wolfratshausen (LAW), fand nach eigenen Worten keine Nachrichten von Liebe im elektronischen Briefkasten der LAW. Dass der Projektleiter die E-Mails ans Wolfratshauser Rathaus, konkret an Stadtmanager Dr. Stefan Werner gesendet hat, glauben Kunstmann und Gröbmair nicht. „Solche Sachen werden sehr zuverlässig und postwendend weitergeleitet“, sagt der Werbekreis-Vorsitzende. Projektorganisator Liebe erklärt auf Nachfrage, dass die E-Mails nicht er, sondern Andreas Roß, Vorstandsmitglied des Wirtschaftsforums Oberland, versendet habe. „Stimmt“, sagt Roß. „Von unserer Seite sind alle Stadtmarketingvereine mehrfach informiert und angeschrieben worden.“
Motto-Freitage ohne Wolfratshausen: „Ich wills nicht schlecht reden“, sagt Werbekreis-Chef
Sei’s drum: Kunstmann hatte schon vor einiger Zeit in einer Sitzung des IHK-Gremiums Bad Tölz-Wolfratshausen vom „Innenstadt-Freitag“ erfahren. Grundsätzlich befürworte er alle Aktionen, die den stationären Handel unterstützen. Doch an den besagten Motto-Freitagen beteilige sich der Werbekreis bewusst nicht. „Ich will’s auf keinen Fall schlecht reden“, betont Kunstmann, doch der „Rote Freitag“, den der Werbekreis 2020 in der Flößerstadt initiierte, habe einen faden Nachgeschmack hinterlassen.
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Ziel sei es gewesen, dem „Black Friday“ der Online-Riesen wie Amazon symbolisch die Stirn zu bieten. Doch trotz satter Rabatte hielt sich der Ansturm der Kunden in engen Grenzen. Mit Rekordumsätzen habe er auch nicht gerechnet, sagt Kunstmann. Ihm sei es vielmehr darum gegangen, am „Roten Freitag“ bei den Konsumenten das Bewusstsein zu schärfen, dass der Einzelhandel stirbt, „wenn jeder Euro im Internet ausgegeben wird“. Dass einige Mitglieder des Werbekreises im Nachgang Kritik an der Aktion übten, ist für Kunstmann bis auf den Tag unverständlich.
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Wolfratshauser Händler machen nicht mit: Werbe-Aktion ohne Werbekreis
„Wir haben andere Marketing-Instrumente“, erklärt der Werbekreis-Vorsitzende und Unternehmer mit Blick auf den „Innenstadt-Freitag“. Überhaupt müsse man „eine Auswahl treffen“, an welchen Initiativen man sich beteilige – und an welchen nicht. Konzertierte Aktionen („alle machen alle dasselbe zur selben Zeit“) seien ein zweischneidiges Schwert. In Kunstmanns Augen ist es zielführender, wenn die einzelnen Kommunen beziehungsweise Gewerbevereine individuell punkten – und sich am Tag X nicht sogar im schlimmsten Fall gegenseitig potenzielle Kunden abspenstig machen. „Nochmal: Die Aktion ist gut“, konstatiert Kunstmann, „aber wir haben uns nach wohlwollender Prüfung gegen eine Beteiligung am ,Innenstadt-Freitag’ entschieden.“ Er habe für den Werbekreis keinen „Benefit“, keinen Nutzen, erkennen können. (cce)