Abschiebe-Plan für Syrer: Söder bekommt Gegenwind aus den eigenen Reihen

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Markus Söder will für Flüchtlinge aus Syrien Anreize für eine Rückkehr in ihre Heimat schaffen. Ein CSU-Parteikollege widerspricht nun.

Berlin - Nach dem Sturz des ehemaligen Herrschers Bashar al-Assad in Syrien nimmt die Diskussion um syrische Flüchtlinge in Deutschland weiter Fahrt auf: Nun hat Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) seinen Unionskollegen widersprochen. Für eine konkrete Lagebeurteilung sei es zu früh, sagte Hermann im Deutschlandfunk. Niemand habe gesagt, „dass morgen mit Abschiebungen begonnen werden sollte“.

Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte am Montag die Möglichkeit geäußert, Flugzeuge zu chartern und rückkehrwilligen Syrern „ein Startgeld von 1000 Euro“ anzubieten.

Abschiebungen nach Syrien? Herrmann hält viele Flüchtlinge für „bestens integriert“

Hermanns Töne klingen zurückhaltender. Der CSU-Politiker spricht sich für einen differenzierten Umgang mit den nach Deutschland geflohenen Syrern aus, nachdem die Rebellen mit ihrem Chef Abu Mohammed al-Dscholani das Land erobert haben. Herrmann befürwortet eine finanzielle Unterstützung der rückkehrwilligen Syrer - wenn sich die Lage in dem Land stabilisiert hat.

Eine syrische Familie geht auf einer Straße.
Syrische Familien kommen am Cilvegozu-Grenzübergang in der Nähe der südtürkischen Stadt Antakya an, um von der Türkei nach Syrien zu gelangen. In Deutschland diskutieren Politiker über die Abschiebung von Flüchtlingen. © Metin Yoksu/dpa

Aber: Laut Herrmann sind mittlerweile viele Geflüchtete in Deutschland „bestens integriert“. Diese hätten einen Arbeitsplatz und würden in der Bundesrepublik „dringend gebraucht“. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA hatte Tilman Brück, Professor an der Berliner Humboldt-Uni, die Vorteile der in Deutschland lebenden Syrer erklärt: „Rein volkswirtschaftlich betrachtet würde es auch für Deutschland wenig Sinn ergeben, alle hier lebenden Syrer zurückzuschicken. Viele leben seit Jahren hier, arbeiten und zahlen Steuern.“ Wegen des Fachkräftemangels könne die Bundesrepublik die ausländischen Arbeitskräfte gut brauchen.

Flüchtlinge aus Syrien in Deutschland

  • Laut dem Bundesministerium lebten Ende Oktober 974.136 Menschen mit syrischer Herkunft in Deutschland.
  • Davon waren 5090 anerkannte Asylbewerber
  • 321.444 Menschen wurden als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention registriert.
  • Weitere 329.242 erhielten eine „subsidiären Schutz“ - sie hatten also weder einen Flüchtlingsschutz noch eine Asylberechtigung.
  • Die anderen Personen hatten andere Aufenthaltstitel - etwa über den Familiennachzug.
  • Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellten von Januar bis November insgesamt 74.971 Syrer einen Asylantrag in Deutschland.

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese kritisierte Spahn für seine Abschiebepläne scharf: „Die Äußerungen von Jens Spahn gingen eher in die Richtung, dass er am liebsten selbst das Flugzeug geflogen und Menschen schon vorgestern zurückgebracht hätte“, sagte der Sozialdemokrat gegenüber dem NDR. Solche Pläne seien in der aktuellen Lage in Syrien „unanständig“.

Flüchtlinge nach Syrien abschieben? Söder will Anreize schaffen

Markus Söder äußerte sich ähnlich wie Spahn. Die Politik müsse auch bei bislang anerkannten Asylbewerbern aus Syrien auf Anreize für eine Rückkehr setzen. „Deutschland hat vielen Menschen in der Not Aufnahme geboten“, sagte der bayerische Ministerpräsident in einem Podcast mit dem Nachrichtenportal Table.Briefings. „Wenn diese Situation sich jetzt nicht ändert und damit de facto der Asylgrund wegfällt, gibt es ja auch keinen Rechtsgrund mehr, im Land zu bleiben“, so der CSU-Chef.

FDP-Generalsekretär Marco Buschmann und Parteichef Christian Lindner forderten eine größer angelegte Lösung: „Wir brauchen eine internationale Syrien-Konferenz, die von Deutschland ausgehen sollte“, sagte Buschmann gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

FDP-Parteikollege Joachim Stamp meinte: „Der Sturz von Assad wird möglicherweise neue Perspektiven, auch in der Migrationsarbeit, eröffnen“, so der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für Migrationsabkommen. Für konkrete Maßnahmen sei es zu früh, sagte Stamp der Rheinischen Post. (Jan Wendt)

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